Ernst Paa lebt seit 78 Jahren in Schwarzenfeld den Friseurberuf

Schwarzenfeld
02.06.2023 - 13:48 Uhr
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Der Fassonschnitt zeichnet ihn aus. Ausgewählte Kunden schneidet Ernst Paa noch persönlich. Die Auswahl ist nicht der Arroganz, sondern dem Alter geschuldet. Im Juni feiert der Schwarzenfelder Geschäftsjubiläum und Geburtstag in einem.

Obwohl der Friseursalon am Deiselkühner Weg seit der Eröffnung am 1. Juni 1958 viele Renovierungen und Modernisierungen durchgemacht hat, Ernst Paa fühlt sich hier daheim. Hier ist er in seinem Element. Dass er Oberpfalz-Medien auf der Terrasse empfängt, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Als er seine Familie, also diejenigen, die im Friseurhandwerk tätig sind, um sich versammelt, wird schnell spürbar, worum es ihm geht. Sein Lebenswerk soll in der Familie bleiben. Er selbst lebt seinen Beruf noch immer, seit 78 Jahren, seit er 1945 seine Ausbildung begann. Die Schere wird er auch nach seinem 92. Geburtstag am 5. Juni nicht ganz aus der Hand legen.

Handverlesenen Kunden fühlt er sich verpflichtet. Sie sind mit ihm älter geworden, ihm treu und bekommen ihren Fassonschnitt zuverlässig vom Firmengründer - nur vormittags und nur mit Anmeldung. Den klassischen Kurzhaarschnitt für Herren mit fließenden Übergängen beherrscht Ernst Paa perfekt. Enkelin Nicole Leber ist immer wieder aufs Neue beeindruckt: "Ein Fassonschnitt ist nicht leicht zu schneiden. Er macht das frei Hand, ohne Maschine." Beim Fassonschnitt ist das Haar im Nacken und an den Seiten am kürzesten und wird zum Deckhaar hin in feinen Übergängen kontinuierlich länger. Viele Stammkunden, nicht zuletzt während der Corona-Pandemie, hat der Maestro an seinen Schwiegersohn Helmut Seifert abgegeben. Ernst Paa lässt es sich aber nicht nehmen, mit ihnen ein Pläuschchen zu halten, am Donnerstag etwa. Ein Nabburger, der vor Jahrzehnten erstmals den Salon betreten hat, hat einen Termin bei Helmut Seifert. Ernst Paa fragt nach und erklärt: "Da komm' ich."

Friseuse gesucht, Frau gefunden

Er hat Glück gehabt in seinem Leben, das gibt er zu. Doch zunächst sieht es nicht so aus. 1945 muss er mit seinen Eltern die Heimat bei Bischofteinitz (Horsovský Týn) verlassen. Er legt im Gespräch mit Oberpfalz-Medien Wert auf das Wort vertrieben. "Ich bin kein Flüchtling." Sein Vater findet Arbeit in Buchtal. Die Familie lässt sich in Schwarzenfeld nieder. Ernst Paa wird Friseur. "Schon als Lehrbub hab ich gewusst, dass ich mich selbstständig mach." Deshalb rät er seinen Eltern zum Kauf des Grundstücks am Deiselkühner Weg. "Die Lage ist gut für ein Geschäft." Was er plant, hält er weitgehend geheim. Wenige wissen davon. Als Herrenfriseur braucht er eine Kraft für die Damen. "Ich habe eine Friseuse gesucht und meine Frau gefunden", sagt er. "Am ersten Tag habe ich einen Kunden für 1,50 DM geschnitten und eine Frau wollte eine Wasserwelle für 3,50 DM. Die Tageseinnahmen waren fünf Mark", erinnert sich Ernst Paa als lägen nicht 65 Jahre dazwischen. Das Wechselgeld leiht er sich von seiner Mutter.

Salon mit Bierausschank

Kurios: Er hat eine Schankgenehmigung. Ein Zapfhahn und eine Bar bereichern das Interieur. Sie dienen dazu, das Warten zu verkürzen. Termine sind damals nicht üblich. So manchen drängt es gar nicht mehr so arg auf den Frisierstuhl. "Da wurde das ein oder andere Pilserl getrunken", erzählt Helmut Seifert lachend. Die Zeiten sind passé. Ernst Paa dagegen ist nach wie vor im Geschäft.

Seine Rüstigkeit erklärt der schmächtige Mann damit, dass ihn die Arbeit stets fit gehalten hat und hält. "Das alles so gepasst hat, ist einzigartig." Was nicht ganz passt, wird passend. Es ist selbstverständlich, dass Tochter Silvia und Schwiegersohn Helmut ihm und seiner Frau nachfolgen. Aber: Helmut Seifert ist Verkäufer. Er hängt einfach eine zweite Lehre als Friseur dran. Jetzt ist Enkelin Nicole Leber die Chefin. Deren Tochter Melina wird ebenfalls Friseurin. Die vierte Generation steht bereit. "Das ist mein größter Stolz", sagt Ernst Paa bescheiden. Zwölf Mitarbeiter gehören zum Team. "Dazu kommen meine Eltern", zählt Nicole Leber auf und nicht zu vergessen der Opa. Nur Oma Lise hat die Schere mit dem Kochlöffel getauscht. Die 84-Jährige sorgt fürs Mittagessen.

Hintergrund:

Friseursalon Paa

  • Ernst Paa eröffnet am 1. Juni 1958 einen Friseursalon am Deiselkühner Weg 13 in Schwarzenfeld. Einzige Mitarbeiterin ist seine Frau Lise.
  • Er übergibt 1993 die Salonleitung an Tochter Silvia und Schwiegersohn Helmut Seifert.
  • Enkelin Nicole Leber führt seit 1. Januar 2017 das Geschäft am gleichen Standort weiter.
  • Der Salon besteht am 1. Juni 65 Jahre. Er ist in dritter Generation in Familienbesitz und auf 12 Mitarbeitern angewachsen.
  • Ernst Paa feiert am 5. Juni 92. Geburtstag
 
 

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