Von Matthias Bäumler
Edeka baut zwischen Lorenzreuth und Thölau das modernste Logistikzentrum Deutschlands. Allein die Grundstücksfläche entspricht rund 66 Fußballfeldern.
Bei einem Rundgang auf der Baustelle lässt der sonst sachliche Logistik-Geschäftsbereichsleiter für Nordbayern-Sachsen-Thüringen, Karsten Ecker, seiner Begeisterung freien Lauf. „Da tut sich richtig was“, sagt er mit Blick auf das Gewusel zwischen tonnenschweren Dachträgern aus Holz, Hebebühnen, Betonmischmaschinen und Lastwagen. „Es ist aktuell die größte Baustelle Nordbayerns, wir stellen hier die größte Holzkonstruktion Deutschlands auf und werden deutschlandweit über die modernste Intralogistik verfügen“, zählt er einige der Superlative auf.
Im Grunde gleicht die Montage der miteinander verbundenen Hallen – alleine die sogenannte Frische wird rund 130 Meter lang und bis zu 120 Meter tief – einem riesigen Modellbausatz. Zunächst montieren die Betonbauer die tragenden Säulen und Seitenwände aus Beton, Holz oder in einer hybriden Bauweise aus Holz und Beton. Auf diese bauen die Zimmerleute die hölzerne Dachkonstruktion aus vorgefertigten Leimholz-Teilen. Deren Ausmaße sind gigantisch. Die Handwerker wirken angesichts der Balken beinahe winzig.
„Die Binder sind komplett aus Holz, das übrigens überwiegend aus Bayern stammt. Ja, und es ist tatsächlich der Bau mit den größten Holzträgern Deutschlands“, so Christian Thürk, Geschäftsbereichsleiter Bau bei Edeka.
28.000 verschiedene Artikel
MAK 2.0, so der inoffizielle Name des Neubaus, soll in den nächsten Jahren den alten Standort in Lorenzreuth ablösen. Zug um Zug laufen bis dahin die unterschiedlichen Abteilungen weit draußen vor der Stadt an: Das Trockensortiment, Feinkost, Obst und Gemüse sowie die Tiefkühlware. Dazu kommt noch das Leergutlager. Während Marktredwitz 1.0 über eine Lagerkapazität von etwa 35.000 Quadratmetern verfügt, sind es im neuen Logistikzentrum über 100.000 Quadratmeter. Statt 18.000 Artikel kommissionieren die Maschinen und Mitarbeiter im kombinierten Regional- und Zentrallager künftig 28.000 verschiedene Artikel für bis zu 1000 Märkte in der kompletten Region Nordbayern-Sachsen-Thüringen. Insgesamt, so Karsten Ecker, soll das neue Logistikzentrum fast doppelt so viele Direktkunden im Ausliefergebiet Marktredwitz beliefern wie das alte.
Robotertechnik
Ein großer Teil der Prozesse im neuen Lager wird automatisiert. Dabei setzt Edeka auf die Expertise des weltweit agierenden Spezialisten Witron aus Parkstein im Landkreis Neustadt/Waldnaab. Das Branchen-Fachblatt „Lebensmittelzeitung“ zeigte sich jüngst in einem Beitrag begeistert: „Das hebt die Logistik in der Region auf ein neues Level, denn sie kann Paletten künftig automatisiert und regalgerecht packen.“ Heißt: Die Robotertechnik ermöglicht das automatische Kommissionieren individuell zugeschnitten auf die Einrichtung jedes Edeka-Marktes. „Das führt zu optimierten Laufwegen beim Verräumen der Ware im Markt. Zudem lassen sich dadurch die Lastwagen um 20 Prozent besser auslasten.“ Die Sorge, dass bei all der Automatisierungstechnik bald keine Menschen mehr notwendig sind, hält Stefan Winter, Teilprojektleiter Logistik von „MAK 2.0“, für unbegründet. Das Gegenteil sei der Fall: „Derzeit sind im Lager in Lorenzreuth 450 Frauen und Männer beschäftigt. Wenn das neue Logistikzentrum fertig ist, arbeiten hier bis zu 600 Mitarbeiter.“ So werde es noch einige Regale geben, in denen Menschen per Hand kommissionieren müssen. „Wir benötigen Anlagenbediener, die die Technik beobachten und kleinere Maßnahmen treffen können, etwa wenn ein Paket auf dem Förderband verkantet ist oder Sensoren zu korrigieren sind.“ Dazu kämen Mitarbeiter in der Prozesssteuerung, in der Verwaltung, der Haustechnik oder der Reinigung.
Wachsen wird laut Gesamtprojektleiter Victor Münch der Bedarf an Berufskraftfahrern. „Notwendig sind 150 Fahrer. Diese zu finden, ist eine der großen Herausforderungen. Daher bieten wir interne Umschulungen an, damit Interessierte den dafür notwendigen Führerschein erwerben können.“
Logistikleiter Karsten Ecker spricht von etwa 400 Lkw täglich am Standort. „Diese können von hier aus auf die A 93 oder die B 303 gelangen, ohne erst durch einen Ort fahren zu müssen.“ Edeka ist von Anfang an Mitglied der Wasserstoffregion Fichtelgebirge und will langfristig die komplette Lastwagenflotte auf den kohlendioxid-neutralen Kraftstoff umstellen – sobald europäische Hersteller entsprechende Modelle auf den Markt bringen. Bis dahin will der Konzern am modernsten Standort in Marktredwitz überwiegend auf Bio-LNG setzen. Dabei handelt es sich um flüssiges Biomethan, also einen bei vollständiger Verbrennung klimaneutralen Kraftstoff aus verflüssigtem regenerativ erzeugten Methan. Schon jetzt sind drei Gigaliner zwischen den Lagerstandorten Marktredwitz, Berbersdorf und Gochsheim unterwegs. Durch den Einsatz dieser jeweils 25,25 Meter langen Laster – normale sind 18,75 Meter lang – könnten Lkw-Fahrten eingespart werden.
Auch wegen des Verkehrsaufkommens haben die Planer die leichte Hanglage des Geländes genutzt und in Richtung Norden entlang der Lkw-Werksstraße einen Wall modelliert, der dem Lärmschutz dient.
Zurück auf die Baustelle. Schon jetzt ist in den im Rohbau fertigen Hallenkomplexen der „Catwalk“ zu sehen. Dieser durchzieht alle Lager auf Höhe des ersten Stocks. Von hier aus haben die Mitarbeiter das Geschehen im Warenein- und -ausgang im Blick. Das 36 Meter hohe Hochregallager für das Trockensortiment hat eine Kapazität für rund 50.000 Paletten. Während die Gebäudehülle des Frische-Lagers so gut wie fertig ist, beginnt im Sommer in diesem Bereich die Installation der europaweit modernsten Intra-Systemlogistik. Dies dauert etwa ein Jahr. Läuft alles nach Plan, wird das Lager Mitte 2024 in Teilbereichen den Betrieb aufnehmen.
200 Arbeiter auf der Baustelle
Derzeit sind etwa 200 Arbeiter auf der Baustelle: Fassadenmonteure, Elektriker, Techniker für die Sprinkleranlage. In wenigen Wochen kommen die Logistikspezialisten von Witron hinzu. Neben all der hochautomatisierten Förder- und Robotertechnik erwähnt Karsten Ecker immer wieder das Holz, das ein gutes Raumklima in den Hallen schaffen werde.
Wie Victor Münch erläutert, sind im neuen Logistikzentrum alle Gebäudeteile und Prozesse so optimiert, dass sie möglichst wenig Energie verbrauchen, was angesichts des Strombedarfs, zum Beispiel für die Kühlung der Lebensmittel, enorm anspruchsvoll gewesen sei.
Daten und Fakten zu Edeka
- Mitarbeiter: Im Logistikzentrum in Lorenzreuth sind aktuell 450 Mitarbeiter beschäftigt. Wenn das neue Logistikzentrum Mak 2.0 fertig ist, werden hier bis zu 600 Männer und Frauen tätig sein.
- Hallenfläche: Edeka kann künftig im neuen Logistikstandort auf einer Fläche von 100.000 Quadratmetern Waren lagern. In Lorenzreuth stehen 35.000 Quadratmeter zur Verfügung.
- Verkehrsaufkommen: Am neuen Logistikstandort wird es täglich 400 Lastwagenfahrten geben (200 Ein- und 200 Ausfahrten).
- Catwalk: Durch den gesamten Hallenkomplex zieht sich auf Höhe des ersten Stocks ein sogenannter Catwalk, von dem aus die Mitarbeiter den Warenein- und Ausgang im Blick haben.
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