Lernt die nächste Generation Erstklässler in Amberg mit I-Pads?

Amberg
03.08.2022 - 16:41 Uhr
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Die Amberger Grundschulen könnten im Schuljahr 2022/23 mit den Erstklässlern in ein neues Zeitalter starten: Jedes Kind soll mit einem I-Pad ausgestattet werden. Auf politischer Ebene wurden die Weichen gestellt. Doch wollen die Eltern das?

Kleine Computer für Erstklässler? Ist das nicht viel zu früh? Geraten die Kleinen da nicht in Versuchung, dauernd zu zocken? Ist Schreiben mit der Hand nicht viel wichtiger? Marion Weigl, Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Schule, kennt alle Fragen und Ängste von Eltern. An der Albert-Schweitzer-Schule fand das Pilotprojekt mit Erstklässlern und I-Pads im Unterricht statt. Jetzt beschlossen die Stadträte vor den Sommerferien in verschiedenen politischen Gremien wie Schul- und Sport- oder Hauptausschuss, dieses Pilotprojekt auf alle städtischen Amberger Grundschulen auszuweiten - eine Entscheidung, die Schulamtsdirektorin Beatrix Hilburger "stolz" macht und die nach den Sommerferien noch von den Eltern abgesegnet werden soll.

Etwa 380 Mädchen und Buben werden ab September eine erste Klasse in der Stadt Amberg besuchen. Wenn alle städtischen Grundschulen an dem Projekt teilnehmen, wären 380 Endgeräte zu besorgen. Es soll, so der fromme Wunsch, schlichtweg ein zusätzliches Arbeitsmittel sein - ähnlich einem Buch, Federmäppchen oder Heft. Doch während in den politischen Gremien die Weichen für die Digitalisierung bereits gestellt wurden, konnten trotzdem noch keine Geräte bestellt werden, da die konkrete Anzahl noch nicht feststeht. "Zunächst muss noch abschließend durch die beteiligten Grundschulen mit allen Eltern abgeklärt werden, wer sich konkret an dem freiwilligen Projekt beteiligen möchte", sagte Schulamtsleiter Bernhard Scheidig auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien am Mittwoch. Sollte sich herausstellen, dass nicht alle oder ein größerer Teil der Eltern und Schüler nicht teilnehmen möchten, sei das Projekt nicht durchführbar. "Es macht nur Sinn, eine Klasse vollständig auszustatten, da eine parallele Unterrichtsführung für Schüler mit und ohne Endgerät nicht sinnvoll und natürlich aus Bildungsgerechtigkeitsaspekten alles andere als zielführend ist", so Scheidig. Hier sei noch viel Aufklärungs- und Abstimmungsarbeit durch die Schulen zu leisten. Auch bei einkommensschwachen Familien müsste nach alternativen Lösungen gesucht werden.

Schulamtsleiter Scheidig geht davon aus, dass sich diese Entscheidungsfindung bei Schulen und Erstklass-Eltern bis Ende September hinziehen wird. "Erst dann kann das Thema Beschaffung konkret angegangen werden." Und abhängig von der Anzahl der zu beschaffenden Geräte sei womöglich auch ein aufwendiges Vergabefahren abzuwickeln. Doch könnten die Geräte schließlich überhaupt zeitnah geliefert werden? Derzeit gebe es keine längeren Lieferzeiten bei den I-Pads. "Wie dies im neuen Schuljahr aussieht, ist ungewiss, da eine größere Nachfrage bestehen wird", so Scheidig. Es gibt ja auch noch den Pilotversuch "Digitale Schule der Zukunft" des Freistaats Bayern, in dem auch bestimmte Jahrgänge an weiterführenden Schulen zum Schuljahr 2022/23 mit digitalen, Eltern-finanzierten Endgeräten ausgestattet werden.

Schulleiterin Marion Weigl empfand diesen verzögerten Start mit den I-Pads in der ersten Klasse nicht als Nachteil. "Wir haben sie auch erst im November bekommen. So konnten die Kinder erst einmal in der Schule ankommen und waren nicht überfordert." Ähnlich könnte es deshalb auch im Schuljahr 2022/2023 für die Erstklässler laufen. Ganz konkret gibt es bei der Stadtverwaltung auch schon eine Vorstellung davon, wie die I-Pads verwaltet werden könnten - in einem sogenannten Mobile-Device-Management. Damit werden Tablets während der Unterrichtszeit in einem Schulmodus nach pädagogischen Gesichtspunkten eingeschränkt. "Zudem könnten mit einem Klick Apps und Anwendungen auf alle Schülertablets übertragen und Funktionen wie ,Apple Classroom‘ genutzt werden", erklärte Scheidig. Hierzu seien natürlich entsprechende Einverständniserklärungen der Eltern zum Datenschutz abzuschließen.

Grundsätzlich hatten in einer Vorabfrage alle Amberger Grundschulen ihr Interesse an der Einführung der I-Pads für Erstklässler bekundet. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Gibt es nicht vielleicht sogar ganz andere Probleme in der Region Amberg-Sulzbach – Stichwort Lehrermangel an Grund- und Mittelschulen? "Die Zuweisung des Personals durch die Regierung an das Schulamt ist erfolgt. Derzeit befinden wir uns noch in einer intensiven Planungsphase", heißt es dazu aus dem Schulamt Amberg-Sulzbach. Nach Sommerferien klingt das eher nicht.

Fünf Fragen zur Praxis

Die Vorbehalte gegenüber I-Pads für Erstklässler vonseiten der Eltern gehen nach dem erfolgreichen Pilotprojekt an der Albert-Schweitzer-Schule mittlerweile gegen null. Auch wenn es am Anfang viele Fragen, Aufklärungsbedarf und Infoabende gab, die zweite Generation sei mittlerweile überzeugt, so Schulleiterin Marion Weigl. Fünf Fragen:

Wie oft arbeiten die Kinder mit dem I-Pad im Unterricht?

Am Anfang arbeiten die Kinder fast täglich mit dem I-Pad, am Ende mehrmals am Tag. Das I-Pad im Unterricht sei während des Schuljahres selbstverständlich geworden, so Schulleiterin Marion Weigl.

Ist die Arbeit mit dem I-Pad nicht eine zusätzliche Belastung für die Lehrer? Können die das überhaupt?

Fest steht: Der Unterricht wird anders sein. Die Vor- und Nachbereitungen sind anders. "Aber es ist keine Belastung, sondern eine Entlastung", verspricht Weigl. Sie empfiehlt den Lehrkräften klein anzufangen, mit dem, was man sich zutraut und kann. Darauf könne man aufbauen. Der Austausch untereinander werde ebenfalls wichtig sein. Für die Kinder ergebe sich daraus eine qualitative und quantitative Differenzierung.

Können die Kinder das überhaupt?

Für Marion Weigl gibt es darauf nur eine Antwort: "Klar!" Aber auch klare Regeln im Umgang mit dem I-Pad würden geschult. Es werden Hinweise auf Gefahren im Internet gegeben, genauso wie das eindeutige Einüben von Arbeitsbeginn und -ende. Zu Beginn kann man mit leichten und verständlichen Übungen beginnen, die später ausgebaut werden.

Wie kommen die Kinder an die Übungen oder auf die Internetseite?

Über QR-Codes, als Aushang über den Beamer, aufgeklebt auf Arbeitsblättern oder auch über Airdrop. "Das klassische Heft wird aber nicht abgeschafft, sondern um ein digitales Werkzeug erweitert", so Weigl.

Gibt es auch Hausaufgaben auf dem I-Pad?

Dazu fällt Marion Weigl ein Foto einer Mutter ein, das die Tochter nach Schulschluss zu Hause noch mit Jacke im Flur am Boden kniend neben der geöffneten Schultasche zeigt, in den Händen das I-Pad, um schnellstmöglich die gestellte Hausaufgabe zu erledigen. "Mittlerweile ja", antwortet sie, "wenn wirklich jeder weiß, was zu tun ist". Im Laufe des Schuljahres habe jedes Kind gelernt, was es machen muss, wenn zum Beispiel ein QR-Code auf dem Arbeitsblatt abgebildet oder ein Symbol im Hausaufgabenheft ist.

Info:

Finanzierungsmodell

  • Der Preis pro iPad beträgt inklusive Schutzhülle und Versicherung 427 Euro.
  • Die Stadt zahlt einen einmaligen Zuschuss zu den Anschaffungskosten in Höhe von 67 Euro pro Gerät, wodurch sich der Preis pro Gerät für die Eltern auf 360 Euro reduziert.
  • Die Eltern haben die Möglichkeit, das iPad entweder per Sofortkauf oder über eine Null-Prozent-Finanzierung in verschiedenen Ratenzahlungsmodellen zu erwerben (zum Beispiel 90 Euro pro Schuljahr).
  • Die Geräte gehen am Ende in das Eigentum der Eltern über. Die vertraglichen Angelegenheiten werden grundsätzlich zwischen dem externen Dienstleister und den Eltern geregelt.
  • Im Schulausschuss wurde zudem beschlossen, dass im Falle berechtigter und nachgewiesener Probleme bei der Finanzierung der Endgeräte durch die Eltern, – sofern keine Lösung über schulische Fördervereine oder andere Förderer möglich ist – ein schuleigenes Leihgerät zur Verfügung gestellt werden kann.
 
 

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