Das Großprojekt der Ziegler-Group in Tirschenreuth stößt nicht überall auf Zustimmung. Schon seit der Vorstellung der ersten Pläne im Herbst 2020 übt der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) heftige Kritik. Nun fordert er ein Raumordnungsverfahren für das Projekt. Die Naturschützer sprechen in einer Pressemitteilung von "massivem Flächenfraß und weiteren Umweltauswirkungen" im geplanten Industriegebiet beim Engelmannsholz an der B15.
Die Ziegler-Group will dort ab dem Frühjahr 2024 ein Holz-Kompetenz-Zentrum für rund 220 Millionen Euro bauen. Rund 1000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Das Werk für Fertighäuser soll laut Auskunft des Unternehmens "ein Zentrum für neue ökologische und nachhaltige Technologie" werden. Der LBV kann dem Projekt an diesem Standort aber nichts Gutes abgewinnen, denn für das Vorhaben müssten "unter anderem 30 Hektar Klimaschutzwald" gerodet werden.
Überörtliche Sicht einbeziehen
"Ein Projekt dieser Größenordnung hat Auswirkungen auf eine Vielzahl von zu schützenden Gütern", wird LBV-Geschäftsführer Helmut Beran in der Mitteilung zitiert. Als Beispiele nennt er Tiere und Pflanzen, Boden und Wasser, Klima und Landschaft, Siedlungsstruktur, Rohstoffgewinnung sowie Verkehr. Darüber hinaus ziehe ein derart großes Bauvorhaben auch noch weiteren Flächenverbrauch wie den Bau neuer Straßen nach sich. "Es kann daher nicht sein, dass ein solch gewaltiger Eingriff ohne Berücksichtigung überregionaler Auswirkungen abgehandelt wird. Hier ist aus Sicht des LBV ein Raumordnungsverfahren durch die Regierung der Oberpfalz zwingend erforderlich", fordert Beran.
Ein Raumordnungsverfahren ist ein Instrument der Landesplanung und dient dazu, die Raumverträglichkeit eines konkreten Vorhabens aus überörtlicher Sicht zu prüfen. Ziel ist, frühzeitig Konflikte zu erkennen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dies wird auch als „helfende Planung“ bezeichnet. Es werden neben den Trägern öffentlicher Belange die vom geplanten Vorhaben Betroffenen, wie etwa Gemeinden, Fachbehörden und Verbände, sowie die Öffentlichkeit beteiligt, wie die Regierung der Oberpfalz auf ihrer Homepage schreibt. Das Raumordnungsverfahren wird mit einer landesplanerischen Beurteilung abgeschlossen. Diese ist von öffentlicher Stelle zu berücksichtigen.
Alternative Standorte
Aus Sicht des LBV widerspreche das Bauvorhaben in Tirschenreuth eindeutig der Absicht der Staatsregierung, den Flächenverbrauch im Freistaat auf fünf Hektar pro Tag zu reduzieren. Laut dem Naturschutzverband müssten alternative Standorte in das Prüfverfahren aufgenommen werden. Dazu zählen Industriebrachen, Flächen im Offenland und interkommunale Lösungen. Die bisherigen Entwürfe würden zudem zeigen, dass die Industrieanlage teilweise in ein Moorgebiet hineingebaut werden soll. Von der Planung sei der Lebensraum hochbedrohter Tierarten wie Moorfrosch und Kreuzotter betroffen.
Der Bau einer Holzhaus-Fabrik in einem intakten Wald sei ein Paradebeispiel einer nicht-nachhaltigen Entwicklung. "Es ist nicht hinzunehmen, dass die Stadt Tirschenreuth in Zeiten des Klimawandels 30 Hektar eigenen Klimaschutzwald opfert, anstatt über den Kirchturm hinwegzuschauen und sinnvolle Alternativen auch mit den Nachbargemeinden zu entwickeln", kritisiert Beran. Das Bauvorhaben widerspreche aus Sicht des LBV eklatant allen politischen Bemühungen zum Klima- und Artenschutz. "Es ist geradezu paradox, in einem Moorgebiet Holzhäuser zu bauen und das noch als Beitrag zum Klimaschutz zu verkaufen", sagt LBV-Bezirksgeschäftsführer Christoph Bauer.
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