Josef Braun aus Nagel erzählt: Vom Glück einer lehrreichen Ausbildung

Nagel
09.02.2022 - 14:12 Uhr
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Josef Braun aus Nagel lernte Anfang der 1950er Jahre das Handwerk des Huf- und Wagenschmiedes. Noch heute schwärmt der 84-Jährige von seiner Ausbildung. Auch wenn es den Beruf längst nicht mehr gibt.

Josef Braun demonstriert die richtige Haltung des Glücksbringers Hufeisen: Die Öffnung muss nach oben zeigen, damit das Glück hineinfallen kann.

„Der Letzte seines Standes“ war eine Doku-Fernsehreihe des Bayerischen Rundfunks. Jahrhundertealte Handwerksberufe wurden porträtiert. Als vielleicht Letzter seines Standes könnte Josef Braun gelten. Er stammt aus dem Nagler Ortsteil Reichenbach und lernte von 1952 bis 1955 das Handwerk des Huf- und Wagenschmiedes. Ausbildungsstätte war die Firma Bescherer in Röslau.

Der in wenigen Wochen 85-Jährige erinnert sich an seine Lehrzeit: „Ich verspüre heute noch große Freude und Dankbarkeit, wenn ich daran denke, dass ich den Beruf als Huf- und Wagenschmied erlernen durfte. Auch wenn die Tätigkeit später eingestellt werden musste, habe ich dabei so viel gelernt, dass ich mich im Berufsleben behaupten konnte.“ Die Lehrjahre waren keine Herrenjahre. Josef Braun schildert: „Zwei Watsch'n musste ich einstecken: Die erste, als ich einen 'blauen Montag' einlegte und ich in der Arbeit nicht die Wahrheit sagte.

Ausgerechnet an diesem Montag gab es in der Berufsschule das Zwischenzeugnis, das der Meister abholte und ich musste die Wahrheit gestehen. Die zweite Ohrfeige setzte es, als ich einen Kunden in der Werkstatt nicht mit 'Sie' anredete.“ Ansonsten sei er jeden Tag mit Freude in die Arbeit gegangen.

Alles musste passen

Da war vor allem die Genauigkeit, mit der ein Eisenreifen auf ein Holzrad gesetzt werden musste. Es musste alles ganz genau passen. Zum anderen erforderte die Tätigkeit des Hufschmiedes, dass ein Hufeisen dem Huf des Pferdes angepasst werden musste. Dies war nicht immer einfach. Beweglichkeit und Einfallsreichtum waren gefordert, weil das eiserne Hufeisen selten dem lebenden Huf eines Pferdes genau passte.

Nach einigen Jahren als Geselle wurde sehr schnell deutlich, dass der Beruf des Huf- und Wagenschmieds keine Zukunft hat. Rasant setzte der Wandel ein, es mangelte an Aufträgen. "1 PS" wurde abgelöst vom mehrfachen PS-Motor: Der Ackergaul musste dem Traktor weichen. Noch deutlicher wurde der Wandel, als die eisenbeschlagenen Holzräder durch Gummiräder ersetzt wurden. Der industrielle Fortschritt krempelte auch das Arbeitsleben um. Josef Braun musste reagieren und sich von der liebgewordenen Tätigkeit als Huf- und Wagenschmied verabschieden.

Nützliche Ausbildung

Josef Braun betont immer wieder, dass seine Ausbildung bei seinen weiteren Tätigkeiten im Wasserleitungsbau, als Installateur oder im Heizungsbau nützlich war. „Die Fertigkeiten, die ich dort erworben hatte, konnten in jeder Situation eingesetzt werden und so bin ich bis heute dankbar, diesen Beruf ergriffen zu haben, auch wenn die Zeit ihn überflüssig machte“, sagt er. Die körperlichen Anstrengungen und Belastungen haben ihre Spuren hinterlassen. Heute verbringt Josef Braun seinen Lebensabend im Seniorenheim in Neusorg meist im Rollstuhl.

Bis heute begleitet ihn geradezu wie ein Symbol das Hufeisen. „Man muss aber das Hufeisen richtig halten und aufhängen. Wenn es Glück bringen soll, muss die Öffnung nach oben zeigen; denn das Glück kommt von oben und braucht eine Öffnung, um hineinfahren zu können.“

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Mehlmeisel04.02.2022

„Ich verspüre heute noch große Freude und Dankbarkeit, wenn ich daran denke, dass ich den Beruf als Huf- und Wagenschmied erlernen durfte. Auch wenn die Tätigkeit später eingestellt werden musste, habe ich dabei soviel gelernt, dass im mich im Berufsleben behaupten konnte.“

Josef Braun über seine Ausbildung

 
 

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