"Wie, du bestellst nur einen Salat? Was ist mit dir los?" Das war eine der Fragen, die mir Freunde gestellt haben, als wir das erste Mal gemeinsam essen gegangen sind, nachdem ich mit dem Abnehmen angefangen hatte. Gerade in der Oberpfalz ist es noch immer nicht so einfach, in allen Gaststätten ein Gericht zu finden, das "diätkompatibel" ist. Bei etlichen Landgasthäusern ist gerade die Sonntagskarte doch noch eher klassisch-deftig-lecker ausgelegt. Aber zum Glück nicht bei allen.
Wenn man mit dem Abnehmen anfängt – als ich mit dem Abnehmen angefangen habe –, gab es auf einmal einige Dinge, die sich verändert haben. Abläufe, die nicht mehr so waren wie vorher. Dinge, an die ich mich über Jahre und Jahrzehnte gewöhnt hatte, musste ich auf einmal anders machen. Mit Freunden etwas essen zu gehen, war auf einmal nicht mehr ganz so unkompliziert. Ich bin "Allesesser". Ich probiere alles aus und finde eigentlich auf jeder Speisekarte etwas. Aber wenn es auf einmal darum geht, die Kalorien im Auge zu behalten – zumindest etwas – ist das nicht mehr ganz so einfach. Jetzt schaue ich doch öfter mal vorher, ob ich online eine Speisekarte finde. Ist da ein Salat drauf? Gibt's kleine Portionen? Wenn nicht, ist auch kein Weltuntergang. Dann wird es halt bei anderen Mahlzeiten ausgeglichen. Aber wenn ich etwas darauf achten kann, mache ich es.
Alles anders im Homeoffice
Auswärts Essen ist gerade in einer globalen Pandemie mit Lockdown und nächtlicher Ausgangssperre eher eine der nebensächlichen Angelegenheiten. Aber: Wie kriegt man es auf die Reihe jeden Tag – oder zumindest an so vielen Tagen wie möglich – 10.000 Schritte zu gehen, wenn man einen Bürojob hat? Wenn man im Homeoffice sitzt? Wie integriere ich täglichen Sport in meinen Alltag? Wie gesunde Ernährung? Wieviel Aufwand muss ich da treiben?
10.000 Schritte waren nicht gleich am Anfang mein Ziel. Das hätte ich nicht geschafft. Aber wann habe ich an einem normalen Wochentag Zeit mal 30 Minuten zu gehen? Im letzten Jahr war ich nur wenige Wochen im Homeoffice. Da konnte ich meine ersten kleinen Runden in der Mittagspause gehen. Und dann abends nach der Arbeit. Es gab keine nächtliche Ausgangssperre wie aktuell. Im Büro hatte und habe ich das große Glück, das mein Arbeitgeber mich beim Abnehmen voll und ganz unterstützt. Es war nie ein Problem, die Mittagspause etwas länger zu machen. Da ging es gut, etwas zu essen und eine Runde spazieren zu gehen.
Irgendwann wollte ich so schnell wie möglich so viel wie möglich abnehmen. Die 90 Kilo im vergangenen Jahr waren extrem und haben sehr viel Zeit gefordert. Daran gibt's nichts zu leugnen. Also ging es gerade am Abend nach der Arbeit immer mehr auf längere Touren. Ich bin kaum mehr zuhause gewesen. Nicht mehr auf dem Sofa gesessen. Der Fernseher lief nicht mehr. Der Computer auch nicht mehr viel. Zu dem Zeitpunkt war ich Single und hatte alle Freiheiten meinen Alltag so zu gestalten, wie ich es wollte. Und ab August kam dann zum Gehen noch das Fitnessstudio dazu. Also ging es drei Mal in der Woche noch für ein bis zwei Stunden zum Sport. Gezielter Muskelaufbau war der Sinn dahinter – mehr Muskulatur verbraucht mehr Energie.
Ja, ich hatte im letzten Sommer mein Leben sehr stark aufs Abnehmen ausgerichtet. Aber trotzdem habe ich mir viel Zeit für Freunde genommen. Im Sommer war es trotz Corona gut möglich, sich mit Freunden zu treffen. Ich habe mir also eine Balance zwischen Sport und Freunden geschaffen. Und die "faulen" Zeiten ziemlich weit reduziert. Ich war so oder so unheimlich viel unterwegs. Ich bin früh aus dem Haus und war oft erst kurz vor Mitternacht zurück. Erst Arbeit, dann die Abendstunden mit Freunden genossen, mit alten und neuen, und anschließend noch eine Runde gegangen, um noch mehr Bewegung zu haben. Das Kochen musste schnell gehen und oft habe ich unterwegs etwas gekauft.
Neu Abläufe ausprobieren
Und dann kam der zweite Lockdown: Fitnessstudios wurden geschlossen, 21 Uhr wurde zur Sperrstunde, Kontaktbeschränkungen, Quarantäne. Homeoffice als neuer Standard. Also flog mir mein Alltag aus der Zeit zuvor um die Ohren. Die Schritte und Routinen aus dem Büroalltag fehlten. Zwangspause wegen ein paar "Zipperlein" - #fckcovid. Neuorientierung. Auf einmal wieder nicht mehr allein, sondern zu zweit. Und in dieser Phase bin ich gerade noch immer. Sind wir noch immer. Ich muss also wieder einen neuen Alltag finden. Einen in den ich Bewegung, Ernährung, Arbeit, Haushalt, Garten, Freunde und Liebe integriert kriege.
Keine leichte Aufgabe. Aber so langsam wird es wieder. Wir probieren neue Abläufe aus. Und wieder habe ich unwahrscheinlich viel Glück. Eine Frau an meiner Seite, die sehr sportlich ist. Der Bewegung genauso wichtig ist wie mir (wenn nicht sogar noch wichtiger). Die mich motiviert und anspornt.
Was für mich im letzten Jahr schon sehr wichtig war und auch jetzt wieder sehr wichtig ist, um abzunehmen, sind einigermaßen feste Grundabläufe. Es muss und darf nicht jede Minute durchgeplant sein, aber die Woche und die Tage müssen zumindest eine grobe Struktur haben, an der entlang man den Alltag gestalten kann. Früher habe ich viel mehr in den Tag hineingelebt. Es war eh jeder Tag langweilig und faul wie der andere. Inzwischen gibt es tägliche Routinen, die sich immer mehr verfestigen – aufstehen, Training, Frühstücken, Duschen, arbeiten, Mittagessen, Mittagsrunde, Arbeiten, Abendessen, Abendrunde. Dazwischen noch viel Zeit für die Dinge, die das Leben schön und lebenswert machen. Und wenn es die Pandemie zulässt werden da noch weitere Punkte in diesen Ablauf eingefügt: Freunde, Feiern, Familie, Fitnessstudio und so weiter.
Wieder auf dem richtigen Weg
Wobei der Ablauf natürlich nicht in Stein gemeißelt ist. Ich bin kein Roboter und ich will leben. Aber ohne so ein bisschen Struktur ist das Risiko doch größer, dass ich wieder in alte Muster zurückfalle. Das habe ich im vergangenen Jahr gemerkt, das habe ich in der Quarantäne und über den Winter gemerkt und das merke ich auch jetzt jeden Tag. Auch der Kampf gegen den inneren Schweinehund, der einen aufs Sofa zieht, gehört einfach zum Alltag beim Abnehmen. Und es ist auch kein Drama, wenn er an einem Tag gewinnt. Solange die Tage, an denen er verliert, deutlich mehr sind, ist das alles in Ordnung.
Wie ist gerade der Stand? Mein Bewegungsniveau vom Februar konnte ich im März nicht ganz halten. Irgendwie war das nicht nur in der Natur ein Übergangsmonat, sondern auch bei mir. Ich stecke gerade wirklich mitten in einer Phase, in der sich die neuen Abläufe erst einspielen müssen. Aber ich bin auf dem richtigen Weg. Die Tage werden länger, die Temperaturen angenehmer und die Wege besser zu gehen. Und ich freue mich jetzt einfach auf einen April mit vielen neuen Erfahrungen und neuen Wegen mit tollen Ausblicken.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.