Oberviechtach vorm Bürgerentscheid: Die Standpunkte und wichtige Details

Oberviechtach
08.07.2022 - 09:49 Uhr
OnetzPlus

Die Bürger von Oberviechtach entscheiden per Briefabstimmung zum 31. Juli über ein Ratsbegehren und ein Bürgerbegehren zum Thema Solarpark Hof. Wir klären wichtige Fragen und haben mit Bürgerinitiative und Bürgermeister gesprochen.

Worüber können die Wahlberechtigten abstimmen?

Die Stadt Oberviechtach möchte die Bauleitplanung zur Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage in Hof auf den Grundstücken mit der Flurnummer 45, 163 und 166 (Teilfläche) im Rahmen des Projektes „Nachhaltiges Industrie- und Gewerbegebiet Oberviechtach (NIG-OVI)“ fortführen. Wer dafür ist, setzt sein Kreuz beim Ratsbegehren (Bürgerentscheid 1) bei „Ja“.

Die Bürgerinitiative „Hof plus“ fordert, dass die Stadt Oberviechtach alle zulässigen Maßnahmen unternimmt, damit auf dem Gemeindegebiet keine Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf derzeit (Stand 8. April 2022) landwirtschaftlich genutzten Flächen entstehen. Wer dafür ist, dass es keine weiteren PV-Parks mehr geben soll (also auch nicht in Hof), muss sein Kreuz beim Bürgerbegehren (Bürgerentscheid 2) bei „Ja“ setzen.

Warum gibt es eine Stichfrage?

„Auch wenn Rats- und Bürgerbegehren auf einen Stimmzettel stehen, sind es eigenständige Bürgerentscheide“, erklärt Abstimmungsleiterin Sonja Bodensteiner. Die Auszählung könnte ergeben, dass beide mehrheitlich mit „Ja“ beantwortet werden. Wenn dann beide über 20 Prozent der Stimmen von insgesamt 3990 Wahlberechtigten kommen, entscheidet die Stichfrage, welche Entscheidung gelten soll. Hier sei es dann egal, wie hoch die tatsächliche Stimmenanzahl von Bürgerentscheid 1 und Bürgerentscheid 2 ist. Nur wenn ein Begehren unter der 20-Prozent-Hürde (weniger als 798 Stimmen) liegt, hat automatisch der andere Bürgerentscheid gewonnen. „Die Stichfrage ist immens wichtig und sollte daher unbedingt angekreuzt werden“, appelliert Bodensteiner.

Wie viele Kreuze sind zu setzen?

Auf dem Stimmzettel sind drei Kreuze möglich. Bei jedem Bürgerentscheid kann jeweils nur ein Kreuz bei „Ja“ oder bei „Nein“ gemacht werden. Bei der Stichfrage ist mit einem Kreuz bei „Ratsbegehren“ oder bei „Bürgerbegehren“ kundzutun, welche Mehrheitsentscheidung gelten soll, wenn beide Bürgerentscheide jeweils mehrheitlich mit „Ja“ beantwortet wurden.

Ist der Stimmzettel ungültig, wenn ein Kreuz vergessen wird?

Nein. Denn jeder Bürgerentscheid und auch die Stichfrage werden für sich betrachtet.

Das sagt der Bürgermeister

„Regelmäßig fragen Unternehmen nach Gewerbeflächen an, denen ich leider absagen muss“, erklärt Bürgermeister Rudolf Teplitzky. Dadurch gingen Ausbildungs- und Arbeitsplätze sowie Steuereinnahmen verloren, „das können wir uns nicht länger leisten“. Die seit Jahren erforderlichen Gewerbeflächen seien nur mit „NIG-OVI“ (nachhaltiges Industrie- und Gewerbegebiet Oberviechtach) machbar, „das ist ein zukunftsorientiertes Projekt mit Bausteinen gegen die Energiekrise und für den Umweltschutz“. Zwei Jahre lang sei über neue Gewerbeflächen gesprochen und verhandelt worden, auch die BBV LandSiedlung (Bayerischer Bauernverband) sei eingebunden gewesen. Zu Jahresbeginn gab es noch eine weitere Möglichkeit für Flächen, die an den Preisvorstellungen eines Hofer Eigentümers scheiterte. „Der von ihm gewünschte Kaufpreis war für den Stadtrat nicht annehmbar, weil er wirtschaftlich keinesfalls darstellbar gewesen wäre.“ Am Ende sei ,NIG-OVI’ die einzige Möglichkeit für neue Gewerbeflächen in Bezug auf Flächenverfügbarkeit, gesetzliche Vorgaben und Wirtschaftlichkeit. Mit dem neuen Sonnenfeldern in Hof wären insgesamt nur circa ein Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Gemeindegebiet mit PV-Parks belegt.

„Sollte zur Förderung der regenerativen Energien in Deutschland die Abschaffung der Bauleitplanung für PV-Parks kommen, reicht ein Bauantrag und die Genehmigung wird erteilt werden. Ein Investor könnte dann für dieselben Flächen in Hof den Bauantrag für den PV-Park stellen, die Genehmigung kommt und das wars dann ohne Gewerbeflächen für das Oberviechtacher Land.“ Ein Erfolg des Ratsbegehrens könne das verhindern. „Unser Stadtrat hat sich mit 18:3 Stimmen für das Gewerbegebiet ,NIG-OVI’ ausgesprochen und kümmert sich um unsere Heimat“, führt Rudolf Teplitzky an. „Ich appelliere an alle Bürgerinnen und Bürger, das Ratsbegehren zu unterstützen.“

Das sagt die Bürgerinitiative

„Unser Bürgerbegehren ebnet den Weg für eine Erweiterung des Gewerbegebietes in Oberviechtach, ohne einen fünften Solarpark errichten zu müssen, der über Jahrzehnte unsere Landschaft belasten würde“, stellt Reinhard Elsner, Sprecher der Bürgerinitiative „Hof plus“ in seiner Presseerklärung fest. „Stand jetzt gibt es zwei verkaufsbereite Grundstückseigentümer am Industriegebiet. Weiteres Entwicklungspotenzial ließe sich mit einem agrarstrukturellen Gutachten der BBV LandSiedlung ermitteln.“ Ein solches Gutachten fordere die Bürgerinitiative „Hof plus“ seit Monaten. „Weil es in die Zukunft schaut. Weil die Gutachter naturverträgliche und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen im Blick haben. Weil die Ergebnisse des Gutachtens die Planungssicherheit erhöhen und die Entscheidungsfindung erleichtern.“ Seit Jahren beweise die BBV LandSiedlung, ein Tochterunternehmen des Bayerischen Bauernverbands, wie eine intelligente vorausschauende Flächennutzung dazu beitrage, Zukunft in Bayern zu ermöglichen, ohne Identität und wertvolle Landschaft kaputt zu machen. „Auf unserer Infoveranstaltung am Donnerstag im Gasthof Grundler konnten wir ausführlich über die Potenziale des agrarstrukturellen Gutachtens informieren“, betont der BI-Sprecher und fügt an: „Ja, wir brauchen ein aktives lebendiges Gewerbe in Oberviechtach. Nein, wir brauchen dafür keinen fünften Solarpark, der energiewirtschaftlich für Oberviechtach keinen Mehrwert bringt und einem intelligenten Energiemix im Weg stehen kann.“ Die BI „Hof plus“ bittet darum, „am 31. Juli 2022 das Bürgerbegehren mit ,Ja’ zu unterstützen.“

OnetzPlus
Oberviechtach06.07.2022
 
 

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