Erst will Hund Miro für das Foto nicht recht stillhalten, dann macht er doch noch Sitz. "Brav", lobt ihn die Tierpflegerin und gibt ihm ein Leckerli. Im Tierheim geht man davon aus, dass Miro ein vielleicht Border-Collie-Mix ist. Und er ist ein "Corona-Hund".
Soll heißen, die Besitzer haben sich Miro während Kurzarbeit oder Home Office in der Corona-Pandemie zugelegt und merkten nun, dass das Leben mit Hund im Alltag doch nicht so funktioniert, waren überfordert. "An sich ist er ein freundlicher Hund", sagt Gabi Hahn, Leiterin des Tierheims. "Aber halt unerzogen. Er müsste zu jemandem, der weiß, wie es geht." Miro sei stürmisch, aber auch verspielt.
Es ist nie zu spät
Zu spät sei es für Hundeerziehung nämlich nie. "Ein Hund kann in jedem Alter noch lernen", so Hahn. Aber es werde halt immer schwieriger und verlange vom Menschen immer mehr Nerven und auch körperliche Kraft ab, je größer der Hund wird.
Immer kennen die Mitarbeiter im Tierheim die Hintergrund-Geschichte ihrer Fundtiere aber nicht. Zuletzt haben sie in kürzester Zeit zwei ausgesetzte Hunde bekommen. "Das waren sicher Urlaubs- oder Corona-Opfer", meint Gabi Hahn. "Aber die Tiere können es uns nicht erzählen." Es habe sich während der Pandemie allerdings schon bemerkbar gemacht, dass sich die Menschen, weil es im Home Office praktisch schien, Tiere zugelegt haben.
Gabi Hahns Eindruck ist auch, dass sich die Halter da oft überschätzen. "Die holen sich schwierige Rassen, haben aber keine Ahnung, welche Eigenschaften und Bedürfnisse diese Hunde haben." Wenn ein türkischer Kangal immer auf der Couch liegen müsse, ticke der nach einem Jahr eben aus. Ein anderer Modehund sei der Australian Shepherd. Wer diesem Hütehund aber keine Schafherde bieten könne, müsse anderweitig viel mit ihm arbeiten. Geschieht das nicht, zeige der Hund, wenn er ausgewachsen ist, wer der Chef im Haus ist. "Und das Tierheim muss es dann richten."
Inzwischen hat sich die Lage im Schwandorfer Tierheim wieder etwas beruhigt, die vergangenen Wochen sei es aber am Limit gewesen – oder gar schon darüber hinaus. Das liegt allerdings nicht nur an den "Corona-" und "Urlaubshunden". Ein großes Problem seien auch Entnahmen durch das Veterinäramt. Zuletzt nahm das Amt über ein Dutzend Hunde aus einem Haushalt, das Tierheim war eigentlich voll, die Tiere aber in sehr schlechtem Zustand. Die Tierpfleger in Schwandorf richteten es, sodass sie diese Tiere trotzdem betreuen konnten.
Auch wenn es für die Mitarbeiter dort große Anstrengung und viel Arbeit bedeutet, sei es aber natürlich gut, dass das Veterinäramt durchgreift und Tiere aus unzumutbaren Lebensumständen herausholt. "Das meint man gar nicht, aber es gibt auch hier bei uns Tier-Messis", erklärt Gabi Hahn. "Wir hatten schon alles: 80 Hasen oder 35 Katzen in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung."
Die Tierpfleger stoßen dabei oft an ihre Grenzen. Für die Hunde sind pro Schicht zum Beispiel immer zwei Tierpfleger zuständig. "Wenn jetzt mal doppelt so viele Hunde da sind, hat man ja nicht plötzlich doppelt so viele Arbeitskräfte." Kurzfristig jemanden zum Aushelfen zu engagieren, funktioniere auch nicht. "Das ist ein richtiger Knochenjob. Man muss die Tiere kennen, braucht Erfahrung, es ist auch nicht immer ungefährlich."
Denn auch die Zahl der "schwierigen" Hunde steigt beständig. Seit 25 Jahren ist Gabi Hahn im Tierheim in Schwandorf. "Damals waren diese gefährlichen Hunde eine Seltenheit, so einen bekamen wir vielleicht einmal im Jahr." In den vergangenen Jahren sei das deutlich schlimmer geworden.
Plätze lange besetzt
Dazu kommt, dass solche Tiere nur schwer vermittelbar sind und deshalb in der Regel lang bleiben. Diese Tiere sind eine Belastung für die Tierheim-Mitarbeiter. "Der Hund kann ja nichts dafür", sagt Hahn. Im Endeffekt stehen die Tierpfleger bei solchen Hunden aber unter ständiger Bedrohung. "Außerdem können wir hier mit diesen Hunden nicht so viel arbeiten, wie nötig wäre." Es gehe immer darum, eine Strategie, einen Kompromiss zu finden. "Aber da spreche ich glaube ich für alle Tierheime, diese Probleme haben nicht nur wir."
Aber nicht nur die Hunde, auch die Katzen sind Problemkinder. Ganze 70 Stück sind derzeit im Tierheim. "Die Leute dort sind rund um die Uhr beschäftigt", erklärt Gabi Hahn. Momentan kämen sehr viele Katzenbabys. Die typische Einteilung in Frühjahrs- und Herbstkatzen funktioniere gar nicht mehr, junge Kitten gäbe es quasi das ganze Jahr über. "Und laufend bekommen wir schwangere Katzen." Die kann Gabi Hahn nicht schnell wieder vermitteln: zehn bis zwölf Wochen müssen sie im Tierheim bleiben, bis eben die Katze geworfen hat und die Jungen alt genug sind, um von der Mutter getrennt zu werden. Bei Katzen sei es oft noch schwerer zu vermitteln, woher sie kommen. "Verschwundenen Katzen rennen die Leute nicht so hinterher wie Hunden." Erst letztens wurden welche über den Zaun ins Tierheim-Gelände geworfen.
Spenden fürs Tierheim
- Finanzierung: Um sich um Tiere kümmern zu können, ist das Tierheim auf Spenden angewiesen
- Empfänger: Tierschutzverein Stadt und Landkreis Schwandorf e.V.
- Konto: IBAN: DE72 7505 1040 0380 0115 93, BIC BYLADEM1SAD, Sparkasse im Landkreis Schwandorf
- Weitere Möglichkeiten: Mitgliedschaft im Tierschutzberein (15 Euro für Erwachsene jährlich, 6,50 Euro für Jugendliche jährlich), Sachspenden
- Mehr Informationen: www.tierschutzverein-schwandorf.de/
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