Oberviechtacher Spielmannszug blickt auf 50 Jahre Geschichte zurück

Oberviechtach
08.06.2021 - 10:18 Uhr

Im Jahr 1971 nimmt in Oberviechtach ein Kolping-Spielmannszug die ersten Stufen auf der Tonleiter. In 50 Jahren hat sich das Orchester erhebliches Renommee erworben. Ein Vorgänger gibt nur ein kurzes Intermezzo.

Seit 1974 tritt der Oberviechtacher Kolping-Spielmannszug in seinen historischen Kostümen auf. Aus diesem Jahrzehnt stammt auch diese Aufnahme eines Auftritts am Marktplatz in Oberviechtach.

Der Blick in die Geschichte des Oberviechtacher Spielmannszuges offenbart, dass bereits 1963 auf Initiative von Ludwig Berger ein Fanfarenzug der Kolpingsfamilie (KF) gegründet worden war. Reinhold Malzer, Karl Senft und anderen oblag die Leitung. Nach einigen personellen Wechseln löste sich die Gruppe jedoch im Jahr 1969 wieder auf.

Wie aus einem Bericht über die Historie des Vereins hervorgeht, den stellvertretende Stabführerin Judith Schneeberger der Redaktion übermittelte, war es der Begeisterung jüngerer Mitglieder zu verdanken, dass sich Kaplan Siegfried Schweiger für die Reaktivierung des Fanfarenzugs einsetzte. Als neuer Tambourmajor wurde Willi Hauser verpflichtet. Mit Wiedereinsteigern und neuen Mitgliedern nahm er die Proben auf. In Zusammenarbeit mit dem Neunburger KF-Spielmannszug erfolgte 1971 die Erweiterung des Fanfarenzugs zu einem kombinierten Fanfaren- und Spielmannszug samt Flötengruppe – die Gründung des Kolping-Spielmannszug Oberviechtach war perfekt.

1973 bestritt der Verein 15 öffentliche Auftritte. Die damalige Uniform der Spielleute bestand aus schwarzer Hose und weißem Hemd. Im Sommer 1974 trat der Spielmannszug zum ersten Mal im neuen historischen Kostüm auf, das an den berühmtesten Sohn der Stadt, Johann Andreas Eisenbarth, erinnert. Das finanzielle Wagnis dieser Anschaffung zahlte sich aus: Im selben Jahr wurden 43 öffentliche Auftritte gezählt, damit einher ging eine stetige musikalische Verbesserung.

Gastspiele beim Oberpfälzer Kulturtag in München inklusive Fernsehübertragung sowie Berichte in überregionalen Zeitungen trugen dem Klangkörper auch die Aufmerksamkeit des Europäischen Austauschdienstes in Frankfurt/Main ein. Dieser lud die Oberviechtacher als deutschen Vertreter zum dritten Internationalen Jugend-Musik-Festival ins britische Harrogate ein. "Das war fast ein freudiger Schock", erinnerte sich der damalige Ausbilder Alois Schneeberger.

Unter der Organisation von Willi Hauser wurde die zehntägige Reise an Ostern 1975 vorbereitet. Der damalige Bezirksrat Josef Spichtinger und Bezirksheimatpfleger Adolf Eichenseer begleiteten die Musiker. Als "Dolmetscher" fuhr Rainer Eiser mit, Robert Ferstl hatte die Aufgabe des Kameramanns übernommen. Am Abreisetag schickten die Kollegen der Oberviechtacher Stadtkapelle den Spielmannszug musikalisch mit einem "Muss i denn" auf die Reise. Noch heute erzählen die Mitfahrer von dieser sehr erfolgreichen und erlebnisreichen Fahrt.

Im selben Jahr mussten einige Ausbilder sowie Dirigent Willi Hauser ihr Amt wegen beruflicher Veränderung abgeben. Alois Schneeberger übernahm die Gesamtleitung. Christine Hoffmann, Angelika Vogl, Georg Schmidt, Michael Herzog und Hans Frank zeichneten als Ausbilder verantwortlich, Robert Ferstl übernahm die Organisation.

1977 bestritt der Spielmannszug sein erstes Wertungsspiel. Beim Internationalen Tambour- und Fanfarenwettstreit in Bonn erspielten sich die Musiker einen ersten Rang, die zweitbeste Bewertungsstufe. An weiteren herausragenden Auftritten sind zu nennen die Festwoche mit Kulturtagen in Oberviechtach 1977, der Auftritt bei der Messe „Freizeit 1978“ in Nürnberg sowie das Gastspiel beim Pan-Europa-Kongress in der Olympiahalle München. Auch beim Weltwirtschaftsgipfel 1993 im Schloss Nymphenburg erklang die Musik aus Oberviechtach zum Empfang der Staats- und Regierungschefs. Selbst beim Rosenmontagszug in Mainz war der Verein bereits präsent. Die musikalische Visitenkarte wurde auch 1995 in Füssen beim Landesmusikfest und beim deutschen Musikfest in Chemnitz 2015 hinterlassen.

Regelmäßig nimmt das Orchester an Wertungsspielen teil. 1991 wurde beispielsweise mit sechs verschiedenen Besetzungen beim Wettbewerb „Spiel in kleinen Gruppen“ angetreten. Ein Flötenquartett aus Oberviechtach erspielte sich den Titel "Landessieger". Zuletzt ließ der Verein bei der Bayerischen Meisterschaft des Landesverbandes für Spielleutewesen in Feuchtwangen aufhorchen: In der „Königsklasse“ (Flöten, Fanfaren und Schlagwerk) brachten sie den Meistertitel mit nach Hause.

Regelmäßig besuchen die Musiker Fortbildungen des Nordbayerischen Musikbundes. Das Auswahlorchester der Spielleute, das Nordbayerische Spielleuteorchester, wurde mitunter von Mitgliedern aus Oberviechtach gegründet. Einen festen Platz im Jahreskalender haben Auftritte in Oberviechtach, beispielweise zu Fronleichnam, bei Volkstrauertag, Erstkommunion oder Waldweihnacht. Eigene Veranstaltungen wie das Johannisfeuer und Konzerte sind neben Auftritten und Festzügen in ganz Bayern fester Bestandteil des Vereinslebens.

Auch den Nachwuchs haben die Musiker im Blick: Seit einigen Jahren besteht im Spielmannszug nicht nur das „große“ Ensemble mit seinen historischen Kostümen, sondern es wurde auch ein Nachwuchs-Ensemble ins Leben gerufen. Dort werden die jungen Mitglieder, die gerade ein Instrument erlernen, an das gemeinsame Musizieren und Zusammenspielen gewöhnt.

Oberviechtach29.10.2019
Oberviechtach12.03.2020
Das Foto zeigt den Proberaum des Spielmannszuges in der alten Mädchenschule. Die Aufnahme wurde im Jahr 1985 gemacht.
Zum Tag der Deutschen Einheit im Jahr 1996 marschierten die Oberviechtacher (blau-rot-weißes Kostüm) zusammen mit anderen Spielmanns- und Fanfarenzügen durch München
Hintergrund:

Jugendarbeit spielt im Spielmannszug eine große Rolle

  • Angebot: Zeltlager, Faschingspartys, Spieleabende, Wanderungen durch die Heimat oder Vereinsausflüge in die Ferne werden seit jeher für den Nachwuchs im Spielmannszug angeboten und organisiert.
  • Auszeichnungen: 1986 bekam der Spielmannszug für seine Nachwuchsarbeit den Musikförderpreis des Bezirks Oberpfalz verliehen. Zuletzt bekam der Verein im Jahr 2020 den Junior-Award der Nordbayerischen Bläserjugend zugesprochen. Diese Würdigung wird musikalischen Gruppierungen zugedacht, die sich durch eine vorbildliche Förderung der Jugend auszeichnen.
 

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