Einwohnerzahl im Landkreis Tirschenreuth steigt plötzlich wieder

Tirschenreuth
12.02.2023 - 14:26 Uhr
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Die Einwohnerzahlen im Landkreis Tirschenreuth gehen wieder nach oben. Der Großteil der Städte und Gemeinden freut sich in der amtlichen Statistik über ein Plus. Das bringt aber auch neue Probleme mit sich.

Demografen stellen dem Landkreis Tirschenreuth keine gute Prognose. Die Bevölkerungszahl wird demnach deutlich zurückgehen. Und zwar von derzeit rund 72.000 auf gut 68.000 im Jahr 2040. In den vergangenen Jahren verlor der Landkreis wirklich regelmäßig Einwohner, und zwar ein paar hundert pro Jahr. Doch derzeit zeigen die amtlichen Einwohnerzahlen ein anderes Bild. Der Landkreis Tirschenreuth legt zu. Ist die Trendwende schon geschafft?

Gespannt wartet man im Landkreis Tirschenreuth auf die amtlichen Einwohnerzahlen für das gesamte Jahr 2022. Das Statistische Landesamt rechnet da mit einem Plus von 600 Einwohnern. Das scheint durchaus realistisch zu sein. Denn bereits im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres gab es erstmals nach vielen Jahrzehnten wieder einen Zuwachs, und zwar von 546 Personen. Damit leben aktuell wieder über 72 000 Männer, Frauen und Kinder im Landkreis Tirschenreuth.

Mähring prozentual Spitzenreiter

Die letzten veröffentlichten Zahlen zeigen den Stand zum 30. Juni 2022. Da waren es genau 72 194 Einwohner. Den größten Zuwachs im ersten Halbjahr - sowohl prozentual als auch bei den absoluten Zahlen - gab es in Mähring. 79 Personen bedeuten dort ein Plus von 4,57 Prozent auf 1806 Einwohner.

"Grund für den Anstieg ist, dass es bei uns einfach am schönsten ist", kommentiert Mährings Bürgermeister Franz Schöner mit einem Augenzwinkern die unerwartete Entwicklung. Im gleichen Atemzug gibt er freilich zu, dass hinter dem Zuzug auch die Flüchtlingskrise steckt. Ein Investor habe das ehemalige Schulgebäude in Mähring gekauft und als Asylbewerber-Unterkunft an die Regierung vermietet, so der Gemeindechef. Zudem spielt wohl eine Rolle, dass aufgrund einer Privatinitiative mit Unterstützung der Pfarrgemeinde auch viele Ukrainer in der Gemeinde Zuflucht gefunden haben. Zudem glaubt Bürgermeister Schöner fest daran, dass auch die neuen Baugebiete der Gemeinde hier schon ihren Niederschlag finden.

Prozentual den zweitgrößten Zuwachs hat die Gemeinde Brand. 43 neue Einwohner bedeuten dort ein Plus von 3,76 Prozent auf nunmehr 1188 Menschen. Auch hier spielt laut Bürgermeister Bernhard Schindler die Flüchtlingswelle eine Rolle. "In der Spitze hatten wir bei uns etwa 46 Ukrainer", erzählt der Rathauschef. Er führt dies darauf zurück, dass schon vor Kriegsbeginn Menschen aus der Ukraine in Brand ihre Wahlheimat hatten. Aufgrund der Kontakte von Flüchtlingen zu hier lebenden Personen waren wir nach Kriegsbeginn für viele auch mit erste Anlaufstelle", weiß Schindler. In Brand wird dieser Trend seiner Meinung nach allerdings nicht weiter anhalten. "Ich denke, die Zahlen sind schon wieder leicht rückläufig", urteilt Schindler.

Ein ähnliches Bild ergibt sich in Bad Neualbenreuth. Dort betrug das Plus 36 Einwohner. Bürgermeister Klaus Meyer meint, dass das Übergangswohnheim der Kewog in Bad Neualbenreuth und eine Pension in Motzersreuth, die mit Kriegsflüchtlingen belegt sei, eine Rolle spielten. "Ich glaube aber, dass dieser Trend anhalten wird", sagt Meyer. Er stützt seine Hoffnung auf etliche verkaufte Bauplätze und die Entwicklung der Geburtenzahlen in der Gemeinde, die zum zweiten Mal in Folge wieder zweistellig seien.

In vielen Kommunen ein Plus

Mähring, Brand und Bad Neualbenreuth sind in der amtlichen Statistik keine Einzelfälle. 19 der 26 Städte und Gemeinden im Landkreis Tirschenreuth haben im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres zugelegt. Über zweistellige Zuwächse freuten sich neben Schöner, Schindler und Meyer auch die Bürgermeister von Tirschenreuth (+73), Mitterteich (+58), Wiesau (+57), Erbendorf (+54), Bärnau (+35), Kastl, Kemnath und Waldershof (jeweils +30), Konnersreuth (+28), Immenreuth (+16) sowie Leonberg (+12). Zu den Verlierern der Statistik gehörten Plößberg (-16), Kulmain (-14), Waldsassen (-10), Fuchsmühl (-9), Friedenfels (-3), Neusorg (-5) und Pullenreuth (-4).

Die wenigsten Bürger hat weiter Falkenberg. Auch dort freut sich Bürgermeister Matthias Grundler zwar über ein Plus, aber das liegt nur bei zwei Einwohnern. Damit ist die Bevölkerungszahl auf 934 Bewohner angestiegen. Falkenberg ist weiter die einzige Kommune im Landkreis, die weniger als 1000 Einwohner hat. Neun mal mehr Leute wohnen in der Stadt Tirschenreuth, die mit 8667 Männer, Frauen und Kindern weiter die größte Stadt im Landkreis ist.

Die vielen Zuwächse haben aber auch eine Kehrseite. Der Landkreis Tirschenreuth ist derzeit händeringend auf der Suche nach neuen Unterkünften für Flüchtlinge. Landrat Roland Grillmeier hat unlängst in einer Sitzung bereits laut über weitere Wohncontainer im Landkreis nachgedacht, um der Problematik Herr zu werden. "Für Flüchtlinge aus der Ukraine und Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften wird dringend privater Wohnraum benötigt. Nur durch Verlegungen von Personen aus Gemeinschaftsunterkünften und auch aus der Flüchtlingsunterkunft in Fockenfeld lässt sich die Flüchtlings- und Asylsituation bewältigen", sagt Landrat Roland Grillmeier. Er appelliert an alle Bürger, die freien Wohnraum haben, diesen zur Verfügung zu stellen.

Der Landrat reduziert den Zuwachs übrigens nicht nur auf die Flüchtlingswelle. Er sieht insgesamt in den Zahlen das Bemühen der letzten 10 bis 15 Jahre, sich gegen prognostizierte demografische Entwicklung zu stemmen, belohnt. Schließlich sei dem Landkreis ein größerer Einwohnerrückgang vorausgesagt worden. "Der vorausgesagte Einwohnerrückgang ist ausgeblieben", freut sich Grillmeier.

Wichtige Themenfelder

Vor allem im Bereich der über 25-Jährigen und der über 60-Jährigen seien sogar wieder verstärkt Zuzüge zu verzeichnen, weil das Leben auf dem Land wieder mehr geschätzt werde. "An dieser Entwicklung wollen und werden wir in vielen Bereichen weiter arbeiten", kündigt Grillmeier an. Projekte wie das Rückkehrer-Management und die Hausarztschmiede seien wichtige Themen, an denen der Landkreis dranbleiben wolle. Auch der Zuzug von Flüchtlingen stelle eine enorme Chance dar. "Viele sind mittlerweile in Unternehmen im Landkreis beschäftigt", weiß der Landrat. Er hat zudem festgestellt, dass sich verstärkt Tschechen im Landkreis niederlassen. Vor allem im Grenzgebiet sei dies zu beobachten. Grillmeier: "Das Thema Integration und Zuzug wird für uns ein bedeutendes Thema bleiben."

 
 

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