Susan Batten-Seidl geht es wie vielen ihrer Landsleute, die um die vor eineinhalb Wochen gestorbene britische Monarchin trauern. "Sie wird mir fehlen", sagt die Ambergerin über Elizabeth II., die 70 Jahre auf Englands Thron saß. Dass das Königreich kollektiv trauert, zigtausende Menschen stundenlang geduldig anstehen, um am aufgebahrten Sarg der Königin – sei's in der St.-Giles-Kathedrale Edinburgh am Montag oder in Westminster Hall in London ab Mittwochabend – Abschied zu nehmen von der Monarchin, können die gebürtigen Britinnen Susan Batten-Seidl und Marjorie Friedl nachvollziehen.
"Sie war immer da, unser ganzes Leben lang. Sie wird vermisst wie ein Elternteil", sagt Susan Batten-Seidl und spricht aus, was viele ihrer Landsleute fühlen. Abgesehen von ihren traditionellen Weihnachtsansprachen hat sich die Queen in ihrer 70-jährigen Regentschaft nur fünfmal mit einer außerordentlichen Rede an ihr Volk gewandt. Eine bleibt Batten-Seidl besonders in Erinnerung: Jene, in der die Monarchin im April 2020 den Menschen in der Corona-Krise Mut zugesprochen und Hoffnung gemacht hatte. "Das fand ich sehr bewegend."
Stabilität und Kontinuität
Nur zu gut kennt Susan Batten-Seidl, die in Abergavenny geboren wurde und deren Tochter und Enkel in Manchester leben, die Probleme, mit denen Großbritannien aktuell zu kämpfen hat: Folgen des Brexit, Energiekrise, massiv gestiegene Preise. Für viele im Vereinigten Königreich stehe die Monarchie für Stabilität und Kontinuität, die verstorbene Queen für moralische Standards. "Wir trauern auch um eine Zeit, in der die Welt noch in Ordnung war."
Marjorie Friedl aus Sulzbach-Rosenberg hat in den vergangenen Tagen viel BBC geschaut, die fast nonstop über die verstorbene Queen, die nationale Trauerzeit und den Thronwechsel berichtet. Und natürlich hat sie auch die erste Ansprache des neuen Königs an die Nation gesehen. "Es wird für Charles sehr schwer", sagt Marjorie Friedl angesichts der überaus großen Beliebtheit der Queen. Begeistert seien die Briten von ihr gewesen: "Sie haben sie sehr bewundert, aber nicht wie einen Popstar. Sie haben sie respektiert und geliebt." 1952, als Elizabeth II. Königin wurde, "war sie eine junge hübsche Frau", erklärt Marjorie Friedl. Auch das sei ein Pluspunkt gegenüber Charles, der 73-jährig auf den Thron gefolgt ist.
Jede Generation Briten habe Elizabeth II. in ihrer langen Regentschaft anders erlebt, "aber alle haben ihre menschlichen Qualitäten erkannt", sagt Friedl, die an der Queen am meisten deren enormes Pflichtbewusstsein bewundert hat und dass sie bei einem Besuch in Nordirland "zwei ehemaligen Terroristen der IRA" die Hand gegeben habe. Für Marjorie Friedl war es die Königin, die die "ganze Nation vereint hat, durch alle Schichten hindurch".
In Schottland sehr beliebt
Sicher sind sich Susan Batten-Seidl und Marjorie Friedl, dass Wales und Schottland weiterhin im Vereinigten Königreich bleiben werden. Bei Nordirland hingegen ist sich Friedl nicht sicher. "Da sehe ich ein ganz großes Fragezeichen", gesteht sie. Die Britinnen glauben aber, dass sich das ein oder andere Land aus dem Commonwealth of Nations lösen werde. Als Waliserin ist Susan-Batten Seidl sehr angetan, dass der Monarch Walisisch spricht. "Charles ist in Schottland sehr beliebt", sagt Marjorie Friedl und erwähnt Charles' Arbeit für Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit. "Da war er ein Vorreiter." Ein Aspekt, der auch Susan Batten-Seidl sehr gut gefällt. "Das fand ich immer sehr angenehm", sagt sie über dieses Engagement und hofft, Charles werde diesbezüglich auch künftig "ein bisschen Einfluss haben".
Marjorie Friedl erzählt von Dumfries House, ein Herrenhaus aus der Mitte des 18. Jahrhunderts in der Gegend, aus der sie stammt. Dieses habe Charles nicht nur gerettet, sondern mit Hilfe von Investoren auch in ein Zentrum für junge Menschen, Erwachsene und ältere Menschen verwandelt. Und eine ganze Gemeinde, die einst vom Kohlebergbau lebte, wiederbelebt. Nahe von Schloss Balmoral in den schottischen Highlands war einmal Friedls in Schottland lebender Bruder beim Wandern – und sah auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses die Queen, die in Begleitung eines Leibwächters spazieren ging.
Wer die Queen nicht getroffen oder aus nächster Nähe erlebt hat, für den war sie im Alltag doch allgegenwärtig: auf Briefmarken, Münzen oder Geldscheinen. Umgewöhnen müssen sich die Briten auch künftig bei der Nationalhymne: Statt "God save The Queen" heißt es jetzt "God save The King". "Das ist schon eine große Umstellung", sagt Marjorie Friedl. Für Susan Batten-Seidl hat es sich komisch angefühlt, das erste Mal die Nationalhymne in geänderter Form zu singen. Und manchmal, ja da ertappt sie sich, dass sie noch vom Prince of Wales spricht – obwohl der jetzt King Charles III. ist.
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