In der Region wird in fast allen Pfarreien der Brauch der Kräuterweihe gepflegt. Vielerorts bieten Vereine oder Verbände fertige Buschen vor den Gottesdiensten an. So auch in der Pfarreiengemeinschaft Plößberg-Beidl. Im Garten von Ramona Roderer, der Vorsitzenden des Katholischen Frauenbundes Plößberg-Schönkirch, herrscht am Dienstag emsiges Treiben. Etwa 15 Mitglieder sind um einige Biertische versammelt, wo sich die Düfte aufgelegter Kräuter vermischen und ein anregendes Aroma verbreiten.
Es wird geratscht und gelacht. Vieles wird an diesem Nachmittag besprochen. Der eigentliche Grund des Treffens zwei Tage vor Mariä Himmelfahrt ist aber die dufte Aktion des Zweigvereins. Die Frauen bereiten die Kräuterbüschel für das große Marienfest vor. Die Arbeit geht schnell von der Hand. Bereits ein paar Tage vorher waren die Plößbergerinnen unterwegs in Gärten sowie auf Feldern und in den Fluren. Sie sammelten Berge von Wild- und Gartenkräutern. Manche wurden vorher getrocknet, wie der duftende Lavendel, der bis Mariä Himmelfahrt verblüht wäre.
Der Dienstagabend ist ganz dem Binden der kleinen, bunten Sträuße gewidmet. "Sieben Kräuter müssen es mindestens sein", weiß Ramona Roderer aus der Überlieferung. 99 könnten es sein. Die Auswahl ist so groß, dass die Frauen selbst in trockenen Sommern keine Mühe haben, ausreichend Material zu finden. Aber nicht alles darf eingebunden werden. Ramona Roderer zählt einige erlaubte Kräuter auf: "Königskerze, Salbei, Minze, Buchs, Beifuß, Vogelbeere, Liebstöckel, Lavendel, Kamille, Johanniskraut, Zinnkraut, Schafgarbe, Ringelblume, Rainfarn, Beinwell, Frauenmantel und Rotklee." Auch Getreide darf verwendet werden.
Vieles wächst praktischer Weise in den eigenen Gärten. "Wildkräuter pflücken wir an Wegrändern, am Waldrand und auf den Wiesen", erklärt die Frauenbund-Vorsitzende. Wo was wächst, ist kein Geheimnis. "Und unsere Bäuerin kümmert sich um die Getreidesorten", erzählt Roderer vom eingespielten Frauenbundteam. Gut 150 Kräuterbüschel müssen vorbereitet werden.
Die Hauptarbeit beginnt am Dienstagnachmittag: Dann bringen die Sammlerinnen ihre Schätze vorbei und Ramona Roderer schafft - je nach Witterung - draußen im Freien oder im Carport Platz für die Arbeiterinnen. Treffen am Abend die Frauen zum Binden ein, liegt der Großteil der Kräuter bereits aufgereiht bereit. "Dann geht's schnell", sagt Roderer. Mit Kabelbinder wird das zusammengestellte Büschel festgezurrt. Eine dekorative Pappmanschette macht es zu einem netten Strauß, der auch was fürs Auge ist.
Der letzte Handgriff ist das Anbringen einer Schlaufe. "Damit kann der Kräuterbuschen im Herrgottswinkel aufgehängt werden", so Roderer. Fertig mit der Arbeit sind die Damen aber noch nicht. Am Mittwochabend treffen sie sich wieder. Dann stehen sie an der Kirche, um vor dem Festgottesdienst die Kräuterbüschel zu verkaufen. Die Gläubigen nehmen sie mit in die Kirche, wo die Kräuter jene spezielle Segnung erfahren, die es nur an Mariä Himmelfahrt gibt. Finden einige Büschel keinen Käufer, bleiben sie im Gotteshaus in einem Korb, wo sie gegen eine Spende mitgenommen werden können. "Oder wir schenken sie dem Seniorenheim", erzählt die Frauenbund-Chefin. Ramona Roderer möchte diesen schönen Brauch einmal im Jahr übrigens nicht missen. Das Binden der Kräuterbüschel sei im Katholischen Frauenbund seit Jahrzehnten eine Tradition. Es diene einem guten Zweck, was auch Aufgabe des Frauenbundes sei. Und es sei natürlich an erster Stelle Gott zu Ehren gewidmet, erzählt Roderer.
Das Brauchtum der Kräutersegnung an Mariä Himmelfahrt hat mit der Verehrung der Gottesmutter zu tun. Laut einer Legende, sagt der Plößberger Pfarrer Thomas Thiermann, hätten die Apostel bei der Öffnung von Marias Grab keinen Leichnam vorgefunden. Dafür sei das Grab mit frischen, duftenden Kräutern ausgelegt gewesen. "In jeder Legende steckt auch ein Körnchen Wahrheit", sagt der Geistliche. Maria und ihrer Auferstehung zu Ehren sei seither Mariä Himmelfahrt der Tag der Kräuterweihe. Die Kräuter, die der Pfarrer während der Messe segne, stünden für das Frische und Lebendige.
Ramona Roderer liest aus einer anderen Quelle vor, dass laut der Überlieferung die Kräuter durch den Segen Gottes das Haus und seine Bewohner insbesondere gegen Krankheit, Missernte und Feuer beschützen. Der Schutz gelte für ein Jahr. Zu jedem neuen Marienfest werden die Büschel erneuert. (ubb)
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