Ein Stadel für das Freilandmuseum Oberpfalz

Schwarzenfeld
09.03.2021 - 15:57 Uhr
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Im Dorf Frotzersricht bei Schwarzenfeld wird ein Stadel aus den 1930er Jahren abgebaut. Er soll im Freilichtmuseum Neusath-Perschen aufgebaut werden. Die Scheune steht für den allmählichen Wandel der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert.

Dieser Stadel aus dem Jahr 1937 soll im Freilichtmuseum Neusath-Perschen originalgetreu aufgebaut werden.

Am Montagmorgen sind fünf Zimmerer mitten im kleinen Dorf Frotzersricht in einer riesigen Scheune bei Eiseskälte am Werkeln. Von Weitem schon hört man die Bohrmaschinen rattern. Holzlatte für Holzlatte wird fein säuberlich nummeriert und vorsichtig abgebaut. Händisch. Denn der große Stadel, direkt in der Einfahrt nach Frotzersricht, soll originalgetreu im Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen wieder aufgebaut werden.

Die fünf Zimmerer, die dort seit Montag zu Gange sind, sind ein bunt durchgemischtes Team. Naemi Göller und Gabriela Falla unterstützen im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres, Johannes Hiesl, Ferdinand Klar arbeiten schon mehrere Jahre für das Freilandmuseum.

Das Innenleben des Stadls. Der Zustand des Objekts ist noch sehr gut.

Die meiste Erfahrung bringt Anton Götz mit. Seit 23 Jahren arbeitet er nun schon für das Museum, hat unter anderem den Köstlerwenzelhof mit aufgebaut. Wenn er über seine Arbeit spricht, huscht immer wieder ein Lächeln über sein Gesicht. "Ich habe schon immer etwas für alte Gebäude übrig gehabt", erzählt er. Woher das kommt? Er lacht. "Vermutlich, weil ich auch in einem älteren Haus aufgewachsen bin." Historische Objekte zu bewahren, sei für ihn eine Herzensangelegenheit. In all den Jahren, in denen er für das Freilandmuseum arbeitet, habe sich "natürlich schon eine gewisse Routine entwickelt", gibt er zu. Trotzdem fände sich in jedem Gebäude immer wieder etwas Neues, Besonderes.

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Nabburg16.02.2021

Götz steht im Obergeschoss der Scheune, berührt eine schräge Säule, die das Dach trägt. Eine Besonderheit an diesem Stadel, wie er sagt. "An solchen Konstruktionen erkennt man auch das Alter des Objekts." Die imposante Scheune ist 12 Meter lang und breit. Normalerweise, erzählt er, seien Stadel früher kleiner gebaut worden.

Tobias Hammerl ist Leiter des Freilandmuseums. Auch er sagt, dass die Größe der Scheune aus dem Jahr 1937 mehr über die Geschichte des Gebäudes verrät, als man vielleicht auf den ersten Blick vermutet. "In den 20er und 30er Jahren hat man begonnen, Scheunen größer zu bauen." Erste Zeichen seien das gewesen für einen tiefgreifenden Veränderungsprozess in der Landwirtschaft hin zur Technisierung, die schließlich in den 1950er Jahren vollends mit dem Einzug von Traktoren und Maschinen Einzug gehalten habe. "Für uns ist diese Scheune deshalb sehr wertvoll", erzählt Hammerl. Denn genau an diesem Objekt in Frotzersricht sei diese Entwicklung der Landwirtschaft, dieser allmähliche Prozess deutlich erkennbar.

Auch Naemi Göller und Gabriela Falla (von links) helfen im Rahmen ihres Freiwilligen Sozialen Jahres mit beim Ab- und Aufbau.

Die Umsetzung solch eines Projekts braucht Zeit und Planung. "Wir haben mit einem Jahr Vorlauf gearbeitet", sagt Hammerl. Denn bevor es an den Ab- und Aufbau geht, müssen viele bürokratische Hürden gemeistert werden. Steht das Objekt unter Denkmalschutz? Ist der Platz auf dem Museumsgelände ausreichend? Wie ist der Zustand des Gebäudes? Baugenehmigungen müssen eingeholt, Eigentumsverhältnisse geklärt werden. "Es ist gar nicht so leicht, Bauwerke aus den 30er Jahren mit den Baugesetzen aus dem 21. Jahrhundert in Einklang zu bringen." Hammerl macht klar, dass es dem Museum nicht darum gehe, Objekte um jeden Preis zu erlangen. "Wir sind keine Jäger und Sammler", sagt er deutlich. "Wir klingeln nicht bei den Leuten und fragen sie, ob sie uns das Objekt überlassen wollen."

Die Leute würden sich selbst an das Museum wenden und ihnen Objekte anbieten. "Dafür sind wir sehr dankbar", sagt Hammerl. Denn in jedem Gebäude, jeder Scheune, würden Erinnerungen stecken. "Sie sind ein großer Teil der Familiengeschichte." Mit Fingerspitzengefühl müsse man arbeiten. "Es kommt auch vor, dass uns Gebäude angeboten werden und die Eigentümer das Angebot wieder zurückziehen." Großer wissenschaftlicher Abwägungsprozesse stecken hinter den Planungen. "Man muss sich klar machen, dass wir nie die Wirklichkeit konservieren können." Die Aufgabe des Museums sei es, Objekte zu finden, an denen sich die damalige Wirklichkeit annäherungsweise erzählen lässt.

Und so ist es bei diesem Stadel in Frotzersricht, der sinnbildlich steht für die landwirtschaftliche Entwicklung in der Region. Ende Mai soll die Scheune dann auf dem Museumsgelände stehen. Holzlatte um Holzlatte wieder aufgebaut von dem fünfköpfigen Team. Um dort, auf dem weitläufigen Areal, seine Geschichte zu erzählen.

Hintergrund:

Freilandmuseum Oberpfalz

  • Das Freilandmuseum Oberpfalz sieht sich als das kulturelle Gedächtnis der Region. Es sammelt, bewahrt und erforscht materielle und immaterielle Zeugnisse des ländlichen Raums aus Vergangenheit und Gegenwart.
  • Es ist in fünf Stationen eingeteilt: das Juradorf, das Stiftlanddorf und das Mühlental, außerdem in den Oberpfälzer Wald und die Nabburger Straße.
  • Die Wirklichkeit lässt sich nicht konservieren. "Es geht um eine Annäherung an die damalige Lebenswirklichkeit", erklärt Museumsleiter Tobias Hammerl.
 
 

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