Mit Podcast: 330 Tage auf Abruf bei der Feuerwehr – ein Leben in Alarmbereitschaft

Nabburg
12.01.2023 - 15:40 Uhr
OnetzPlus

"Er ist immer an mir", sagt Tobias Willax über seinen Funkmelder. Der Nabburger Feuerwehrmann führt seit 14 Jahren ein ehrenamtliches Leben in Alarmbereitschaft – doch so einen heftigen Waldbrandsommer wie 2022 hat er noch nie erlebt.

Im Gespräch mit Tobias Willax

Tobias Willax versucht am Vormittag gleich alle Tagesaufgaben wegzuarbeiten. Denn der selbstständige Elektro-Maschinenbauer aus Nabburg (Landkreis Schwandorf) weiß ganz genau: Ab spätestens 14 Uhr geht es wieder los mit den Einsätzen. Dann wird er seine Arbeitsmontur gegen die Feuerwehruniform eintauschen. Er arbeitet also vor. Denn: "Jeder Einsatz bedeutet für mich Überstunden", sagt er.

So sah Tobias Willax' Alltag im vergangenen Sommer aus – einem Sommer, in dem die Oberpfälzer Wälder und Felder brannten. "Am Nachmittag ist ein Alarm nach dem anderen gekommen", blickt der 32-Jährige auf die heißen Monate des Jahres 2022 zurück. Es waren Einsätze, die an der Substanz genagt haben. Unwegsames Terrain und die Hitze machten Willax und seinen Kollegen vor allem zu schaffen: "Es kommt von oben die Sonne, von vorne kommt das Feuer." Er ist seit 20 Jahren Mitglied bei der freiwilligen Feuerwehr in Nabburg. Seit 14 Jahren rückt er aktiv mit aus. So einen Sommer wie den vergangenen habe er aber noch nie erlebt.

Das Problem: Brände in der Natur nehmen beim Löschen im Normalfall deutlich mehr Zeit in Anspruch als Wohnhausbrände. "Hier reden wir schon über Stunden", erklärt Andreas Ringlstetter. Er ist Kreisbrandmeister des Landkreises Schwandorf für den Bereich Nabburg. Bis zu 30 Mal seien 2022 die Einsatzkräfte alleine im nördlichen Landkreis Schwandorf wegen Flächen- oder Waldbränden ausgerückt.

Hitze und starke Winde

"2022 war schon ein außergewöhnliches Jahr", bestätigt Fredi Weiß und meint damit ebenfalls die hohen Einsatzzahlen bei Vegetationsbränden. Er ist Vorstand des Bezirksfeuerwehrverbands Oberpfalz und Kreisbrandrat für den Landkreis Amberg-Sulzbach. "Du kommst da mit dem Löschen gar nicht mehr nach", beschreibt er die Situation im vergangenen Sommer. Die Trockenheit in der Kombination mit außergewöhnlich starken Winden – das seien die Gründe für viele schwer zu löschende Brände in Wäldern und auf Wiesen gewesen. Und: Es handelte sich um ein flächendeckendes Problem. "Es waren alle Landkreise in der Oberpfalz betroffen", erklärt Weiß. Er wäre zwar vorsichtig, daraus abzuleiten, dass die Vegetationsbrände künftig in jedem Jahr diese oder schlimmere Ausmaße erreichen werden. "Aber feststeht auch: Wir merken den Klimawandel." Großwetterlagen wie Starkregen und Hochwasser oder Dürre würden nun immer häufiger auftreten.

Die Tendenz ist also klar. Die Einsatzzahlen nehmen zu. Waren es zuvor durchschnittlich 50 bis 80 Einsätze im Jahr, hat sich die Zahl laut Andreas Ringlstetter innerhalb der letzten fünf Jahre auf rund 90 bis 110 Einsätze bei der Nabburger Feuerwehr erhöht. 2022 rückte sie sogar 112 Mal aus. Bei 99 Einsätzen war Tobias Willax mit am Start. "Er ist immer an mir", sagt der 32-Jährige über seinen Funkmelder. Bis zu 330 Tage im Jahr hat er ihn aktiviert. Tobias Willax führt ein freiwilliges und ehrenamtliches Leben in Alarmbereitschaft. Nur wenn er im Urlaub ist, gönnt er sich eine Verschnaufpause.

Suche nach Führungskräften

"Der Tobi ist schon eine Ausnahme", sagt Andreas Ringlstetter und fügt hinzu: "Er hat eben auch den Vorteil, dass er vor Ort wohnt und arbeitet." Die Nabburger Feuerwehr kann die Alarmbereitschaft aktuell zwar aufrechterhalten, doch spürt auch sie wie alle anderen Feuerwehren in der Oberpfalz die neuen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt.

"Im Beruf ist Flexibilität gefordert", sagt Feuerwehr-Bezirksverband-Vorstand Fredi Weiß. Überstunden stünden an der Tagesordnung, Auslandseinsätze würden zunehmen, genau wie die Zahl der Berufspendler. "Es wird auch immer schwieriger, Führungskräfte zu finden." Als Feuerwehrkommandant wird man nämlich auf sechs Jahre gewählt. Und die geforderte Flexibilität am Arbeitsmarkt hemme mögliche Kandidatinnen und Kandidaten bei dieser langen Amtszeit, berichtet Weiß.

Tobias Willax will dagegen weiter Verantwortung bei der Feuerwehr übernehmen. In Nabburg gehört er zum Vorstandsteam. Ans Aufhören denkt er sowieso noch lange nicht. "Ich hoffe, ich kann es noch lange machen", sagt der 32-Jährige, der rund 330 Tage im Jahr auf Abruf steht – und zur Not nimmt er eben für seine vielen ehrenamtlichen Einsätze noch mehr Überstunden in Kauf.

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Weiden in der Oberpfalz15.12.2022
Hintergrund:

Oberpfälzer Feuerwehren in Zahlen

  • aktive Einsatzkräfte: 44 873
  • davon Frauen: 6358
  • Jugendgruppen: 904
  • Jugendliche: 9035
  • davon Mädchen: 3174
  • Kinderfeuerwehren: 111
  • Anzahl Kinder: 1961
  • Einsätze gesamt: 17 160
  • davon Brände: 3302
  • davon technische Hilfeleistung: 11 848
  • davon Sicherheitswachen: 378
  • sonstige Einsätze: 1632

Bezugszeitraum: 2021

 
 

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