„Wenn man so auf die Oberpfalz schaut dann denkt man ja, es ist alles unveränderlich – es ist starre Geologie, es ist wenig Bewegung drin“, sagt Geograph Martin Füßl, als Oberpfalz-Medien mit ihm am Geopfad in Parkstein unterwegs ist. Doch unsere Erdgeschichte beruhe auf langen Prozessen, „und die Geschichte der Oberpfalz beginnt vor etwa 500 Millionen Jahren“.
„Die Oberpfalz war eigentlich ein Meeresgrund am Rande der Antarktis – also anderes Eck’ der Erde“, sagt Füßl. „Es war ein tiefes Meeresbecken am Südpol.“ Dort habe es ein Gebirge gegeben, „dieses hat Sand, Ton, Schutt über Flüsse ins Meer transportiert“. Deshalb ist das Meeresbecken immer weiter verschüttet worden, und zeitgleich allmählich immer weiter abgesunken. So sind „Gesteinspakete von Kilometermächtigkeit entstanden“.
Konvektionsströme wie Milch im Kaffee
„Unter dem hohen Druck und steigende Temperaturen in diesem Gesteinspakt wurden die ursprünglichen Ablagerungsgesteine zu Gneisen umgewandelt“, sagt Füßl. Dieses Vorgehen heiße Metamorphose. Allmählich hätten sich Struktur und Chemismus der Ausgangsgesteine verändert. „Aus diesen Tonen wurde dann Gneis, also ein hartes Gestein, das in weiten Teilen der nördlichen Oberpfalz vorkommt“, weiß Füßl.
So kommt heute Gneis beispielsweise am Sulzberg bei Pleystein vor, ebenso in Tännesberg oder im Raum Plößberg. Gneis ist „ein uraltes Gestein. Ganz grob 300 bis 500 Millionen Jahre alt“. Aber wieso gibt es Gneise in der Oberpfalz? „Der treibende Motor sind Konvektionsströme im Erdmantel“, beschreibt Füßl. Sie wären in etwa vergleichbar mit dem Hineinschütten von Milch in eine Tasse Kaffe. „Die kalte Milch sinkt ab, wird erwärmt, steigt nach oben, kühlt sich dann ab. So entsteht eine Zirkulation, das sind diese typischen Wolken wie im Kaffee.“
Region lag einst am Ozeangrund
Ähnlich laufe es im Erdmantel ab. „Zum Erdmittelpunkt hin wird die Erdkugel immer wärmer. Dadurch schmelzen Gesteine auf.“ In einer tausenden Kilometer umfassenden, zähflüssigen Masse „spielt sich im Prinzip der gleiche Prozess der Konvektion ab“. Bedeutet: „Gesteine sinken nach unten, werden aufgeschmolzen und steigen wieder nach oben.“ Durch diese Konvektionen würden die oberen Gesteinsschichten – die Kontinente – allmählich entweder auseinander transportiert, „oder, da die Erde eine Kugel ist, auch aufeinander zutransportiert“.
„Das ist die Ursache, warum die Oberpfalz peu à peu in Richtung Norden gedriftet ist.“ Vor etwa 500 Millionen Jahren lag also die Oberpfalz noch am Grund eines Ozeans. Dort wirkten Absenkbewegungen und „die Erdkruste ist aufgerissen“. „Über diese aufgerissenen Spalten in den Gesteinen am Meeresboden ist heißes Magma eingedrungen, wie das heute noch am mittelozeanischen Rücken im Atlantik der Fall ist. Dieses Magma ist als untermeerischer Basalt auskristallisiert und hat unter dem Meeresspiegel Decken gebildet“, beschreibt Martin Füßl.
Der Basalt habe sich im Laufe der Erdgeschichte durch Druck und Temperatur verändert. „Diesen Prozess nennt man Metamorphose“, erklärt der Geograph. „Aus diesem ursprünglichen Basaltgestein ist ein Umwandlungsgestein (Metamorphit) entstanden, der sogenannte Amphibolit.“ Der wäre beispielsweise im Steinbruch Muglhof oder in Windischeschenbach zu finden.
"Landschaftsbildender Prozess in der Oberpfalz“
Allmählich habe sich das Meeresbecken im Laufe der Zeit wieder gehoben. Es sei auf seinem Transport nach Norden gewesen, als „zwei große Kontinente mit ungeheurer Gewalt aufeinander geprallt“ sind. Beide Kontinente wären in eine Kollisionszone geraten, wo der Aufprall wirkte. Dadurch hätte sich ein Gebirge entwickelt, das sogenannte Variskische Gebirge (auch Variszisches Gebirge), das sich über mehrere Tausend Kilometer erstreckt habe. „Heutzutage findet man noch Reste dieses Gebirges in Amerika, Portugal, Spanien, Frankreich, Deutschland bis an den Rand Chinas."
Weil es starken Druck und hohe Temperatur im Inneren dieses riesigen Gebirges gegeben hat, sind dort liegende Gesteine teilweise wieder aufgeschmolzen worden, erklärt der Geograph. Dieser Vorgang führte zur Entstehung der Granite – vor etwa 300 Millionen Jahren. „Ein landschaftsbildender Prozess in der Oberpfalz“, wie Füßl sagt. „Der Granit ist im Inneren des Gebirges entstanden und im Laufe der Jahrmillionen durch die Kräfte der Verwitterung immer näher an die Oberfläche gelangt.“ Füßl spricht dabei von etwa 300 bis 320 Millionen Jahre alten Graniten in Nordostbayern. „Der darüber liegende Gneis ist im Laufe der Jahrmillionen durch Abtragungskräfte erodiert worden. Und da der Gneis weicher ist als der Granit, bleiben in der Oberpfalz ganz oft ganz markante Hügel übrig, wie zum Beispiel in Falkenberg, Leuchtenberg, Flossenbürg oder das Waldnaabtal“ (da habe die Waldnaab den Granit herausmodelliert).
Der Gneis ist ein Gestein, das auf der Erdoberfläche gelegen und den Granit überdeckt habe. Gneis ist noch heute ein „deutlich verbreitetes Gestein“ in unserer Region, weiß Füßl. Zum Beispiel als Mauerstein in der Weidener Stadtmauer verbaut oder zu entdecken am Leo-Maduschka-Felsen in Pleystein. Regional komme er in der Fläche von Erbendorf bis zum Bayerischen Wald vor. Wirtschaftliche Relevanz habe Gneis allerdings keine. Von ihren Namen her wohl am wenigsten bekannt dürften die Gesteine Amphibolit und Serpentinit sein. Beide sind an bekannten Orten in der Oberpfalz zu finden. Serpentinit komme etwa bei Grötschenreuth im Landkreis Tirschenreuth vor, sagt Füßl. Nordwestlich von Erbendorf befindet sich ein Waldareal, das Naturschutzgebiet Föhrenbühl. Dort befinde sich der Serpentinit-Hornfels, ein verwitterungsresistentes Gestein, das sich aus Verwitterung und Erosion des weicheren Gneises heraus entwickelt hat.
Sprengtrichter aus Gesteinstrümmern
Im Steinbruch Marienstollen bei Erbendorf, wo früher Speckstein und Serpentinite abgebaut worden waren, sind sie als Schotter eingesetzt worden. Noch heute fänden sich Reste von Serpentin-Brocken im Steinbruch. Serpentinit findet sich auch „in Waldau am Burgberg“. In dem Ort nordwestlich von Vohenstrauß befindet sich eine Burganlage auf dem Schlossberg, der aus grau-grünem Serpentinit besteht. Er hat sich aus Tiefengestein heraus entwickelt. „Vorkommen von Amphibolit gibt es bei Windischeschenbach, im Steinbruch Oberbaumühle, und in einem Steinbruch bei Muglhof nahe Weiden“, beschreibt Martin Füßl.
„Weitere Gesteine, die markant sind für die Oberpfalz, sind zum Beispiel die Basalte.“ Sie rühren vom Vulkanismus her, der vor ungefähr 20 Millionen Jahren auf seinem Höhepunkt gestanden hat. In der Region entwickelte sich etwa der Hohe Parkstein (Basaltkegel) durch Prozesse, die mehrere Jahrzehnte andauerten. Wie Martin Füßl und Co-Autor Berthold Weber in ihrem Buch „Nördliche Oberpfalz - Streifzüge durch die Erdgeschichte“ beschreiben, ist vor rund 24 Millionen Jahren in einer Bruchzone basaltisches Magma aufgestiegen, das grundwasserreiche Kreidesedimente durchdrang. Es entstanden starke Eruptionen und das Magma und die Kreide-Gesteine wurden ausgeworfen.
Dabei bildete sich ein kegelförmiger Sprengtrichter aus Gesteinstrümmern, die zum Großteil witterungsbedingt abgetragen worden sind. Lediglich der verwitterungsresistente Basalt ist als Härtling herausgebildet worden. Basalte in der Nordoberpfalz befinden sich unter anderem am Basaltkegel Parkstein im Landkreis Neustadt/WN, am Rauhen Kulm und am Anzenberg (Anzenstein) bei Kemnath im Landkreis Tirschenreuth. Auch Kaolin ist im Zusammenhang mit Gesteinen der Oberpfalz zu nennen. Ein wichtiges Abbaugebiet des Kaolins ist die Kaolingrube Rappauf bei Tirschenreuth. Vor allem für die Porzellanindustrie ist es ein wichtiger Rohstoff.
Grundgebirge und Gesteinsarten
- Oberpfälzer Grundgebirge: Ist ein Gebirgsteil des ostbayerischen Grenzgebirges, das vom Frankenwald bis zum Passauer Wald reicht. Wie die Autoren Martin Füßl und Berthold Weber in ihrem erdgeschichtlichen Buch über die Nordoberpfalz schreiben, spielt „eine ganz zentrale Rolle in der Grundgebirgsgeologie der Oberpfalz (…) die variszische Gebirgsbildung“, als sich durch Kollision zweier Kontinente ein Gebirge aufgetürmt habe. Das Grundgebirge der Nordoberpfalz enthält verschiedene Gesteinsarten. Die wichtigsten sind Gneis, Granit, Basalt, Kaolin, Amphibolit und Serpentinit.
- Gneis: In erster Linie umgewandelte Tone und Sande in verfestigter Form. Lagen dann als Platte im Bereich der Erdoberfläche. „Bei der Kollision zweier Kontinente schmolzen die Gneise teilweise auf und stiegen als heißes Magma aus dem Erdinneren auf und begann zu erstarren“, so Füßl. Schwere Mineralien seien abgesunken, und oben die leichteren, helleren Mineralien wie Feldspat, Quarz und Glimmer übrig geblieben.
- Granite: Das Oberpfälzer Charaktergestein hat mehrere Bestandteile, die sich dank einer Eselsbrücke gut merken lassen: „Feldspat, Quarz und Glimmer – die drei vergess’ ich nimmer. Und zu dritt heißen sie Granit.“ Von ihm gebe es verschiedene Arten, die sich auch an der Farbe unterscheiden lassen. „In der Regel sind immer Feldspat, Quarz und Glimmer drin und verschiedene Nebenbestandteile.“ Laut Füßl ist es das ökonomisch bedeutendste Gestein in der Oberpfalz, wo es mehrere Granitvorkommen gibt. „Sie bilden markante Hügel, auf denen oft Burgen gebaut worden sind“, etwa Flossenbürg, Leuchtenberg und Falkenberg, wo heute noch die Burgruinen zu finden sind. Auch im Waldnaabtal komme Granit vor.
- Basalt: Ist ein Gestein mit verschiedenen Erscheinungsarten. Es entsteht durch Vulkanismus und damit verbundene Eruptionen. Er ist beispielsweise als Säulen oder Platten ausgebildet und hat in der Regel eine dunkle bis schwarze Farbe.
- Kaolin: Laut Martin Füßl gibt es regional unterschiedliche Entstehungsarten des Kaolin. In Tirschenreuth entwickelte sich das Tonmineral mit der charakteristischen weißlichen Farbe durch Verwitterung des Feldspats, dem Hauptbestandteil des Granits.
- Amphibolit: Ist vulkanischer Abstammung, gehört den dunklen Tiefengesteinen an und ist ein untermeerischer Basalt.
- Serpentinit: Laut Füßl und Weber entstanden die Ausgangsgesteine der Serpentinite im oberen Erdmantel (circa 60 Meter in der Tiefe). Magmatische Schmelzen formten das Basismaterial, ein Gestein. In einem Prozess, der sich Serpentinisierung nennt, bildete sich das Serpentinit. Seine Farbe ist Graugrün bis Grün.
Quelle: „Nördliche Oberpfalz - Weißes Gold und schwarzer Basalt. Streifzüge durch die Erdgeschichte“ von Martin Füßl und Berthold Weber
Martin Füßl
- Kurzbiografie: Geboren im September 1963, aufgewachsen in Altenstadt/WN. Interessiert sich seit seiner Kindheit für Gesteine. Lebt mit seiner Frau in Parkstein. Arbeitet als Regierungsdirektor bei der Regierung von Oberfranken im Bereich Landes- und Regionalplanung.
- Studium und Forschung: Geographie mit den Schwerpunkten Geologie und Bodenkunde an der LMU in München. Unternahm mehrere Forschungsaufenthalte, zum Beispiel im Hochgebirge Österreichs, am Aletschgletscher in den schweizer Alpen und in der französischen Bretagne.
- Geologie: Vorsitzender der Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie (VFMG) der Bezirksgruppe Weiden, ist Autor mehrerer erdgeschichtlicher Bücher und Fachaufsätze und ist Hobbymineraliensammler.
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