Zeitreise ins Mittelalter

Vilseck
24.04.2023 - 12:21 Uhr
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In ihrem Leben im 21. Jahrhundert sind sie Produktleiter, Hufschmied oder Assistentin. Ihr zweites Leben verbringen sie als Graf auf dem Nordgau, Ritter und Vizthum auf Burg Daxstein oder Falknerin im Vilseck des frühen 13. Jahrhunderts.

Regelmäßig tauchen die Mitglieder des Vereins Ritter von der Zarg aktiv in die Zeit des Hochmittel alters ein und machen somit Geschichte erlebbar.

Regelmäßig tauchen die Mitglieder des Vereins Ritter von der Zarg aktiv in die Zeit des Hochmittelalters ein und machen somit Geschichte erlebbar. Wir schreiben das Jahr 1223. Auf der Burg Dagestein in Vilseck herrscht reges Treiben, alle sind auf den Beinen. Denn schließlich ist heute kein Tag wie jeder andere. Rupprecht von der Pfalz, König des Heiligen Römischen Reiches, reist mit seinem Gefolge auf der Goldenen Straße. Auf Burg Dagestein trifft er heute auf den König von Ungarn und eine Gesandtschaft des Königs von Schweden. Den edlen Herren zu Ehren veranstalten die Ritter von der Zarg im Auftrag des Bischofs von Bamberg ein großes Turnier. Schließlich sollen die allerhöchsten Herren bei Laune gehalten werden.

Viel zu tun für Alexander von der Weyden, Graf auf dem Nordgau, Komtur der Ritter von der Zarg, Laialdomherr zu Bamberg, Judex in Parcstein, Reichsritter zu Sternstein und Ritter zu Altengiech. Denn an diesem wichtigen Tag darf nichts schiefgehen. Eigentlich gibt sich der Adelige, der auch als Frankenschinder bekannt ist, lieber der Völlerei und dem Weingenuss hin, doch heute ist sein wachsames Auge vonnöten. Er kontrolliert, dass die Ritter auch ihren Aufgaben nachkommen und die Knappen mit den Getränken bereitstehen. Dann sendet er seinen Herold aus, um den hohen Herrschaften kundzutun, dass die Feierlichkeiten bald beginnen.

Ritter und Knappen

Auch Burgvogt Gregor ist heute früh auf den Beinen. Er bereitet sich schon mal darauf vor, die Wettkämpfe auf dem Turnierplatz anzukündigen. Währenddessen ist sein Herr, Ritter Martin von Hohenhaag, Vizthum auf Burg Daxstein, Vikar und Marschall der Ritter von der Zarg, Stiftsherr von Stankt Stefan, Beschützer der Witwen und Waisen und Träger des Blutordens zu Sulzpach, gerade damit beschäftigt, sich und sein Ross für den Wettkampf vorzubereiten. Sein Knappe hilft ihm, das Kettenhemd anzulegen, das den Recken vor dem Eindringen des gegnerischen Schwertes schützen soll.

Die meisten Menschen stellen sich Ritter immer in schweren Rüstungen vor, doch im Hochmittelalter gab es noch gar keine Plattenrüstungen“, erklärt Martin Stubenvoll, legt seinen Helm und sein mittelalterliches Alter Ego als Vizthum auf Burg Daxstein beiseite und wird wieder kurz zu einem Menschen der Gegenwart, auch wenn er gerade nicht so aussieht.

„Es gibt so einige Mythen rund ums Mittelalter, die einfach falsch sind“, sagt er. „Der größte Irrtum: die Hexenverbrennungen. Im 13. Jahrhundert wurden keine Frauen als Hexen verbrannt, das kam erst viel später, am Übergang zur Neuzeit.“ „Das Mittelalter war auch alles andere als düster und grau“, erklärt Regina Weiß, die sich gerade in die Gräfin von der Weyden verwandelt und sich von ihren Zofen in die farbenprächtigen Kleider helfen lässt. „Es war sogar richtig bunt. Das kann man ganz leicht sehen, wenn man sich Bilder von damals ansieht.“

Als adelige Dame des Hochmittelalters widmet sie sich nun den schönen Dingen des Lebens, ihren Handarbeiten und der Musik. Den Wettkämpfen auf dem Turnierplatz wird sie an der Seite ihres Mannes, des Grafen von der Weyden, beiwohnen. Eine willkommene Abwechslung zum Alltag auf der Burg, in dem sonst nur die Beizjagd mit den Falken eine Ablenkung für die edlen Damen darstellt.

Diese hochentwickelte Form der Jagd mit Greifvögeln auf Feder- und Haarwild ist wesentlicher Bestandteil der höfischen Kultur und eine beliebte Freizeitbeschäftigung adeliger Frauen. „Man muss ehrlich sein: Natürlich stellen wir immer so ein bisschen verklärtes Mittelalter dar, erklärt der Graf von der Weyden, der in seinem Leben im 21. Jahrhundert eigentlich Alexander Weiß heißt und Vorstand der Ritter von der Zarg ist. „Wir picken uns die schönen Seiten dieser Zeit heraus, diese leben wir dann im Lager aus. Die meisten von uns sind dann aber doch ganz froh, dass sie nach so einem Wochenende wieder in ihr Auto steigen oder daheim die Heizung aufdrehen können.“

Fast alle im Verein sind sich einig: Zeitreisen ins Mittelalter machen wahnsinnig viel Spaß, aber wirklich in dieser Zeit leben will man dann doch lieber nicht. "Wären wir im 13. Jahrhundert, dann würden wir alle wahrscheinlich gar nicht mehr hier sitzen“, sagt Martin Ruhland, der regelmäßig in die Rolle des Burgvogts Gregor schlüpft. „Jede Verletzung, Verwundung oder Krankheit konnte nämlich damals schnell zum Tod führen.“ So lag die durchschnittliche Lebenserwartung im Hochmittelalter gerade mal bei 35 bis 40 Jahren. „Das Leben heute ist vielleicht stressiger, aber dafür um einiges sicherer“, bestätigt Martin Stubenvoll, der als Ritter Martin zur damaligen Zeit wohl schon längst das Zeitliche gesegnet hätte.

„Im Mittelalter musste man oft an Nichtigkeiten wie zum Beispiel einem kaputten Zahn sehr lange leiden, um dann letztendlich daran zu sterben.“ An den Tod denkt allerdings heute niemand. Nun wird erst einmal so richtig gefeiert.

Richtig gewandet

Die Ritter von der Zarg versuchen immer wieder, den Besuchern ihrer Lager die Zeit des Mittelalters nahezubringen. Sie zeigen lebhaft und bunt, wie das Leben damals aussah. „Bei uns gilt: So authentisch wie möglich, aber der Spaß steht im Vordergrund“, erklärt Vorstand Alexander Weiß, der gleich wieder zum Grafen von der Weyden wird. „Natürlich ist es uns wichtig, dass unsere Mitglieder so gewandet sind, dass es in die Zeit passt. Aber irgendwelche übertriebenen Vorschriften gibt es bei uns nicht. Wir haben zum Beispiel kein Problem damit, dass Kleidungsstücke nicht per Hand genäht wurden oder bei den Kettenhemden der Draht maschinell gebogen wurde. Hauptsache, es sieht alles so aus, wie es damals eben aussah.“

Und so kehren wir zurück ins Jahr 1223. Der Barde stimmt ein Lied auf seiner Laute an. Aber natürlich achtet er genau darauf, dass ihm dieses nicht als Schmählied auf einen der edlen Herren ausgelegt werden kann, denn das könnte ihm seine Zunge kosten. Carmen, die Falknerin, präsentiert die edlen Greifvögel aus dem Bestand der Burg. Und die Köche und Mägde sind immer noch mit der Vorbereitung des Festmahls beschäftigt, das nach den Turnierkämpfen aufgefahren werden soll. Wildbret wird gebraten, Fladenbrot zubereitet. Und heute gibt es sogar Zitronen und Pomeranzen, die von einem italienischen Händler erworben wurden. Es wird aufgetischt, was immer das Land hergibt. Auch das Volk wird von Gauklern und Feuerspuckern mit allerlei Kurzweil unterhalten. Schließlich ist so eine Zeitreise ins Mittelalter ein ganz besonderes Vergnügen.

Veranstaltung:

Ritterlager auf Burg Dagestein

Hast du auch Lust auf eine Zeitreise? Willst du tapferen Recken, hochherrschaftlichem Adel, beeindruckenden Feuerspuckern, weitgereisten Spielleuten, grausamen Henkern, eifrigen Händlern und edlen Falknern begegnen? Dann solltest du dir unbedingt vormerken.

  • Samstag, 20. Mai, 11 bis 23 Uhr
    11 Uhr: Einlass
    14 Uhr: Einzug der mittelalterlichen Gruppen
    15 Uhr: Greifvogelschau auf dem Turnierplatz, anschließend Schaukämpfe und Ritterturnier
    19 Uhr: Hoftag im Burghof
    22 Uhr: Feuerspektakel im Burghof, danach Ausklang mit den Gruppen am Lagerfeuer
  • Sonntag, 21. Mai, 10 bis 18 Uhr
    10 Uhr: Einlass
    13.30 Uhr: Festzug mit Pferden & historischen Gruppen
    14.30 Uhr: Greifvogelschau auf dem Turnierplatz, anschließend Schaukämpfe und Ritterturnier
    18 Uhr: Aufheben der Tafel

Mehr Infos zu den Rittern von der Zarg und zum Ritterlager findest du hier.

 
 

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