Die bayerische Staatsregierung hat die Quarantäne-Vorgaben und Distanzunterricht-Regeln für Schulen vor einer Woche erneut angepasst. Ein wesentlicher Punkt: Auch bei mehreren Corona-Fällen in einer Klasse sollen künftig weder die Gesundheitsämter noch die Schulen Kinder und Jugendliche als direkte Kontaktpersonen in Quarantäne schicken. In einer Mitteilung des Gesundheitsministeriums hieß es vor Wochenfrist dazu: „Aufgrund des hohen Infektionsschutzniveaus in den Schulen ist keine Kontaktpersonenermittlung durch das Gesundheitsamt erforderlich.“
Das bedeutet im Alltag: Kinder, die negativ getestet sind, dürfen in der Klasse bleiben. Einen infizierten Schüler müssen die Schulen nach einem positiven Test dagegen weiterhin eigenständig nach Hause schicken. Neu ist dagegen diese Regel: Bei einer „gravierenden Häufung“ von Infektionsfällen darf der Schulleiter für die gesamte Klasse für fünf Tage Distanzunterricht anordnen. Ein derartiger großer Ausbruch liege vor, wenn rund 50 Prozent der Klasse abwesend sind. Dann sei Präsenzunterricht „schulorganisatorisch“ nicht sinnvoll.
Max-Reger-Gymnasium Amberg
Georg Meyer, der das Max-Reger-Gymnasium (MRG) in Amberg leitet, atmet auf: „Das ist eine Erleichterung für uns.“ Noch vor einer Woche habe es immer wieder Irritationen geben. So habe das Kultusministerium zuvor beispielsweise mitgeteilt, dass „nur das Gesundheitsamt“ eine Quarantäne-Anordnung erlassen könne. Von diesem hieß es laut Meyer aber: „Wir schaffen das nicht mehr. Wir kommen nicht rum. Wir geben keine Quarantäne-Anordnungen mehr raus.“ Dr. Roland Brey, der Leiter des Amberger Gesundheitsamts, hatte das Ende Januar in einem Interview mit Oberpfalz-Medien bestätigt. Da es viele Schulen im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsamts gebe und die Infektionszahlen derzeit "durch die Decke gehen", verwies Brey darauf, "dass einzelfallbezogenes Management nicht mehr zu leisten ist" und sah die Schulen selbst in der Pflicht. Auch den MRG-Chef, der nun seit einer Woche Klarheit hat. Von der Entscheidung, eine komplette Klasse nach Hause schicken zu müssen, ist Georg Meyer eigenen Aussagen zufolge aktuell weit entfernt: „Im Moment sind wir weit weg von Klassen, bei denen 50 Prozent fehlen würden.“ Die Quote liege derzeit auf das gesamte Gymnasium bezogen bei unter zehn Prozent.
Mittelschule Kümmersbruck
Florian Fuchs, Rektor der Mittelschule in Kümmersbruck, möchte nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht: „Die Vorgaben waren auch vorher schon klar.“ Es habe nie eine Phase gegeben, „in der man nicht gewusst hätte, was man zu tun hat“. Die aktuelle Regelung sei dennoch besser, wie er mit Blick auf die Quarantäne-Vorgaben und einen eventuellen Distanzunterricht sagt: „Ich kann das jetzt relativ zeitnah selbst entscheiden. In einer Phase, in der man weiß, dass das Gesundheitsamt bis zum Rand mit Arbeit eingedeckt ist. Das ist eine praktikable Lösung.“ Auch in Kümmersbruck hielten sich die Fallzahlen aktuell in Grenzen. „So um die acht Prozent“ der Schüler könnten derzeit nicht am Unterricht teilnehmen, von den Lehrerkollegen sei im Moment „nur ein einziger“ nicht im Dienst. Was Florian Fuchs zu dieser Aussage verleitet: „Ich sehe das alles im Moment relativ entspannt.“
Städtische Wirtschaftsschule Amberg
Die Omikron-Welle ist auch an der Städtischen Wirtschaftsschule Friedrich Arnold in Amberg bisher nicht angekommen, wie Leiterin Brigitte Conchedda bestätigt: „Derzeit sind nur zwölf unserer Schülerinnen und Schüler in Quarantäne. Das sind nur drei Prozent.“ Von daher hofft Conchedda, „dass wir von der Umstellung auf Distanzunterricht verschont bleiben.“ Die seit einer Woche geltenden Bestimmungen bezeichnet sie als pragmatische Lösung und sagt: „Damit ist uns ebenso wie dem Gesundheitsamt sehr geholfen.“ Auch die unbürokratische Meldung der positiven Schülerinnen und Schüler via Formular und E-Mail an das Gesundheitsamt vereinfache den schulischen Alltag.
Dreifaltigkeitsgrundschule Amberg
In die Dreifaltigkeitsgrundschule in Amberg, die von Marion Ott geleitet wird, gehen 240 Schüler. 13 von ihnen sind aktuell mit dem Coronavirus infiziert, sechs als Kontaktpersonen in Quarantäne. Auch hier liegt die Quote folglich klar unter zehn Prozent. Die zweite gute Nachricht: „Unsere Lehrkräfte sind derzeit alle da und im Unterricht.“ Kommt es zu einer größeren Häufung von Infektionsfällen, kann Ott für die Dauer von fünf Wochentagen den Distanzunterricht anordnen: „Dies erfolgt in Absprache mit der Schulaufsicht. Das heißt, die Schule hat hier als Entscheidungshilfe das Schulamt an der Seite. Zudem fragen wir bei Unklarheiten bezüglich der Neuregelungen auch am Gesundheitsamt nach.“
Pestalozzi-Grundschule Sulzbach-Rosenberg
In der Sulzbach-Rosenberger Pestalozzi-Grundschule spricht Rektorin Claudia Hammer davon, sich über die „klare Aussage der Regierung“ zu freuen. Schließlich gehe es nicht ohne fremde Hilfe und Anweisungen von außen: „Mein Fachgebiet ist die Schulorganisation, die Personalführung und Unterrichtsentwicklung. Die Einschätzung der Situation bezüglich der Pandemie muss von medizinischen Fachleuten vorgenommen werden.“ Seit September 2021 gibt es in der Pestalozzi-Schule in jedem Unterrichtsraum mobile Raumluftfiltergeräte – auch in der Nachmittagsbetreuung. Hammer: „Dieses Wissen und die Beobachtung, dass es bisher kaum Infektionsgeschehen innerhalb der Klassen gibt, sondern die Infektionsgefahr eher über die Familien kommt, bestärkt mich in der Annahme, dass aktuell die Quarantäneregeln greifen und richtig sind.“ Aufgrund der hohen Belastung der Gesundheitsämter befürworte sie die Entscheidung, dass bei einem massiven Infektionsgeschehen in Absprache mit dem Schulamt Distanzunterricht angeordnet werden kann. Claudia Hammer bezeichnet das als „Notbremse“.
Grundschule Ammerthal
„Ich finde die Entscheidung auch sehr gut“, sagt Rektorin Andrea Konrad über die neuen Handlungsanweisungen aus München. Im Alltag ändere das aber nicht viel: „Natürlich sprechen wir uns aber weiter mit dem Schulamt ab.“ In erster Linie profitiere das Gesundheitsamt davon, wenn Schulleiter nun selbst über das Homeschooling einzelner Klassen entscheiden: „Das Gesundheitsamts hat’s jetzt etwas leichter.“ Trotz steigender Inzidenzen läuten aber auch in Ammerthal die Alarmglocken nicht. Von 77 Kindern nehmen aktuell nur drei wegen Corona nicht am Unterricht teil: „Es sind bei uns wirklich nur Einzelne. Das war schon die ganze Zeit so.“ Andrea Konrad setzt darauf, dass das auch so bleibt: „Wir hoffen wirklich, dass wir den Distanzunterricht vermeiden können.“
Walter-Höllerer-Realschule Sulzbach-Rosenberg
Martin Zimmermann, Chef an der Walter-Höllerer-Realschule in Sulzbach-Rosenberg, blickt ein Jahr zurück: „Da war noch eine Inzidenz von 100 ausschlaggebend. Wir haben jeden Freitag auf die Meldung gewartet, ob der Landkreis drüber oder drunter liegt.“ Davon sei abhängig gewesen, ob die Abschlussklassen im Präsenzunterricht bleiben dürfen, während alle anderen in den Genuss von Homeschooling kommen. Nun seien aber alle flächendeckend in der Schule, trotz einer Inzidenz von über 1600: „Das hat man sich vor einem Jahr gar nicht vorstellen können.“ Auch in der Sulzbach-Rosenberger Realschule bewege sich die Summe aller fehlenden Schüler im einstelligen Prozentbereich. Für Zimmermann ein Indiz dafür, dass die Regelungen und Konzepte greifen. Die Stichwörter: Lüften, Maske, Abstand und Tests.
Überhaupt sei die Schule bisher „gut durch alle Wellen“ gekommen. Das liege auch an der Rolle der Eltern: „Seit dem ersten Tag haben wir vertraulich zusammengearbeitet. Wenn sich Eltern nicht sicher waren, haben wir immer vereinbart, dass sie ihr Kind lieber mal einen Tag oder zwei Tage daheim lassen.“ Seit Beginn der Pandemie vor fast zwei Jahren habe es an der Walter-Höllerer-Realschule „immer nur Einzelfälle“ geben. Mit den neuen Vorgaben aus München könne er deswegen „total entspannt“ umgehen, sagt Zimmermann und fügt mit Blick auf die ihm zusätzlich übertragene Verantwortung in Sachen Distanzunterricht hinzu: „Als Schulleiter musst du Entscheidungen treffen. Das weiß man vorher.“
Schulen und Corona: 9. Februar im Vergleich
- Vor zwei Jahren: Am 9. Februar 2020 waren Amberg und Amberg-Sulzbach noch Corona-freie Zonen. Alle Schulen waren folglich offen. Der erste Corona-Fall in der Region wurde am 5. März gemeldet.
- Vor einem Jahr: Am 9. Februar 2021 lag die Inzidenz in Amberg bei 99,5, in Amberg-Sulzbach bei 63,1. Alle Schulen waren im Distanzunterricht. Ab dem 22. Februar gab es für die Klassen 1 bis 4 sowie für alle Abschlussklassen Wechselunterricht oder Präsenzunterricht. Für alle anderen galt Distanzunterricht.
- Heute: Die Inzidenzen liegen bei 1878,6 (Stadt Amberg) und 1605,9 (Amberg-Sulzbach). Alle Klassen befinden sich im Präsenzunterricht.
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