Vulkanausbruch in Tonga verändert Luftdruck bis in die Oberpfalz

Störnstein
17.01.2022 - 17:53 Uhr
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Am anderen Ende der Welt bricht dicht unter dem Meeressspiegel in Tonga ein Vulkan aus. Die Auswirkungen lassen sich ein paar Stunden später auch in Störnstein in einer Wetterstation messen.

Die vom Vulkanausbruch in der Südsee ausgelöste Veränderung des Luftdrucks erreichte Deutschland mit einem Zeitunterschied von rund 6 Stunden auf zwei Wegen rund um den Erdball.

Mitten im Südpazifik ereignet sich am Samstagnachmittag um 17.15 Uhr Ortszeit ein gewaltiger Vulkanausbruch. In Deutschland ist es da nach Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) gerade frühmorgendliche 5.15 Uhr. 15 Stunden später um 20.29 Uhr zeigt die Wetterstation in Störnstein eine merkwürdige Veränderung. "Die erste Luftdruckwelle erreichte den Höhepunkt um 20.29 Uhr MEZ mit 1025,2 Hektopascal (hPa) und fiel auf 1023,3 hPa um 20.54 Uhr zurück", berichtet David Frahnow. Der Wahlhamburger mit Wurzeln in der Oberpfalz beobachtet auch in Hamburg-Horn das Wetter. Dort zeichnete er eine ähnliche Veränderung schon etwas früher, um 19.53 Uhr auf. "Die Druckwelle kam etwa aus 17 Grad Nord-Nord-Ost über die Ostsee nach Deutschland rein."

Zweite Welle

Die Zweite messbare Luftdruckwelle erreichte Zentraleuropa aus 197 Grad Süd-Süd-West und damit erst nach der Oberpfalz auch den Norden. „In der Nacht um 2.20 Uhr lag der Luftdruck bei 1022,6 hPa, als die Veränderung auf den Barografen in Störnstein traf. Diesmal fiel der Druck stark ab auf 1021,4 hPa um 2.31 Uhr und dauerte bis 2.46 Uhr, dann war der ganze Spuck vorbei.“ In Hamburg dauerte das Geschehen von 2.47 Uhr bis 3.07 Uhr. Dann passte sich der Luftdruck wieder dem örtlichen Wetter an. „Eine Veränderung der Windrichtung, oder -geschwindigkeit und Temperatur konnte ich nicht an den Messwerten feststellen“, gibt Frahnow seine Beobachtungen weiter.

Hintergrund der beiden Wellen sind nach Frahnows Aussage die Wege, die sie vom Vulkan Hunga Tonga-Hunga Haʻapai durch die Atmosphäre bis nach Deutschland genommen haben. Während die Entfernung bis Störnstein auf der nördlichen Route zu Tongas Inselhauptstadt Nuku’alofa etwa 16 774 Kilometer beträgt, sind es auf der südlichen Strecke rund 23 313 Kilometer. Die Geschwindigkeit der Druckwelle beträgt nach Frahnows Berechnungen etwa 314 m/s oder rund 1132 km/h. Zum Vergleich: Der Schall erreicht eine Geschwindigkeit von 343 m/s oder 1236 km/h.

Kleiner Ausschlag im Geo-Zentrum

Am Geo-Zentrum an der KTB spricht Frank Holzförster von einer weltweiten Luftdruckwelle, wie sie so wohl noch nie registriert worden sei. In Windischeschenbach machte sich der Vulkanausbruch auf den seismografischen Aufzeichnungen im Geo-Zentrum nur leicht bemerkbar. "Ein kleiner Ausschlag, aber für ein Erdbeben nichts besonderes", urteilt der wissenschaftliche Leiter. "Ein kleines Beben hier im Egerer Riff hat das doppelte."

Geologisch betrachtet, ist aber auch in den Augen des Experten eine ganze Menge geschehen. Unterhalb des Meeresspiegels müsse es massive Veränderungen gegeben haben, vermutet der Geologe. "Da muss etwas gewaltiges abgerutscht sein", schließt er aus der Unterbrechung des Unterseekabels als Internetverbindung zu den Inseln. "So etwas zieht man nicht über einen Vulkan."

Reißender Strom aus Schlamm

Holzförster geht davon aus, dass sich infolge des Vulkanausbruchs eine Art Schlammstrom gebildet habe. "Unter Wasser redet man von trüben Strömen, die sich durch Wasseraufnahme an der Spitze selbst beschleunigen, immer mehr Wasser aufnehmen und am Ende Materialien zurücklassen." Es entstehe ein reißender Strom mit entsprechender Energie, der bis zu 100 km/h schnell werden könne und eine entsprechende Energie habe. "Wenn so etwas das Kabel trifft, macht es einfach Zapp." Solche Ströme schaffen es, Distanzen bis zu 2000 Kilometer im Meer zurückzulegen

Den Ausbruch selbst und die Bilder davon nennt Holzförster ungewöhnlich. „Wann haben wir eine Ascheeruption quasi auf Meeresniveau?“ Der Hunga Tonga-Hunga Haʻapai sitzt wie das gesamte Tonga auf dem pazifischen Feuerring. Er entstand 2015 zwischen zwei Inseln, die er miteinander verbunden hat.

Durch die gewaltige Explosion vom Samstag, Experten sprechen vom heftigsten Vulkanausbruch seit 30 Jahren weltweit, habe sich der Vulkan wieder selbst heraus gesprengt, so Holzförster. „Das erinnert an die griechische Insel Santorin, deren Vulkankegel in minoischer Zeit vor etwa 3600 Jahren einbrach.“ Eine ähnlich heftige Eruption nennt Holzförster die des Mount St. Helens in den USA 1980.

Deutschland & Welt17.01.2022
Info:

Tonga

  • Polynesisches Königreich im Südpazifik
  • Hauptstadt: Nuku'alofa
  • rund 105.000 Einwohner
  • Etwa 170 Inseln, davon 36 bewohnt
  • Der Hunga Tonga-Hunga Ha'apai liegt etwa 24 Kilometer südöstlich der Insel Fonuafoʻou, bekannt als Falcon Island
  • Der Vulkan ist seit Dezember wieder aktiv
 
 

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