Anfang März waren im Landkreis Tirschenreuth 1552 Menschen untergebracht, die aus ihren Heimatländern geflohen sind. 1034 stammen aus der Ukraine. Der Großteil davon, nämlich 755, hat eine private Bleibe gefunden. 97 wohnen in dezentralen Unterkünften, die vom Landkreis angemietet werden. Davon werden noch mehr gebraucht, denn die Notfallunterkunft in Fockenfeld – derzeit wohnen dort 182 Ukrainer – ist eigentlich nur für den Übergang gedacht. "Das Zauberwort heißt Wohnraum, Wohnraum, Wohnraum", erneuerte Jürgen Besold den Aufruf, Leerstand zu melden.
Besold ist seit Januar 2023 in der Nachfolge von Karin Ast am Landratsamt für die Unterkunftsverwaltung zuständig. Im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Senioren und Inklusion warb er bei den Mitgliedern für sein Anliegen: "Sie sind vor Ort, kennen die Leute. Sprechen Sie darüber, ob es Möglichkeiten gibt, etwas zu vermieten."
Der Landkreis verfügt nach Besolds Worten derzeit über 33 dezentrale Unterkünfte mit 383 Plätzen. Die seien fast voll belegt, wobei wöchentlich neue Zuweisungen von der Regierung kämen. Einfluss darauf, welche Flüchtlinge das sind, habe man nicht. "Wir spüren den Druck aus Regensburg", unterstrich Landrat Roland Grillmeier. "Keiner will wieder Turnhallen öffnen." Notfalls seien auch Containerlösungen angedacht, wobei man auf eine gute Verteilung im Landkreis achten wolle, bat er die Gemeinden um Solidarität. "Die Integration von Flüchtlingen wird eine Daueraufgabe bleiben."
In zehn Kommunen gibt es weder eine Gemeinschafts- noch eine dezentrale Unterkunft: Brand, Falkenberg, Friedenfels, Kastl, Krummennaab, Leonberg, Pechbrunn, Plößberg, Reuth und Wiesau. In den restlichen Gemeinden wohnen in vom Landkreis angemieteten 33 Wohneinheiten aktuell 336 Menschen. In diesen Räumen wie auch in der Notunterkunft Fockenfeld ist die Zahl der Fehlbeleger groß. Sie liegt bei 38 Prozent, erklärte Jürgen Besold. "Ohne Fehlbeleger hätten wir mehr Plätze." Doch weil anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge, die sich eigentlich eine eigene Wohnung suchen müssten, keine fänden, dürften sie in den Unterkünften bleiben, damit sie nicht auf der Straße stehen.
Brandschutz wichtiges Thema
Welchen Ansprüchen müssen die Wohnungen eigentlich genügen? Darüber entspann sich eine Debatte im Ausschuss, denn das Landratsamt mietet nur Unterkünfte mit Zentralheizung an. "Warum kann ein Mensch nicht in einer Wohnung mit Holz- oder Ölofen leben? Stehen wir uns selber im Weg?", fragte Gisela Kastner, Kreisrätin der Freien Wähler.
Unterkunftsverwalter Besold beantwortete die Frage mit Sicherheitsgründen wie dem Brandschutz. "Es gibt auch Richtlinien der Regierung, was die Zahl der Duschen und WCs betrifft", ergänzte Sozialamtsleiterin Judith Sollfrank. Bei den dezentralen Unterkünften, die das Landratsamt anmietet, seien in der Regel größere Wohneinheiten gefragt mit entsprechender Fluktuation. Dennoch sollten ruhig alle Wohnungen angeboten werden: "Die leiten wir dann weiter, sie können ja privat vermietet werden. Da mischen wir uns in die Ausstattung nicht ein."
SPD-Kreisrätin Brigitte Scharf regte an, wegen einer möglichen Vermietung an Flüchtlinge mit den Angehörigen von Menschen zu sprechen, die ins Pflegeheim kommen. "Wenn jemand privat eine Wohnung vermieten will, muss er sich eigentlich beim Landratsamt melden?", wollte sie wissen. Das verneinte Jürgen Besold. "Sie sollten sich aber zur Prüfung mit dem Jobcenter in Verbindung setzen, das in der Regel die Miete bezahlt." Denn erwerbsfähige Geflüchtete aus der Ukraine werden nicht wie Asylbewerber behandelt, sondern haben einen vorübergehenden Schutz und bekommen zur Sicherung des Lebensunterhalts Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch.
Mehr sozialer Wohnungsbau
"Lieber eine schlechtere Wohnung als in Turnhallen", fand Landrat Grillmeier. In dem Zusammenhang wollte er auch die Ergebnisse einer Studie auf den Prüfstand stellen, wonach es im Landkreis Tirschenreuth rund fünf Prozent Leerstand gebe, in Neustadt oder Weiden wesentlich weniger. "Ist das Wohnraum, der gar nicht mehr genutzt werden kann?", kündigte er an, die Analyse auch mit den Wohnungsbaugesellschaften zu vertiefen. "Wir müssen uns mehr um den sozialen Wohnungsbau kümmern, da ist leider jahrzehntelang wenig investiert worden."
"Es gibt diese alten Häuser und Wohnungen, die schwer zu aktivieren sind", sagte Bürgermeister Günter Kopp aus Kulmain und regte an, einen Infobrief für die Gemeinden zu erstellen: "Damit wir entsprechend weitergeben können, was erwartet wird." Landrat Grillmeier sagte zu, eine Liste mit den Ansprechpartnern und wichtigen Informationen zu erarbeiten. Ein Formular für potenzielle Vermieter hat das Landratsamt bereits auf seiner Homepage.
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