Nachdem in der Ukraine weiterhin Krieg geführt wird und Wladimir Putin auch zu Ostern eine Waffenruhe abgelehnt hat, suchen einige orthodoxe Ukrainer besonders während dieser Zeit Halt in ihrem Glauben. "Christus ist auferstanden, dann wird auch die Ukraine auferstehen", sagt die 31-jährige Katharyna Shepelevych, die allein aus der Ukraine geflüchtet ist, bis Polen mit dem Auto und von dort aus mit dem Zug nach Deutschland.
Sie ist eine der zehn Frauen, die den orthodoxen Ostergottesdienst am Montag, 25. April, in Fockenfeld bei Konnersreuth besuchen. Lediglich ein Mann im Rollstuhl ist anwesend. Die Besucherinnen sitzen in kleinen Gruppen oder einzeln auf den Bänken. Die Gemeinschaft sei wichtig, doch in der Kirche gehe es den meisten darum, ihre Gedanken zu sortieren und sich an Gott zu wenden, erklärt die junge Frau. Der Glaube sei etwas sehr individuelles und unterstütze sie in dieser schwierigen Zeit.
Pfarrer aus Franzensbad
Vielen blieben nun hauptsächlich ihre Seele, die Traditionen und die Kirche. Nichts zu tun, ist für die Ukrainerin keine Möglichkeit. Niemals hätte sie gedacht, einen Krieg zu erleben. Es sei unrealistisch und unnötig. "Ich habe keine Wahl, ich lebe weiter", fügt Shepelevych hinzu. Gemeinsam mit den anderen betet sie für ihre jeweiligen Familien, ihr Land und die Menschen, die noch dort sind. Während des Gottesdienstes und des Gesprächs fließen vereinzelt Tränen.
Knapp zwei Stunden spricht und singt Vater Method, ein orthodoxer Pfarrer aus Franzensbad, auf Kirchenslawisch. Ähnlich wie beim Lateinischen handelt es sich dabei um eine "tote" Sprache, die den orthodoxen Christen aus Tschechien, der Ukraine und Russland jedoch größtenteils verständlich ist. "Christus ist auferstanden", ruft er der Gemeinde zu. "Er ist wahrhaftig auferstanden", antwortet diese und unter die Tränen mischen sich lächelnde Gesichter.
Es sei eine sehr dynamische Liturgie, erklärt Vater Method nach dem Gottesdienst im belebten Speisesaal, wo sich auch viele Kinder und Jugendliche aufhalten. Eine der freiwilligen Helferinnen bei der Essensausgabe erzählt, dass sie alle zum Osterfest am Sonntag eingeladen waren. Die ukrainischen Frauen hatten aufwendig die Tische geschmückt, vor allem mit Pflanzen und Gemüse, und in volkstümlicher Tradition wurden gemeinsam künstlerisch die Ostereier gefärbt.
Kommunikation als Schlüssel
Der Kontakt zu den Ukrainern ist für den Pfarrer nichts Neues. In Franzensbad seien ungefähr 400 Flüchtlinge untergebracht, davon zwei Familien im Pfarrhaus. Man treffe sich überall, in der Kirche und auf dem Spielplatz. Aufgrund der sprachlichen Nähe sei es für die Ukrainer leichter, sich in Tschechien zu verständigen. Zwischen den Ländern bestehe bereits eine enge Verbindung, die nun weiter wachse, da schon vor dem Krieg viele Ukrainer in Tschechien lebten.
Katharyna Shepelevych sagt, dass sie in Polen und Deutschland herzlich aufgenommen wurde. An Spaß und Freude sei diese Ostern zwar nicht zu denken, doch durch die Hilfsbereitschaft fühle sie sich weniger allein auf der Welt. Sie selbst war noch in der Ukraine, als die ersten Bomben fielen. Die Kinder einer Freundin, die dies ebenfalls erlebt haben, seien traumatisiert.
In der Osterzeit versuchte sie, vor allem mit ihrer Familie in ihrer Heimat und den Ukrainern in Fockenfeld in Kontakt zu kommen. Kommunikation sei der Schlüssel. Deshalb sieht sie auch den Deutschunterricht in der Unterkunft als große Chance, vor allem für die Kinder. Auch wenn die Umstände schrecklich seien, für die Verständigung zwischen den Ländern sei der Sprachunterricht von großem Vorteil. Zumal die 31-Jährige hofft, dass spätestens die Kinder die Ukraine wieder aufbauen werden.
Das orthodoxe Osterfest
- Weil sich viele orthodoxe Christen nicht am gregorianischen, sondern am julianischen Kalender orientieren, findet ihr Osterfest in der Regel später statt als das katholische und evangelische Ostern.
- Vor dem Osterfest gibt es eine strenge Fastenzeit.
- Gottesdienste finden in Tschechien, der Ukraine und Russland meist auf Kirchenslawisch statt.
- Es gibt verschiedene Nationalkirchen mit eigenen Patriarchen.
- Das Kreuz und Ikonen werden im orthodoxen Christentum, das sich 1054 von der katholischen Kirche getrennt hat, geküsst. Der Priester darf heiraten.
- In Franzensbad befindet sich die älteste orthodoxe Kirche Tschechiens.
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