Das Leitbild der Tafeln in Oberviechtach und Neunburg richtet sich nach den Punkten Nachhaltigkeit, Humanität, Gerechtigkeit, Teilhabe und soziale Verantwortung. Werte also, deren Umsetzung nicht gerade einfacher durch die Coronapandemie geworden sind.
Als die Krise im Frühjahr 2020 hochkochte, war bei den beiden Einrichtungen erst mal Schicht im Schacht. Der Vorsitzende des Vereines Oberviechtacher Tafel e. V., Dr. Friedrich Keller, erzählt: "Während der ersten Welle hatten wir geschlossen." Was die Oberviechtacher mit vielen anderen sozialen Hilfseinrichtungen teilt, ist, dass viele der aktiven 40 Ehrenamtlichen Helfer selbst bereits in einem Alter sind, das sie zur Corona-Risikogruppe zählen lässt. Zusammengenommen rund 160 Kunden oder sogenannte Bedarfsgemeinschaften haben die Einrichtungen in Oberviechtach und Neunburg vorm Wald.
Kein zweites Mal dicht
Als die Pandemie im Herbst und Winter zum zweiten Mal an Fahrt gewann, war klar, dass die Tafeln kein zweites Mal zumachen können. Keller: "Bei der zweiten Welle haben unsere Helfer erkannt, dass sich so schnell nichts an der Situation ändern wird." Die Lebensmittelausgaben blieben diesmal also geöffnet. Keller erklärt, dass die beiden Einrichtungen genauso funktionieren wie Supermärkte. "Die Leute kommen zu uns und können ganz normal einkaufen." Weil die Tresen in Oberviechtach ohnehin relativ groß sind, war es kein Problem, die nötigen Abstände einzuhalten. In Neunburg sah die Sache aber ein wenig anders aus. Keller: "Dort haben wir einen Plexiglas-Spuck-Schutz eingerichtet."
Insgesamt habe sich trotz der Altersstruktur der Helfer nichts am ehrenamtlichen Engagement geändert. "Der Kern unserer Mitarbeiter ist gleich geblieben. Wir sind sehr glücklich damit, wie es läuft", sagt Keller.
"Der Kern unserer Mitarbeiter ist gleich geblieben. Wir sind sehr glücklich damit, wie es läuft."
Auch der Kundenstamm habe sich seit Beginn der Pandemie nicht merklich verändert. Das "Kernklientel" sei bis auf ein paar Asylsuchende, die weggezogen sind, gleichgeblieben. "Die Leute gehen ja auch weiter einkaufen. Das ist bei uns nichts anderes." Neuerdings hat der Verein 100 FFP2-Masken bekommen, die er zusätzlich an die Kunden ausgibt.
Lieferdienst nicht praxistauglich
Einen Lieferdienst oder vorgepackte Lebensmittelpakete gibt es bei den Tafeln in Oberviechtach und Neunburg nicht. Weil eine Tafel von Lebensmittelspenden lebt, kann sie nur das weiterreichen, was sie selbst gespendet bekommt. Das bedeutet auch, dass Tafeln daher nie die ganze Bandbreite von Lebensmitteln anbieten können, die es in herkömmlichen Supermärkten gibt. Umso wichtiger ist es, dass keine Lebensmittel weggeworfen werden. "Wir haben schon mal in einigen Ausnahmefällen ausprobiert, Lebensmittelpakete zu liefern", sagt Keller. Das sei unabhängig der Coronapandemie passiert und es habe sich gezeigt, dass sich das nicht wirklich rentiert. "Da war es dann so, dass wir die Tüten im Sommer vor der Haustür abstellen mussten, weil niemand zu Hause war", erzählt Keller. Zudem sei es bei Lebensmitteltüten wahrscheinlicher, dass Teile des Essens im Müll landen. "Es ist ja so, dass nicht jeder denselben Geschmack hat. Wenn dann Sachen dabei sind, die die jeweiligen Personen nicht wollen, dann kann es vorkommen, das etwas schlecht wird." Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland ohnehin jährlich rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel vernichtet werden, passt das nicht ins Leitbild der Tafel. Vor allem aber habe der Oberviechtacher Verein nicht die Kapazität, Lieferungen in großem Umfang zusätzlich zu stemmen.
Lüftungsgeräte auf dem Weg
Keller ist von der Tafelzentrale in Berlin begeistert. Er erzählt, dass gerade eine Großspende auf dem Weg nach Oberviechtach und Neunburg unterwegs ist. Die Einrichtungen bekommen Lüftungsgeräte, wie sie beispielsweise in Schulen eingesetzt werden, um die ausgestoßenen Aerosole aus dem Innenraum nach draußen zu befördern. Nach Kellers Informationen hat ein solcher Lüfter einen Wert von rund 1000 Euro. "Soweit ich weiß, sollen sie schon in den nächsten Tagen bei uns ankommen."
Weitere Informationen rund um die Oberviechtacher Tafel
Mehr über den Verein
- In Deutschland gibt es derzeit rund 940 Tafeln mit mehr als 2500 Ausgabestellen. Die Tendenz ist trotz der Coronapandemie steigend.
- Die Ausgabetermine in Oberviechtach sind jeden Donnerstag von 10 bis 11.15 Uhr und in Neunburg vorm Wald freitags von 10 bis 11.15 Uhr.
- Der Vereine Oberviechtacher Tafel e. V arbeitet zudem mit dem Kleiderladen EMMA in Neunburg vorm Wald und mit der Kleidertafel in Waldmünchen zusammen.
- Der Verein holt die Lebensmittel bei Spendern in Oberviechtach, Teunz, Schönsee, Tännesberg, Eslarn, Waidhaus, Guteneck, Nabburg, Winklarn, Penting, Gleiritsch, Neunburg Rötz und Schwarzhofen ab. Dafür hat er einen Kühltransporter namens „Glücksbringer“.
- Ein Jahrzehnt im Einsatz für Bedürftige : Die Tafel-Ausgabestelle in Oberviechtach wurde am 8. Dezember 2011 eingeweiht, die Eröffnung in Neunburg fand am 2. März 2012 statt.
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