Lehrerinnen geben Tipps: So meistern Kinder und Eltern den ersten Schultag

Amberg
09.09.2022 - 14:27 Uhr
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Kurz vor dem Schulstart herrscht noch Stille in den Korridoren der Max-Josef-Grundschule. Die Lehrerinnen und Lehrer nutzen die Ruhe, um alles für den kommenden Sturm vorzubereiten. Mit dabei: Tipps für einen gelungenen Schulstart.

Von Kira Lorenz und Leonie Berndt

In der Woche vor der Einschulung beginnt die dreitägige Vorbereitung für das Team der Max-Josef-Schule. Silvia Deml hat ihr Klassenzimmer, das für 25 Kinder in den kommenden zwei Jahren ein zweites Zuhause sein wird, schon fertig ausgestattet: Die Garderobe ist dekoriert, Lernplakate hängen an den Wänden, Heftaufkleber sind für jeden gebastelt und eine kleine Polsterecke lädt zum Entspannen und Lesen ein.

Sogar die ersten Elternbriefe sind schon ausgedruckt und warten in den kleinen Körbchen unter den Bänken. Nach "mindestens zwölf Schulstarts" ist das Routine. „Trotzdem muss ich immer noch viel basteln, damit jedes Kind eigene Anschauungsmaterialien hat“, sagt die Pädagogin und zeigt ein kleines Kästchen mit Plättchen und einer Perlenschnur zum Rechnen lernen. Ihre Klassenzimmer-Ausstattung habe sie seit 30 Jahren immer weiter entwickelt. Aus Umweltschutzgründen versuche sie inzwischen aber, weniger zu laminieren und mehr auf stabilere Pappe zu setzen. Deutlich beschäftigter ist Simone Schüller. In ihrer fünfjährigen Karriere an der Max-Josef-Schule übernimmt sie zum ersten Mal eine erste Klasse und muss ein altes Klassenzimmer von Grund auf neu ausstatten.

Leuchtende Augen

Trotz ihrer langen Berufserfahrung ist Deml vor dem ersten Schultag immer wieder aufgeregt: „Es ist ein sehr wichtiger Tag, der die kommende Schullaufbahn stark prägt." Ihre Gedanken kreisen sowohl um die Charaktereigenschaften der kommenden Schüler, als auch um ihre eigene Wirkung auf die Kinder. Deshalb kauft Deml immer noch einen frischen Blumenstrauß, den sie auf einen kleinen Tisch in der Mitte des Raums stellt, wie sie erzählt. „Die leuchtenden Augen und die natürliche Neugier der Kinder am ersten Tag sind das Schönste an meinem Beruf“, ergänzt Kollegin Schüller.

Neugier ist laut Deml der Schlüssel, um die Schüler zu motivieren, sowohl zum Lernen, als auch zum Freundschaften schließen. Kennenlernspiele und Gemeinschaftsstunden wie Sport, Kunst oder Musik würden den Kindern zusätzlich helfen, als Team zusammenzuwachsen. Aber auch im Heimat- und Sachunterricht ist das „Wir als Gemeinschaft“ Thema. Deml: „Das Sozialverhalten, das die Kinder heute lernen, ist Basis für alle Interaktionen in ihrem späteren Leben.“

Rhythmus und Abwechslung

Corona habe die Grundschulen deshalb am meisten getroffen. „Die Kinder sind unsicher im täglichen Miteinander geworden“, berichtet Schüller. Das soll sich im kommenden Schuljahr ändern: Die Maske fällt weg, gemeinsames Arbeiten ist wieder möglich, was den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule erleichtert. „Die Kinder kommen schon mit der Erwartung, dass jetzt vieles anders ist. Mit einem guten Rhythmus und Abwechslung im Stundenplan helfe ich ihnen dabei, diese Vorstellungen mit der Schulrealität zu verknüpfen“, erklärt Deml. So bekämen die Kinder beispielweise eine morgendliche Checkliste mit Punkten wie Schuhe wechseln, Morgenkreis und Hausaufgabe abgeben. „Am besten ist aber immer noch, einfach Unterricht zu machen. Die Kinder gewöhnen sich von ganz alleine an die neue Geschwindigkeit in der Schule“, sagt Deml.

Schwerer sei der Übergang für manche Eltern. „Aber die Kinder wollen jetzt unabhängig werden“, weiß Deml. Deshalb habe sie sich mit der schüchternen Puppe Mimi einen spielerischen Weg überlegt, um die Kinder zu motivieren, ihre Eltern aus dem Klassenraum zu schicken. Wegen Corona sei der Klassenzimmerbesuch allerdings weggefallen und werde vorerst auch nicht mehr eingeführt. Deml: „Die Kinder sind viel selbstbewusster ohne die Eltern.“

Das sollte das Kind können

Nach dem ersten Trubel geht die Organisation weiter. Für Deml und Schüller bedeutet das, die Kinder Revue passieren lassen, den Unterrichtsstoff an das Leistungsniveau anzupassen und geeignete Plätze für Unruhestifter zu finden. Schüler und Eltern müssen sich nach dem ersten Tag erst in das Schulleben einfügen. Damit das gelingt, haben die beiden Lehrerinnen Tipps für den Anfang: An erster Stelle stehen für die Neu-Schulkinder soziale Fähigkeiten. Etwa, dass und wie sie sich an Regeln halten. Das erleichtert sowohl den Lehrerinnen als auch den Mitschülern den Schulalltag enorm.

Eine praktische Fähigkeit, die Kinder in diesem Alter haben sollten, ist die Feinmotorik. Üben können sie das, indem sie zuhause malen, basteln, schneiden. Deml bedauert: "Das kommt leider immer öfter zu kurz." Genauso das Schuhe anziehen. Laut Deml und Schüller kann kaum noch ein Kind eine Schleife binden. "Die haben alle Klettverschlüsse, aber ab einer gewissen Größe gibt es keine Klettverschluss-Schuhe mehr", sagt Schüller und lacht.

Bei den Hausaufgaben begleiten

Wenn das Kind dann schon in der Schule ist, empfehlen die beiden Lehrerinnen den Eltern, es anfangs noch intensiv bei den Hausaufgaben zu begleiten. Gerade die ersten Wochen sind die Erstklässler darauf angewiesen, dass die Eltern ihnen beibringen, wie man lernt. "Man muss ihnen erst zeigen, solche Dinge selbst zu tun", sagt Deml. Nach einiger Zeit dürfen sich die Eltern zurückziehen, die meisten Kinder entwickeln eine starke Motivation, Dinge selbst zu tun.

Den Grundstein für das Sprachverständnis, Lesen und Schreiben legt das regelmäßige Vorlesen. "Das darf man nicht als Pflicht sehen, sondern als eine schöne Sache, um gemeinsam Zeit zu verbringen", erklärt Deml. Schüller ergänzt: "Der Wortschatz und die Sprache der Kinder profitieren bei nichts sonst so sehr."

Nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Eltern ist die Einschulung ein neuer Lebensabschnitt. Da kann es schon passieren, dass die eine oder andere Sorge um den Nachwuchs aufkommt. Doch die Lehrerinnen beruhigen: "Wenn man genaue, klare Absprachen mit den Kindern trifft, fällt das Loslassen leichter." Zu besprechen, was wann passiert, wohin die Kinder nach der Schule gehen sollen, das hilft beiden Seiten, Vertrauen aufzubauen und Ängste zu nehmen. "Es gibt ihnen Stärke, wenn man sagt, 'du kannst das jetzt'", sagt Schüller. In dieser Zeit machen die Kinder einen großen Entwicklungsschritt und freuen sich, vieles ohne ihre Eltern machen zu können.

 
 

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