Davon kann jeder Verein nur träumen: Rechnet Harald Gresik zurück, hat er als Geschäftsführer des VdK-Kreisverbandes Tirschenreuth 3500 Mitglieder neu gewonnen. Von 2500 auf 6000 – eine stolze Bilanz, auf die 64-jährige Bayreuther zurückblickt. 37 Jahre war Gresik beim VdK Kreisgeschäftsführer. Er strahlt Beständigkeit und Zuverlässigkeit aus, ist bescheiden. Was er geleistet hat, sieht er als selbstverständlich an.
Eigenen Vorstellungen verwirklicht
Die berufliche Karriere des Bayreuthers begann ganz anders. Gresik machte eine Bankkaufmannslehre. „Das hat mir bald nicht mehr getaugt“, erzählt er und berichtet vom Wunsch nach einem Chef im Hintergrund, der ihn selbstständig agieren lässt. Reiner Zufall sei es gewesen, dass der VdK auf ihn zugekommen sei. „Ein Kartenspielfreund des Vaters, der VdK-Vorsitzender war, wusste von der freien Stelle in Tirschenreuth und meinte, das wäre was.“
Gresik übernahm 1984 das VdK-Büro in Wiesau, das es dort seit 1947 gibt. Seinem Wohnort blieb er treu. „Meine Frau arbeitet in Bayreuth. Deshalb leben wir dort“, erzählt der 64-Jährige weiter. All die Jahre hatte er seinen Arbeitsplatz in Wiesau und fuhr von seinem Wohnort Bayreuth täglich hin. Fünf Tage die Woche und zu Veranstaltungen an den Wochenenden setzte er sich ins Auto. „Ach, das ist Gewohnheit“, winkt er ab. „Lieber zwei Stunden im Auto als acht Stunden lustlos auf einem Arbeitsplatz, der einem nicht gefällt“, meint er lachend. Gresik konnte sich beim VdK seine beruflichen Wünsche erfüllen. „Ich habe klein begonnen und alles nach meinen Vorstellungen aufgebaut“, blickt er zurück. Er erinnert sich, dass er mit nur einer Mitarbeiterin 1991 umgezogen sei ins neue Büro am Marktplatz. „Jetzt sind wir fünf Leute.“
"Gutachtern ausgeliefert"
Gresiks Klienten kamen aus allen Gesellschaftsschichten, vom Arbeiter bis hin zum Geschäftsmann. Für Letztere sei es besonders schwer, den Job loslassen zu müssen wegen Krankheit oder Behinderung. Seine Arbeit beschreibt er am „klassischen Fall“. Ein Klient, erst 50 Jahre alt, habe aus Krankheitsgründen Rente beantragen müssen. „Dieser Mensch kämpft um seine Existenz“, betont Gresik. Die Erwerbsminderungsrente sei abgelehnt worden. „Wir haben geklagt, das Gericht lehnte die Klage ab. Wir haben Widerspruch eingelegt und Recht bekommen.“
Nur diese Rente gebe es lediglich drei Jahre. Ein klarer Fall: Gresik hat nach einem Jahr eine neue Begutachtung des Falls eingeleitet. „Man ist den Gutachtern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Drei verschiedene Gutachter urteilen auf drei unterschiedliche Weisen“, sagt der Bayreuther. In seiner Stimme ist ein wenig Unmut zu hören. Doch er eignete sich eine Engelsgeduld an. Auf die Frage zum Umgang mit den Ämtern und ob er auch mal laut geworden sei wegen einer Ablehnung, antwortet er: "Nur als Anfänger. Es nützt ja nichts. Dann verhärten sich die Fronten und keinem ist geholfen.“ Gresik ist ein Streiter, der sachlich bleibt.
"Banker hat mir bald nicht mehr getaugt. Ich wollte einen Arbeitsplatz mit einem Chef, der mir nicht in meine Arbeit hineinredet."
Allein im Jahr 2020 liefen 754 Anträge über seinen Tisch, darunter 265 Widersprüche und 114 Klagen. „Die Leute könnten sich die Klagen gar nicht selbst leisten“, spricht er die Mitgliedschaft an, die jeder vor der Beratung eingehen muss. „Allein Gerichtskosten belaufen sich auf gut 1000 Euro. Mitglieder zahlen nur 60 Euro bei Klage und 40 Euro bei Widerspruch.“
Wegen diesem Entgegenkommen den Mitgliedern gegenüber gibt es doch etwas, was den Sozialsachverständigen regelmäßig geärgert hat. Er erzählt von Mitgliedern, die – kaum sei ihnen geholfen worden –, sofort wieder aus dem Sozialverband ausgetreten seien. Nicht gerade die feine Art, findet Gresik. Was ihm das Liebste war bei Beratung: gegenseitiges Vertrauen. Dieses habe sich der Geschäftsführer mit den Jahren aufgebaut. „Wer mit vermeintlich guten Ratschlägen aus dem Internet oder von Bekannten kommt, ist erst einmal ziemlich enttäuscht, dass es so nicht läuft.“
Zettelbox mit Aktionen für den Ruhestand
Privat will der 64-Jährige nicht viel verraten. Sein einziges Hobby sei der VdK gewesen. Lachend erzählt er von einer Zettelbox. Alles, was er im Ruhestand tun möchte, schreibe er auf einen Schnipsel und werfe ihn hinein. Auf dem Zettel Nummer 1 steht der Aufbau eines "Plaudertelefons" gegen Einsamkeit. „Ich habe vor Corona Menschen, die allein sind, regelmäßig besucht. Jetzt muss ich mit ihnen telefonieren", erklärt er.
Vor einem langweiligen Rentnerdasein fürchtet er sich nicht. „Ich werde mehr mit meiner Frau machen. Sie kam zu kurz.“ Besonders freut sich Gresik darauf, seine 30-jährige Tochter öfter besuchen zu können. Sie ging vor drei Jahren als Ordensfrau zu den Auerbacher Schulschwestern nach Österreich in den Wallfahrtsort „Maria Schutz“ und lebt dort als Schwester Veronika, erzählt der Vater stolz.
Nachfolger: Thomas Stöckl
Weil der Geschäftsführer vor seinem Rentenantritt noch seinen Urlaub "abarbeitet", sitzt auf seinem Stuhl bereits sein Nachfolger. Der neue Geschäftsführer des VdK-Kreisverbandes im Landkreis Tirschenreuth heißt Thomas Stöckl. Es sei schon immer sein Wunsch gewesen, Menschen zu ihren Rechten zu verhelfen, sagt der 48-Jährige. "Gerechtigkeit ist mir sehr wichtig", fügt er an. Dafür biete die Tätigkeit beim Sozialverband die optimalen Voraussetzungen.
Stöckl ist gebürtig aus Weiden, lebt aber seit 2002 aus beruflichen Gründen in Mitterteich. 1999 absolvierte er eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten und wurde nach einer Fortbildung Krankenkassenbetriebswirt. Es folgte eine Weiterbildung zum Krankenkassenökonom. Bis zu seinem Wechsel zum VdK war er bei einer gesetzlichen Krankenversicherung tätig.
Aktuell unterstützt Stöckl seine VdK-Klienten per Telefon- und Onlineberatung. Gemeinsam mit seinen vier Mitarbeiterinnen betreut er 6000 VdK-Mitglieder im Landkreis Tirschenreuth.
Viel von Gresik gelernt
Und auch VdK-Bezirksgeschäftsführer Christian Eisenried aus Regensburg wollte Gresik unbedingt persönlich in den Ruhestand verabschieden. Kürzlich überreichte er dem scheidenden Kreisgeschäftsführer in der Geschäftsstelle in Wiesau ein Präsent. Eisenried lobte Gresik für sein 37-jähriges Engagement für den VdK. Diese Tätigkeit so lange und so loyal auszuführen, sei keine Selbstverständlichkeit. Er selbst habe viel von Gresik gelernt, seit er vor fünf Jahren die Leitung der Geschäftsstelle in Regensburg übernommen habe.
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