Miriam Ferstl – über Inspiration, den Mut, Fehler zu machen und ihre Vision für das Leben

Neunburg vorm Wald
24.04.2023 - 14:01 Uhr
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Miriam Ferstl ist kreativ. Vielseitig. Die gebürtige Neunburgerin ist erfolgreiche Künstlerin. Sie hat einen Blick für das Besondere, das Verborgene. Neben der bildenden Kunst ist sie Fotografin, Autorin und Moderatorin.

Künstlerin Miriam Ferstl vor einem ihrer Kunstwerke.

Nicht nur der ihr 2018 verliehene „Zukunftspreis des Landkreises Schwandorf“ bestätigt ihr einzigartiges, künstlerisches Schaffen, sondern auch zahlreiche internationale Ausstellungen. Im Interview erzählt die Wahl-Münchenerin von ihrem persönlichen Schlüsselerlebnis, ungewöhnlichen Perspektiven und ihren Träumen für die Zukunft.

ONETZ: Wie bist du zur bildenden Kunst gekommen? Gab es ein Schlüsselerlebnis oder war der Künstlerberuf schon immer dein Wunsch?

Miriam Ferstl: Dass ich künstlerisch und frei arbeiten möchte, war mir schon sehr früh klar. Jedoch wusste ich lange Zeit nicht, in welchem Bereich ich arbeiten möchte. Ich habe mich erst im Schauspielen, dann im Schreiben und auch in der Musik ausprobiert, bis ich dann letztlich in der bildenden Kunst gelandet bin. Da war ich dann schon fast 30 Jahre alt. Rückblickend bin ich sehr froh, dass es dazu gekommen ist. Es geschah tatsächlich durch ein Schlüsselerlebnis in einer kleinen Kirche auf der Insel Braç in Kroatien. Dort habe ich den ersten Kronleuchter meiner Serie „Lichtzellen“ fotografiert, als ich als Sängerin mit einer Band auf Tour war. Eine wilde Geschichte, die mein Leben komplett verändert und in neue Bahnen gelenkt hat.

ONETZ: Du stammst aus Neunburg vorm Wald. Hat dich deine Heimat künstlerisch geprägt?

Miriam Ferstl: Ganz bestimmt hat es mich sehr geprägt, dass ich in so einem natürlichen, ländlichen Umfeld aufgewachsen bin. In meiner Kindheit und Jugend habe ich viel Zeit im Wald oder mit Tieren verbracht. Schon immer hat mich fasziniert, was man in der Natur in den kleinsten, unscheinbarsten Ecken alles entdecken kann. Aber auch der Glaube, der in meiner Familie vorherrscht, hat mich sicher sehr beeinflusst und ist nach wie vor wichtig für meine Arbeit und ausschlaggebend für die Themen, mit denen ich mich beschäftige.

ONETZ: Was bedeutet für dich Kunst – unabhängig von der gängigen Definition?

Miriam Ferstl: Für mich bedeutet Kunst generell, anders denken zu lernen (oder zu dürfen), ungewöhnliche Perspektiven einzunehmen, das Gängige zu hinterfragen und neue, eigene Wege zu gehen. Mein Zugang zur Kunst ist ein eher philosophischer, und für mich persönlich bedeutet sie vor allem die Freiheit, mich mit den Themen und Materialien auseinandersetzen zu können, die mich wirklich interessieren. Das schätze ich mit am meisten an meinem Beruf.

ONETZ: Deine Themenfelder sind vielseitig: Bildende Künstlerin, Fotografin, Autorin und Moderatorin. Wie gelingt dir diese Vielseitigkeit?

Miriam Ferstl: Ich war schon mein ganzes Leben lang immer an verschiedensten Dingen interessiert, was zu unterschiedlichsten Studienabschlüssen, Ausbildungen und Stationen in meinem Lebenslauf geführt hat. Durch meine Selbstständigkeit habe ich dann den für mich richtigen Weg gefunden, die Dinge tun zu können, die mir wirklich am Herzen liegen. Auf wundersame Weise klappt die Mischung. Auch, wenn das für mich natürlich oft viel Arbeit und einen nicht unerheblichen Organisationsaufwand bedeutet. Keiner meiner Tage ähnelt dem anderen. Aber das macht mir nichts, denn es überwiegt die Freude darüber, beruflich all das tun zu dürfen, wofür ich brenne. Ich kann mich ständig weiterentwickeln und Neues entdecken, das schätze ich sehr an meiner Tätigkeit.

ONETZ: Denkst du, deinen Stil bereits gefunden zu haben oder arbeitest du weiter an künstlerischen Ausdrucksmitteln und neuen Techniken?

Miriam Ferstl: Ich sehe das eher so, dass die Welt so vielschichtig ist und es so viele interessante Themen, Techniken und Materialien gibt, dass es unmöglich ist, mich auf nur eines davon festzulegen. Ich merke jedoch, dass ich immer wieder auf gewisse Elemente, wie zum Beispiel die Fotografie, zurückkomme. Oft bringt das jeweilige Thema, mit dem ich mich beschäftige, die Technik und das Material mit sich. Ich würde sagen, ich arbeite immer an neuen Ausdrucksmitteln, um das, was mich antreibt und in mir ist, bestmöglich auszudrücken.

ONETZ: Du arbeitest oft mit Objekten – etwa bei dem Projekt „Pinker Hochsitz“, einer Installation während der Ausstellung „WAIDBLICK“. Wie ist da der künstlerische Prozess?

Miriam Ferstl: Das ist unterschiedlich. Aber oft gehen meine Arbeiten schon davon aus, dass ich einen Gegenstand sehe oder mich intensiv mit einem Thema beschäftige und es dann von einer für mich neuen Seite oder ungewöhnlichen Sichtweise aus betrachte. Ich mag es, die Dinge genau anzusehen und etwas in ihnen zu entdecken, was meinem Auge bisher verborgen war oder was ich bisher noch nicht verstanden hatte. Daher arbeite ich auch gerne mit Wissenschaftler zusammen. Das ist sicher eine Gemeinsamkeit: Der Wunsch, Wahrheiten zu erkennen und hinter die äußere, oberflächliche Form der Dinge zu blicken. Und letztlich sicher der Wunsch, die Welt und all die unterschiedlichen Vorgehensweisen in ihr zu verstehen ... oder ihnen zumindest ein Stück weit näherzukommen.

ONETZ: Ende 2018 hast du den Zukunftspreis des Landkreises Schwandorf im Bereich Kunst erhalten. Welche Bedeutung hat er für dich?

Miriam Ferstl: Der Zukunftspreis des Landkreises hat mich ganz besonders gefreut. Er bedeutet mir viel und gibt mir eine Art Rückendeckung und zusätzliche Motivation für meine Projekte, meine Arbeit und meine Tätigkeiten. Der Weg, den ich gehe, ist eher ungewöhnlich und ganz sicher nicht ausgetreten. Daher ist es umso schöner, dass ich bei meinem künstlerischen Wirken Unterstützung erfahre und weiß, dass es Zuhause Menschen gibt, die an mich und an das, was ich mache, glauben.

ONETZ: 2021 hast du die beliebte BR-Sendung „Was uns bewegte – Bayern vor 50 Jahren“ moderiert. Wie hast du den Dreh erlebt?

Miriam Ferstl: Der Dreh für die Sendung hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Es war toll, verschiedenste Menschen zu treffen und mit ihnen über ihr Leben, ihre Herkunft und ihre Wünsche sprechen zu dürfen. Ich habe dabei sehr viel Neues und Spannendes erfahren. Das Moderieren und die unterschiedlichen, inspirierenden Gespräche mit Menschen, die ich nicht nur für mich, sondern auch für die Zuschauer führen durfte, das war absolut bereichernd. Es macht mir generell sehr viel Spaß, vor der Kamera zu stehen und zu moderieren. Ich könnte mir durchaus vorstellen, das häufiger zu machen. Ich bin gespannt, was mir da noch alles einfällt – und was sich noch ergeben wird.

ONETZ: Aktuell stellst du bei der Ausstellung „ROSA IMMERGRUEN“ in München aus. Was erwartet die Besucher?

Miriam Ferstl: Es ist eine Ausstellung im Rahmen des Münchener Flower Power Festivals. Ich zeige dabei eine Licht- und Textilarbeit, die auf Fotografien meiner Großmutter, Mutter und mir beruht. Es geht generell um die Thematik, was von Generation zu Generation an Licht und Schatten weitergegeben wird. Im Speziellen wird dargestellt, wie das Wissen über Heilkräuter in meiner Familie vermittelt wurde – und immer noch wird.

ONETZ: Was rätst du jemandem, der seinen künstlerischen Weg finden möchte?

Miriam Ferstl: Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass man seine eigenen Interessen authentisch verfolgt und dabei so ehrlich wie möglich zu sich selbst ist. Ich gehe in den Seminaren und Workshops, die ich gebe, oft genau auf diese Themen ein: Wie finde ich heraus, was ich wirklich will? Was sind meine Wünsche und Träume? Sich damit ehrlich zu beschäftigen ist sicher eine gute Voraussetzung. Und dann muss man natürlich auch an sich selbst und seine Vision für das eigene Leben glauben und diese verfolgen, auch wenn aus dem Umfeld gegenteilige Ratschläge oder Zweifel kommen. Und man sollte sich nicht zu schade sein, auf dem Weg dorthin auch Jobs anzunehmen, die dieser finalen Vision nicht unbedingt entsprechen. Ich hatte so viele verschiedene Jobs in meinem Leben, habe meine Studiengänge selbst finanziert und auch neben meiner Kunst immer wieder in anderen Bereichen gearbeitet, wenn das Geld knapp wurde. Bei jedem „Day-Job“ lernt man dazu und jedes Umfeld kann eine Quelle der Inspiration sein, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt. Und man sollte auch den Mut haben, Fehler zu machen, denn sie bringen einen wirklich weiter.

ONETZ: Was sind deine Pläne und Wünsche für deine Zukunft?

Miriam Ferstl: Da gibt es einige (lacht). Im Grunde beziehen sie sich, neben dem Wunsch, dass meine Lieben und ich gesund und glücklich sind, darauf, dass ich noch mehr zu mir selbst finde. Ich will meine Träume verwirklichen und dadurch Freude, Inspiration und Erfüllung in das Leben anderer bringen. Gerade erfüllt es mich auch sehr, Workshops zu geben und Menschen auf ihrem persönlichen Weg zu unterstützen oder dazu zu ermutigen, ihren ganz eigenen Weg zu gehen. Ich könnte mir gut vorstellen, das in Zukunft noch zu vertiefen und das, was ich für mich als sinnvoll und hilfreich erkannt habe, weiterzugeben.

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