Ohne den Treibstoff-Zusatz Adblue läuft kein modernes Diesel-Fahrzeug mehr. Wenn der Tankinhalt zur Neige geht, dann droht die automatische Motor-Abschaltung. Ein undenkbares Szenario, vor allem für Unternehmen, die ihr Kerngeschäft über den Straßenverkehr abwickeln. Noch bekommen die Fuhrunternehmen im Landkreis Schwandorf ihre bestellten Adblue-Lieferungen. Die Frage ist halt, zu welchem Preis.
Preis verfünffacht
"Der Preis hat sich binnen eines Jahres verfünffacht", berichtet Peter Schwandner von der P. Schwandner Logistik und Transport GmbH in Pfreimd. Er hat auf seinem Betriebsgelände rund 15.000 Liter von dem Harnstoffgemisch auf Lager und ein waches Auge darauf, dass der Tank nicht leer wird. "Nicht nur Adblue ist teurer geworden, man muss ja auch sehen, was sonst noch alles teurer geworden ist", verweist Schwandner auf den Druck, der auf seiner Branche lastet. Der gestiegene Dieselpreis sei das eine, hinzu kämen aber auch die immensen Kosten für Reifen. Für Lastwagen-Pneus muss heuer rund 60 Prozent mehr auf den Tisch gelegt werden, als noch im vergangenen Jahr.
Laut Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) befürchten fast drei Viertel seiner Mitgliedsunternehmen Einschränkungen der Geschäftstätigkeit aufgrund des sich abzeichnenden Adblue-Mangels. Demnach hatten in den vergangenen zwei Wochen etwa die Hälfte der Speditionen verlängerte Lieferzeiten, knapp ein Drittel erhielt nur reduzierte Liefermengen und acht Prozent gingen bereits leer aus. Soweit ist es im Landkreis Schwandorf noch nicht. Tobias Ruhland von der gleichnamigen Spedition in Oberviechtach sagt: "Wir bekommen schon noch Adblue, müssen aber deutlich mehr dafür zahlen." Auch er versucht, keinen Engpass eintreten zu lassen. Allerdings macht es für ihn keinen Sinn, riesige Mengen zu bevorraten. "Die Lastwagen sind ja international unterwegs", erklärt er. Deswegen sei auch wichtig, dass das Tankstellen-Netz ausreichend mit Adblue versorgt ist.
Noch wird geliefert
Maria Schwarz von der Spedition Schwarz in Nabburg ist froh, dass ihr Unternehmen einen zuverlässigen Adblue-Lieferanten hat. "Bis dato bekommen wir unsere bestellten Liefermengen" erzählt sie. Schwarz weiß aber, dass der Lieferant keine neuen Kunden mehr annimmt. Die 5000 Liter, die die Spedition für ihren Fuhrpark vorhält, würden im Extremfall zehn Wochen reichen. Eine Situation, die eintritt, wenn dann kein Nachschub käme, mag sich die Unternehmerin gar nicht ausmalen. Dann würden die Fahrzeuge stillstehen und mit ihnen die wichtigsten Lieferketten für die Versorgung der Bevölkerung. Kollege Peter Schwandner bringt die Schlussfolgerung auf den Punkt: "Die Lieferfähigkeit muss hergestellt werden." Sicherlich ist das eine Aufgabe der Politik.
Produktion energieintensiv
Aber warum ist Adblue überhaupt knapp? Die Herstellung des Treibstoffzusatzes ist sehr energieintensiv. Der größte Adblue-Produzent in Deutschland hat wegen der enorm gestiegenen Gaspreise bereits im Sommer die Produktion heruntergefahren. Als möglichen Ausweg aus der Krise sieht der Bundesverband BGL, den Hersteller von der Gasumlage zu befreien. Eine alternative Beschaffung des Kraftstoffzusatzes im Ausland hält der BGL für schwierig. "Überall in Europa stehen die Werke still", wird BGL-Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhard in einer Pressemitteilung zitiert. Außerdem fehlten die Kapazitäten, um die benötigten Mengen quer durch den Kontinent zu transportieren.
Adblue
- Die Harnstofflösung Adblue wird bei der Abgasnachbehandlung von Dieselmotoren eingesetzt und bewirkt eine Verringerung der ausgestoßenen Stickoxide um bis zu 90 Prozent.
- Nahezu jeder Lastwagen der Speditions-, Logistik und Transportbranche in Deutschland fährt laut BGL mit Diesel und Adblue.
- Eine der größten Produktionsstätten für Adblue sind die SKW Stickstoffwerke Piesteritz in Wittenberg (Sachsen-Anhalt).
- Zuletzt hatte es geheißen, die das Unternehmen SKW Stickstoffwerke fahre die Produktion allmählich wieder hoch.
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