Auf Einladung von Bürgermeister Rudolf Teplitzky kamen am Donnerstag rund 140 Bürger ins Emil-Kemmer-Haus, um Informationen aus erster Hand über den geplanten Trägerwechsel am Krankenhaus Oberviechtach zu erhalten. Nach Infos über die angepeilten Ziele standen Vertreter von Klinik, IWG und Landkreis eineinhalb Stunden Rede und Antwort.
Die Pläne
Der Kaufvertrag zwischen Asklepios und der IWG ist geschlossen; der Trägerwechsel zum 1. April 2023 angepeilt (Landkreis Schwandorf hat ein Vorkaufsrecht). Acht behördliche Zustimmungen stehen noch aus, darunter die Aufnahme in den Krankenhausplan des Freistaates und die Umschreibung des Förderbescheids von Asklepios auf die IWG (22 Millionen Euro für Klinikneubau). Arbeitgeber für Pflegepersonal und Ärzte wird die IWG; Klinikmanager bleibt Asklepios (Zehn-Jahres-Vertrag mit beidseitigen Kündigungsrecht nach fünf Jahren). Der Altbau soll als ambulantes Ärztehaus (Facharztpraxen und gesundheitsnahe Dienstleistungen) stehenbleiben; hier ist die IWG der alleinige Ansprechpartner.
Das sagt der Bürgermeister
"Wir alle sind heute da, weil wir das Krankenhaus benötigen und schätzen", sagt Bürgermeister Rudolf Teplitzky mit Blick auf den vollen Saal. Wie er bei seiner Anmoderation feststellt, sei das Thema des Abends, wie es in Oberviechtach weitergeht, "und nicht die Krankenhausreform-Pläne auf Bundesebene." Teplitzky findet das Konzept der IWG gut. "Ich kenne das Krankenhaus noch als Zivi mit vollen fünf Stockwerken. Das wünschen wir uns wieder." Und er gibt zu bedenken: "In Vohenstrauß, Neunburg und Nabburg wurden die Kliniken geschlossen, wir können froh sein, dass Oberviechtach noch ein Krankenhaus hat."
Das sagt die IWG
"Wir sind keine Heuschrecke", sagt Vorstand Uwe Natter und stellt die IWG-Unternehmensgruppe aus Gießen als mittelständisches Unternehmen mit 93 Mitarbeitern und 20 Jahre Erfahrung in der Führung und Weiterentwicklung von Ärzte- und Gesundheitszentren vor. "Wir sind ein Beratungs- und kein Bauunternehmen."
Warum kauft die IWG ein defizitäres kleines Krankenhaus am Land? "Bisher konnte die IWG Arztpraxen nur vermieten, als Inhaber eines Krankenhauses kann sie sich deutschlandweit an Arztpraxen beteiligen", erklärt Natter. Das Unternehmen verspreche sich viel vom Pilotprojekt und plane verschiedene Kooperationen, "auch um Facharzt-Sitze hierher zu verlegen". Er nennt als Beispiel Radiologen und Gastroenterologen. Daneben gebe es bereits konkrete Verhandlungen mit einem Augenarzt, der 220 Quadratmeter im Altbau anmieten und die Praxis noch Ende des Jahres eröffnen wolle. Am Ärztehaus selber könnten sich auch Privatpersonen in Stückelungen finanziell beteiligen.
kommt auf die Mitarbeiter zu? "Wir haben heute dem Betriebsrat mitgeteilt, dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben, ebenso alle Leistungsspektren und alle Abteilungen", so Vorstand Uwe Natter. Die Übergangsregelung für die Notfallversorgung laufe im Mai aus, "soll aber bleiben". Das Problem liege darin, Mitarbeiter vorhalten zu müssen. "Wir prüfen bezüglich der Finanzierung, ob wir eine höhere Versorgungsstufe hinbekommen."
Christian Höftberger, designierter Vorstand der IWG-Krankenhausverwaltung GmbH mit Sitz in Oberviechtach (geplant erstes Quartal 2023) sieht das Vorhaben als Modell für die Netzwerk-Medizin. "Hier verbinden sich Kernkompetenzen." Höftberger war zehn Jahre beim Asklepios-Konzern in Hessen und danach bei den Rhön-Kliniken beschäftigt.
Das sagen die Bürger
Unter den 16 Wortmeldungen, mit weit mehr als 30 Fragen, gibt es auch einige kernige Aussagen von Bürgern, die mit Applaus bedacht werden. Herrmann Deyerl: "Wenn Asklepios und IWG Geld aus dem Krankenhaus ziehen, warum ist dazu nicht auch der Landkreis imstande?" Stadtrat und Anästhesist Dr. Günter Gilch: "Schon vor zwölf Jahren wurde im Kreistag erzählt, wie es mit Asklepios aufwärts geht. Übrig geblieben ist ein Abbruch. Wie toll es aufblühen wird, kann ich nicht glauben." Siegfried Rossmann: "Was ist, wenn die IWG pleite geht? Der Landkreis sollte die IWG-Pläne schriftlich fixieren und auch die alten Asklepios-Verpflichtungen aufnehmen." Josef Bauer: "Wir Bürger können Infrastruktur erwarten. Ein Krankenhaus muss sich nicht rentieren, dafür zahlen wir Steuern."
Die IWG ist als neuer Träger nur ein Jahr lang an die Personalverträge gebunden. Alice Böhm, Betriebsratsvorsitzende in einer Klinik im Landkreissüden zur IWG: "Wenn Sie die Mitarbeiter halten wollen, müssen Sie schon jetzt ein gutes Angebot machen. Sonst sind viele weg."
Das sagt Asklepios
"Das Krankenhaus und die Weiterentwicklung des Standorts liegt uns am Herzen", stellt Regionalgeschäftsführer Johann Bachmeyer fest und verweist auf den 2021 eingegangenen Förderbescheid. "Wir werden den Neubau weiter begleiten." Bachmeyer erklärt nach einer Frage aber auch: "Ein Krankenhaus in dieser Größe kann man nicht wirtschaftlich betreiben", von den 40 Betten seien meist nur 17 bis 22 belegt. Das Defizit pro Jahr beziffert er auf knapp eine Million Euro. Von der Verzahnung mit ambulanten Praxen erhoffe er sich nun eine Stärkung für den Standort.
Das sagt der Landrat
"Der Landkreis übernimmt auch weiterhin 300 000 Euro am jährlichen Defizit des Krankenhauses", informiert Landrat Thomas Ebeling. Räume seien nicht mehr bedarfsgerecht, Strukturen haben sich geändert. Er stellt aber klar: "Der Kreis muss nicht einspringen, wenn eine Klinik nicht in ihrem Bestand gefährdet ist." Zum vielfach geäußerten Bürgerwunsch, die Privatisierung wieder zurückzunehmen und das Vorkaufsrecht auszuüben, erklärt Ebeling im Hinblick auf die nächste Kreistagssitzung am 20. März: "Nach Gesprächen mit einigen Kreisräten ist keine Mehrheit für den Rückkauf zu ersehen." Denn ein erwartet höheres Defizit - "wir haben keine Expertise, ein Krankenhaus so zu betreiben wie Asklepios" - vermindere die Investitionen in die Landkreis-Infrastruktur.
Das sagen die Ärzte
"Ich finde es eine tolle Chance, dass wir unser Leistungsspektrum erhöhen können. Das bedeutet eine Sicherung für die nächsten Jahrzehnte", sagt Dr. Christian Glöckner, ärztlicher Leiter der Asklepios-Klinik Oberviechtach. Hausarzt Dr. Georg Schwindl wundert sich über den Zeitdruck, er sieht Unsicherheiten bezüglich der Notfallversorgung und den Reformplänen des Bundes. "Ich bin für die Netzwerk-Idee und finde sie gut. Aber die Einzelheiten werden Schwierigkeiten bringen." Hausarzt und Stadtrat Dr. Alexander Ried hat eine Bitte an die Bürger: "Jeder kann etwas tun und Leistungen im Haus in Anspruch nehmen, wenn er es kann."
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