Waldboden, getränkt mit dem Blut von tausend Menschen – und in manchen Nächten, so erzählt man sich, soll auch noch Waffengeklirr und Kriegsgeschrei zu hören sein: Innerhalb weniger Stunden verloren hier, an der Trommelbuche bei Neusorg, einst tausend Mann ihr Leben – für den Landshuter Erbfolgekrieg. Ob die Geister der Toten dort wohl noch umherspuken? Von "spuken" kann bei den armen Seelen, die zuhauf in der Nähe des "Dockerdimpfl" in der Teichpfanne umgehen sollen, jedenfalls nicht die Rede sein. In Form von Käfern sollen sie dort umherkriechen. Ob sie je Frieden finden?
Arme Seelen in einem ausgetrockneten Tümpel und blutgetränkter Boden: Gesammelt hat diese beiden schaurigen Geschichten – und noch etliche mehr – der Erbendorfer Autor Wolfgang Benkhardt. "Schaurig-schöne Geschichten und alte Sagen haben mich wirklich schon immer begeistert", sagt er. Für sein Buch "Von Hexen, Geistern und Verbrechern. Die unheimlichsten Orte im Landkreis Tirschenreuth" hat er 31 Ausflugsorte mit Gänsehaut-Potenzial gesammelt. Benkhardt ist Redakteur bei Oberpfalz-Medien und hat beim Battenberg-Gietl-Verlag schon über Bier, Kultur-Sehenswürdigkeiten oder die Schönheiten der letzten Oberpfälzer Naturoasen geschrieben.
Wenn die Schatten länger werden
Der Autor selbst hat an der Trommelbuche übrigens keine klirrenden Schwerter hören können, erzählt er. "Aber die Vorstellung davon, dass dort eine Schlacht mit tausend Toten stattgefunden hat, ist mächtig. Vor allem wenn man allein dort steht und lauscht, ob man vielleicht zu den Auserwählten gehört, die es doch hören können." Doch sein Buch ist nicht nur etwas für Freunde des Gruselns: Mit seiner Sammlung will er auch zeigen, dass es im Landkreis Tirschenreuth Ziele gibt, die auch dann einen Ausflug wert sind, wenn die Sonne nicht scheint. Die Burgruine Weißenstein, Burg Falkenberg oder Tirschenreuther Himmelsleiter präsentieren sich dann ganz anders, sagt Benkhardt.
Beim Gruseln, erklärt der Autor, komme es ja auch immer ein bisschen auf Tageszeit und Wetter an. "Ein Ort, der an einem warmen Sommertag einfach schön ist, erweckt bei Einbruch der Dunkelheit oder an nebligen Herbsttagen ganz andere Gefühle." Ein solcher Ort ist für ihn beispielsweise die Teufelsküche bei Tirschenreuth: "Wenn dort abends kaum noch Licht durch die Baumkronen dringt, die Schatten immer länger werden, und die Schreie der Vögel verstummen, kann man sich dort manchmal wirklich fürchten." Er ist zwar ein großer Freund von Ausflugszielen mit Gänsehaut-Potenzial, verrät er. "Aber zu viel Grusel darf es nicht sein. Und ich muss selbst entscheiden können, wann damit Schluss ist."
Vom Kirchen-Gruselkabinett bis zum Dudelsackpfeifer-Geist
Gefragt nach den für ihn fünf schaurigsten Orten nennt Benkhardt neben der Trommelbuche bei Neusorg und der Tirschenreuther Teichpfanne auch den Totentanz in der Friedhofskapelle in Wondreb (Treffen mit dem Boandlkramer garantiert), die "Heiligen Leiber" in der Basilika Waldsassen (ein wahres "Kirchen-Gruselkabinett") und den Räuberfelsen im Steinwald. "Wetter, Tageszeit und Stimmung müssen passen, und man muss die Geschichten dazu kennen: Genau dazu ist das Buch da."
Solche mystischen Geschichten sammelt Benkhardt schon seit vielen Jahren. Und zu jedem Ort, erzählt der Autor, hätte es viel mehr zu erzählen gegeben, als im Buch schließlich Platz hatte. Wenn es um Sagen und Mythen geht, griff Benkhardt auf die drei Bände von Franz Xaver Schönwerth zurück. "Die sind eine wahre Fundgrube", sagt er. "Ich wollte aber nicht oberlehrerhaft aufklären, warum dies oder das wohl so nicht passiert sein kann: Da ginge irgendwie der Reiz verloren", sagt er. Man müsse sich einlassen auf die Orte und in die Geschichten, die dort erzählt werden, eintauchen: "Besucht man an einem düsteren Herbsttag die Steinschlatter im Steinwald: Dann ist, wenn der Wind durch die Baumwipfel pfeift, die Vorstellung, der Dudelsackpfeifer-Geist könnte gleich um die Ecke biegen, nicht mehr weit ..."
Unter all den sagenhaften Geschichten stechen für Benkhardt besonders die hervor, die sich um den Tillenberg bei Neualbenreuth ranken: "Die vielen Geschichten von den Tillentanzerln, dem Steineklopfer und dem Zwerg 'Dienzel Deinzel' haben mich echt begeistert. Den Namen des Zwergs sollten sich Wanderer in diesem Gebiet übrigens merken. Ähnlich wie beim Märchen Rumpelstilzchen kann es wichtig sein, ihn zu kennen."
Ein Zwerg, der die Frauen heiratet, wenn sie seinen Namen nicht erraten. Ein Mann mit Spitzhut, der unermüdlich Steine klopft. Ein Zwergenvolk, das im Berg lebt. Höllische Geisterwesen, die große Schätze bewachen – denen möchte man definitiv nicht nachts begegnen. Ein weiterer Band mit Grusel-Potenzial, verrät der Autor, sei übrigens schon in Planung – dabei will er wieder in der Region nach Schätzen, Gespenstern und seltsamen Dingen Ausschau halten. Mehr will er noch nicht verraten.
Die Top-Grusel-Orte des Autors
- Trommelbuche bei Neusorg: Bei einem Kampf um den Landshuter Erbfolgekrieg starben hier vor 500 Jahren 1000 Soldaten innerhalb weniger Stunden. Erreichbar ist das Denkmal über einen Wanderweg von einem Wanderparkplatz bei Schwarzenreuth an der Straße nach Schurbach – auf der rechten Seite nach dem Schwarzenreuther Ortsausgang.
- Tirschenreuther Teichpfanne: Wassergeister, Wassermänner und Wasserfrauen sollen im "Land der 1000 Teiche" wohnen. Der "Dockerldimpfl", in dem die armen Seelen als Käfer herumkriechen müssen, liegt am nordwestlichen Ende der Teichpfanne. Der Autor empfiehlt die Aussichtplattform Himmelsleiter, von der aus man das ganze Gelände gut überblicken kann.
- Totentanz in der Friedhofskapelle in Wondreb: 28 Bilder an der Decke der Kapelle führen dem Besucher vor Augen, dass es vor dem Tod kein Entrinnen gibt. Der Tod ist ein Knochenmann: mal reitet er auf einem Hirsch, mal schaut er in die Wiege zu einem kleinen Kind. Die Kapelle ist neben der Pfarrkirche in Wondreb an der Kirchstraße zu finden.
- "Heilige Leiber" in der Basilika Waldsassen: In Glasvitrinen sind sie hier ausgestellt, die Skelette der Heiligen. Die zwölf Skelette gelten als größter Reliquienschatz nördlich der Alpen. Besichtigungen sind täglich möglich, Eintritt frei. Sonn- und Feiertags ist jeweils am Vormittag wegen Gottesdiensten keine Besichtigung der Leiber gestattet.
- Räuberfelsen im Steinwald: Von hier aus sollen einst finstere Gestalten zu Raubzügen in die Region aufgebrochen sein. 27 Meter hoch ist der Granitfelsen – er ist ein beliebtes Ziel bei Kletterern. Ganz in der Nähe, bei der Felsformation "Steinschlatter" sollen sich zwei Geister herumtreiben: Das "G'henkt Moidl" und der "Dudelsackpfeifer". Startpunkt der Wanderung zum Räuberfelsen ist der Wanderparkplatz Pfaben.
Zu Buch und Autor
- Buch: "Von Hexen, Geistern und Verbrechern. Die unheimlichsten Orte im Landkreis Tirschenreuth", 160 Seiten, erschienen am 20. Oktober 2022 im Buch- & Kunstverlag Oberpfalz/Battenberg Gietl Verlag, ISBN: 978-3955870966
- Autor: Wolfgang Benkhardt, Jahrgang 1964, in Weiden geboren, lebt in Erbendorf, arbeitet als Leitender Redakteur bei Oberpfalz-Medien

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