Von Katrin Pasieka-Zapf und Lucia Seebauer
Im Frühsommer beschloss die Bundesregierung, den Mehrwertsteuersatz ab dem 1. Juli von 19 auf 16 Prozent zu senken. Der ermäßigte Satz, der für viele Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs gilt, wurde von 7 auf 5 Prozent reduziert. Das sollte die Konjunktur anschieben und die Bürger motivieren, teure Anschaffungen trotz Krise ein paar Monate vorzuziehen. Ob diese Idee aufgegangen ist, berichten Einzelhändler und Unternehmer aus dem Landkreis.
Heizungsbau und Sanitär
Sonja Grünauer von der Grünauer GmbH aus Erbendorf hat von der Umstellung im Juni nicht viel mitbekommen. Um den niedrigen Preis zu erhalten, mussten Projekte noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. "Das hat man schon gemerkt", sagt sie. Mehr Heizungen, Bäder oder Solarsysteme wurden durch die Absenkung der Steuer nicht verkauft. Zum 1. Januar stand allerdings Mehrarbeit an, um die Rechnungsprogramme wieder auf 19 Prozent umzustellen.
Etwas anders verlief das Jahr bei Heizungsbauermeister Johannes Kleinhempl aus Kemnath. Bei ihm machte sich die Senkung der Mehrwertsteuer durchaus bemerkbar. "Es wurden viele Investitionen gemacht, Projekte, die schon seit längerem geplant waren, vorgezogen", sagt er. Vor allem Bäder hat sein Unternehmen im vergangenen halben Jahr saniert. Vermehrte Umstellungen auf eine neue Heizung hat er trotz Förderungen nicht bemerkt. Damit fristgerecht zum Abnahmetag alles fertig wird, waren die letzten Wochen des alten Jahres sehr arbeitsintensiv. Die Umstellung des Rechnungsprogramms machte nur im Juli Probleme. "Nach einem Update konnten wir das Programm zum 1. Januar ganz einfach umstellen", sagt Kleinhempl.
Einzelhandel
"Von der Mehrwertsteuersenkung haben die kleinen Einzelhändler nichts", sagt KEM-Verbandsvorsitzender Holger Märkl, der am Stadtplatz in Kemnath neben einem Reisebüro auch eine kleine Gastronomie "Mein Lieblingsplatz" betreibt und dort Dekoartikel und Schreibwaren verkauft. Drei Prozent weniger haben bei seinen Kunden "keine euphorische Stimmung ausgelöst". Meist seien die Produkte nur um ein paar Cent günstiger geworden. Hinzu kommt, dass die Einkaufspreise für Druckerzeugnisse und Tabakwaren nicht vergünstigt, sondern um die Mehrwertsteuer erhöht wurden. Besonders verärgert ist Märkl von der Tabakindustrie. "Dadurch wurden die kleinen Händler abgestraft und hängen gelassen", sagt er. Dass die Einkaufspreise ab dem Jahreswechsel wieder sinken, glaubt er nicht. "Wahrscheinlicher ist, dass der Einkaufspreis nochmal erhöht wird."
Positive Auswirkungen hatte die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie. Der Steuersatz für Speisen in Restaurants und Gaststätten wurde von 19 auf 7 Prozent abgesenkt. "Das war ein größerer Sprung, damit können die Gastronomen arbeiten", sagt Märkl. Er würde sich wünschen, dass die Politik diesen Steuersatz auch in Zukunft beibehält.
Automobilbranche
Als der erste Lockdown gelockert wurde, spürten die Autohäuser von Auto Brucker eine positive Stimmung. Ob das wegen der Mehrwertsteuersenkung oder generell wegen der Lockerungen war? "Es war sicher eine Mischung aus beidem", sagt Geschäftsführer Michael Brucker. "Wir hatten gehofft, dass auch Ende des Jahres wieder mehr bei uns geht, wenn zum Beginn 2021 die Mehrwertsteuer wieder steigt." Doch der zweite Lockdown kam dazwischen. "Normalerweise ist Ende das Jahres oder zwischen den Feiertagen schon mehr los bei uns." Die Autohäuser hatten ebenfalls Probleme mit der Umstellung des Mehrwertsteuersatzes im Frühsommer. "Die waren allerdings überschaubar", sagt der Geschäftsführer. Die Mehrwertsteuererhöhung kann nun einfacher umgesetzt werden, da das Unternehmen sich darauf vorbereiten konnte.
Hausbau
Die Legat Bau GmbH in Tirschenreuth merkte keine großen Auswirkungen der Mehrwertsteuersenkung. "Wir sind ein Einzelunternehmen. Für uns war es nicht mehr bürokratischer Aufwand", sagt Unternehmerfrau Elisabeth Legat. Sie führt das Geschäft mit ihrem Mann Philipp Legat. Auch mehr Bauanfragen gab es nicht. "Wir haben aber immer genug Arbeit", sagt sie. Ihrer Ansicht nach machte beim Hausbau die Mehrwertsteuersenkung zwar schon einige Euro aus, allerdings sei die Zeit der Mehrwertsteuersenkung zu kurz gewesen, um Projekte komplett abzuschließen. "In der Zeit konnte zum Beispiel maximal der Rohbau geschafft werden."
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