Musikalische Ostfriesen sorgen in Amberg für große Überraschung

Amberg
04.10.2022 - 11:06 Uhr

Wenn der Vater Geburtstag hat, tun sich die Kinder mit dem Geschenk oft schwer. Im Fall von Karlheinz Lorenz wusste Tochter Ute Schieder aber genau, was es sein sollte. Sie organisierte eine Überraschungsparty mit Gästen aus Ostfriesland.

"Ich kann es noch immer nicht in Worte fassen - es ist so ein wunderbares Geschenk" Karlheinz Lorenz (links) spielte mit dem Amberger Posaunenchor und seinem ehemaligen Posaunenchor Middels, dem er über 20 Jahre lang treu im Norden diente, das Stück "Ich lobe meinen Gott" am Erntedankfest in der Erlöserkirche der Paulanergemeinde.

Flunkern musste sie. Die Ausreden wurden knapp. Vor rund zwei Wochen feierte der Vater von Ute Schieder Geburtstag. Die Tochter musste Karlheinz Lorenz davon abhalten, in den äußersten Nordwesten Deutschlands zu fahren. Karlheinz Lorenz ist mit seinen 84 Jahren Lebenserfahrung fit in Geist und Körper. Normalerweise setzt er sich einfach in sein Auto und fährt gen Norden in die alte Heimat – nach Lust und Laune. Hinzu kamen noch diese seltsamen Fragen über Kontaktmöglichkeiten zu seinem alten Posaunenchor Middels in Niedersachsen. Karlheinz Lorenz konnte sich das Verhalten seiner Tochter nicht erklären.

Ute Schieder hingegen haderte mit sich und ihren untypischen Forderungen an ihren Vater, aber sie wollte ihn überraschen und hatte einen Plan. Für das verlängerte Wochenende und um Geburtstage nachzufeiern, lud sie einen Teil seines geliebten Posaunenchors nach Amberg ein. Damit jedoch nicht genug: Karlheinz Lorenz sollte von diesem Besuch bis zur ersten Probe am Samstagabend mit dem Amberger Posaunenchor für das kommende Erntedankfest nichts erfahren.

Posaunenchor macht mit

Jeder wusste, was los ist: Die Ostfriesen, die Paulanergemeinde, der Amberger Posaunenchor, Ute Schieders Familie, eine Whatsapp-Gruppe – aber Karlheinz stand im Dunkeln und wunderte sich nur. Am Abend der Offenbarung saßen neun ausgebildete Musiker des Amberger Posaunenchors bereits auf der Empore der Erlöserkirche. Leiter Martin Flierl nahm die Besprechung und das Proben in die Hand, als plötzlich Störenfriede in die Kirche eindrangen – mit ihren eigenen Bläserinstrumenten, die sie lauthals ertönen ließen. Sichtlich irritiert schaute Karlheinz Lorenz herab, und noch immer konnte er nicht begreifen, was dort unten für eine Musik gespielt wird. Er sagte jedoch kein Wort und stieg mit seinen Profis die Treppen hinunter, um nach dem Rechten zu sehen. Ungläubig blickte er auf seinen Besuch, auf seine alten Freunde aus der Heimat, die eine fast achtstündige Fahrt auf sich nahmen, um ihren Herzensmensch zu begrüßen. Tränen der Freude flossen. Und bereits vor dem Erntedankfest konnten die Früchte einer bedingungslosen Freundschaft geerntet werden.

Auf die Frage, wie man denn zu so einem geliebten Menschen wird, wusste Karlheinz Lorenz keine Antwort. Viele Schicksalsschläge mussten er und seine Familie bereits durchleben und vergeben – der Glaube wurde dadurch gestärkt, sagte er. Jedoch wusste der weise Mann, dass Geld nicht alles sei, und er schätze und pflege jede menschliche Beziehung. Vermissen würde er eben nur die Menschen aus seiner alten Heimat. Seit fünf Jahren nun in Amberg lebend, gefällt ihm die Möglichkeit der sozialen Kontakte besonders. Natürlich musste er nach dem Umzug zuerst Mitglied im Amberger Posaunenchor werden, der auch Musiker allen Alters ausbildet. Eine Saisonkarte für die hiesigen Schwimmbäder besorgte er sich auch. Er liebt es, mit dem Fahrrad alles erreichen zu können, und die Nähe zu seinen fünf Enkelkindern lässt ihn erstrahlen.

Profis am Werk

Dass alle beteiligten Blechbläser von nah und fern Profis sind, steht außer Frage. Obgleich sie zusammen nur eine Stunde in die Proben für rund sieben musikalische geistliche Stücke investieren konnten, verwandelten sie die Premiere am Erntedankfest in ein Blechbläser-Konzert der Superlative. Auch am Sonntag blieb kein Auge trocken. Pfarrer Joachim von Kölichen hielt eine seiner selbstreflektierenden Predigten mit Danksagungen an all das, was in unserem menschlichen Miteinander Prioritäten haben sollte – unter Beachtung dieser „großartigen Geste der Posaunenchöre“.

So oder so war der 84 Jahre alte Jubilar glücklich: „Ich kann es noch immer nicht in Worte fassen. Es ist so ein wunderbares Geschenk.“

 
 

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