Asante-Gründerin gibt Kindern in Kenia seit 20 Jahren eine Zukunft

Weiden in der Oberpfalz
09.06.2023 - 17:14 Uhr
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Ihre Wurzeln liegen im Landkreis Neustadt/WN, doch Christine Rottlands Herz schlägt für Afrika, wo sie auch lebt. Ihr Verein Asante unterstützt seit 20 Jahren Menschen in Kenia. Bei ihrem Deutschlandbesuch erzählt sie von großer Not.

„Es ist entsetzlich. Der Hunger ist groß. Unsere Leute schaffen das nicht mehr.“ Christine Rottland beschönigt im Gespräch nichts. Dafür hat sie in den Jahren, die sie in Kenia lebt, schon zu viel Leid gesehen. Die Armut der Menschen sei enorm. „Es gibt keine Arbeit und kaum Tourismus“, sagt sie. „Der Mais wächst nicht. Teilweise müssen die Menschen Wasser zukaufen, wenn sie denn überhaupt Geld haben.“

Mit ihrem Mann Franz Rottland hat sie 2003 den Verein Asante (heißt übersetzt „Danke“) gegründet, um vor allem Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen. Tausende haben sie so unterstützen können. Die Hilfe reicht in Zeiten von Coronapandemie, Dürre und Ukraine-Krieg aber noch viel weiter. Nahrungsmittel werden dringend benötigt. „Mittlerweile leisten wir hier Katastrophenhilfe“, sagt die 79-Jährige.

1998 Umzug nach Kenia

Um überhaupt etwas anpacken zu können braucht es Geld. Und da kann Asante auf seine deutschlandweit über 500 Mitglieder zählen. Auch aus Weiden und dem Landkreis Neustadt/WN kommen Spenden. Rottland wuchs in Neustadt am Kulm auf, lebte eine Zeit lang in Apfelbach, bevor sie nach der Heirat mit Franz Rottland nach Bayreuth zog. Die Fremdsprachensekretärin und der Professor für Afrikanistik lernten sich an der Universität kennen. Sie einte die Liebe zu Ostafrika und Sprachen. „Zweimal im Jahr machten wir dort Urlaub, unternahmen Forschungsreisen und lernten Land und Leute kennen“, erzählt sie. 1998 packten sie die Koffer („vor allem mit vielen Büchern“) und zogen ganz nach Kenia. „Wir wollten eigentlich nur dem Winter in Deutschland entfliehen“, sagt Rottland. „In Tiwi, rund 20 Kilometer südlich von Mombasa, bauten wir ein Haus. Bewusst in einer Gegend, in der kein Europäer wohnte. Wir sprachen ja beide Kisuaheli, die Verkehrssprache der Region.“

Die Sprache bildete schließlich auch die Brücke zur einheimischen Bevölkerung. „Nach Monaten standen die ersten Frauen am Zaun. Ich wurde eingeladen, sah Lehmhütten, durch deren Dächer es regnete, alleinerziehende Frauen und viele, viele Kinder. Da habe ich begriffen, was Armut heißt.“ Das Ehepaar leistete erste kleine Hilfen.

Vielen Kindern fehlt es jedoch an Schulbildung, weil sich zum Beispiel die Eltern das Schulgeld nicht leisten können. Eine Neunjährige war das erste Mädchen, dem Christine Rottland zum Besuch der staatlichen Schule verhalf. Weitere sollten folgen. „2003 gründeten wir den Hilfsverein, der heute seinen Sitz in Köln hat. Im Mittelpunkt das Schulprojekt, das mich sehr, sehr stolz macht“, erzählt die Gründerin. Mit Spendengeldern wurde 2007 ein privater Waisenkindergarten gebaut, der sich heute zu einer großen Schule mit Kindergarten und Grundschule entwickelt hat, die insgesamt 560 Kinder besuchen. Gefördert werden auch 220 Jugendliche, die ein Gymnasium besuchen, rund 100 ein weiterführendes College oder Universität. „Wir haben mittlerweile auch drei Medizinstudenten“, freut sich die Gründerin. Sechs Jugendliche beginnen bald eine Ausbildung in Deutschland.

Auf Stippvisite in Weiden

Ermöglicht werde das vor allem durch die mittlerweile 1092 Patenschaften, für die Rottland auf ihrer aktuellen Vortragsreise in Deutschland auch in Weiden warb. Auf Einladung des Inner-Wheel-Clubs stellte sie die humanitäre Hilfe vor. „Es war auch schön, wieder einmal in der Oberpfalz zu sein.“ Ein Wiedersehen gab es mit ihrer Schwester Johanna Schirdewahn, die sich in Erbendorf für den Verein engagiert. Auch für Ulrike Küblbeck, zweite Vorsitzende des Inner-Wheel-Clubs, ein bewegender Moment. „2019 habe ich Kenia besucht und war beeindruckt, was Frau Rottland und ihr Mann auf die Beine gestellt haben. Die Eindrücke vom Elend im Land habe ich heute noch vor Augen. Aber auch die lachenden Kinder und die Dankbarkeit der Mütter.“ Mittlerweile sei ihr die Unterstützung von Asante eine Herzensangelegenheit, so Küblbeck.

Die Dankbarkeit war von Anfang an auch für Christine Rottland und ihren Mann, der 2014 verstarb, eine Triebfeder. „Es ist schön, wenn sieht, wie es den Menschen wieder zu mehr Selbstbewusstsein verhilft. Viele der jungen Mütter in meiner Nachbarschaft sind alleinerziehend, ohne Schulausbildung, und so der extremen Armut, in der sie leben, hoffnungslos ausgeliefert. Etliche Frauen sind Witwen oder wurden vom Ehemann verlassen und müssen – wie es die Tradition erfordert – mit ihren Kindern zu den Eltern zurückkehren.“

Um den Lebensunterhalt zu bestreiten hilft den Frauen zudem ein weiteres Projekt, das 2002 startete: „Engel für Afrika“. Rottland bringt hier den Frauen das Häkeln bei. Sie fertigen kleine Engel, die ausschließlich in Deutschland verkauft werden. Außerdem verkauft werden selbst geschöpfte Weihnachtskarten aus den Seiten der Bücher, die damals die Reise mit nach Kenia antraten. „Nachschub gibt es da noch genügend“, lacht die 79-Jährige. „Die Erlöse sichern heute 67 Frauen das Überleben ihrer Familien.“

Kampf gegen den Hunger

Kenia ist zwar reich an Bodenschätzen, aber davon hat die Mehrheit der Bevölkerung nichts. Sie lebt in Armut. Seit dem Ausbruch von Corona vor drei Jahren habe sich die Lage verschärft. Die Hilfen, die Asante seit 20 Jahren leistet, verändern sich. „Schulbildung bleibt wichtig, aber die Menschen hungern“, sagt Rottland. „Seit drei Jahren geben wir verstärkt Nahrungsmittelhilfen in Abständen von rund drei Wochen.“ Sie nennt beeindruckende Zahlen: Lebensmittel für die Familien der 1092 geförderten Kinder; für eine Gruppe von 60 Kindern, die an einer zentralen Gehirnlähmung leiden, deren überwiegend alleinerziehenden Mütter dadurch ans Haus gebunden sind; für 150 junge Mütter, die entbinden und für 200 alte, kranke Menschen. Außerdem versorgt Asante seit 2021 in 12 Schulen Kenias 5700 Kinder mit Frühstück und Mittagessen – vom Kindergarten bis zu 8. Klasse.

Diese Katastrophenhilfe aufrecht zu erhalten, sei ein Kraftakt. Dafür wirbt Rottland, die 2018 das Bundesverdienstkreuz erhielt, landauf, landab, sitzt viele Stunden im Zug. Ihr Lebenswerk weiß die Gründerin, die Ende Juni 80 Jahre alt wird, schon jetzt in guten Händen. Ihre beiden Töchter Angelika Mietzner und Susanne Birkle sowie Enkelsohn David engagieren sich im Verein und in einer Stiftung. „Die Übergabe erfolgt langsam“, sagt Christine Rottland. Am 20. August fliegt sie zurück nach Kenia. Kehrt sie irgendwann für immer zurück? „Bestimmt. Aber noch habe ich keine Lust dazu. Es gibt noch viel zu tun.“

Weiden in der Oberpfalz09.06.2023
Info:

So hilft Asante e. V.

  • Gründung: im Juni 2003
  • Vermittlung von Schulpatenschaften an bedürftige Kinder mit und ohne Elternhaus
  • Frühstück und Mittagessen für Schülerinnen und Schüler auch in ihrer Ferienzeit
  • Unterstützung von Großmüttern oder Angehörigen der Waisenkinder durch Nahrungsmittelhilfe
  • Ausbildungshilfe für Schülerinnen und Schüler an Gymnasien und Berufsfachschulen
  • Übernahme der Kosten für medizinische Betreuung aller vom Verein geförderten Schüler und von Menschen in Notsituationen
  • Info und Spendenkonto unter www.asante-ev.de
 
 

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