Von Reiner Wittmann
Mit 16 Jahren wird Laura Weber Mutter. Sie hat gerade am Technik-Zweig der Weidener Mädchen-Realschule die Mittlere Reife bestanden. Während ihre Freundinnen weiter zur Schule gehen, Mathe, Deutsch und Physik pauken oder eine Berufsausbildung beginnen, schiebt sie – glücklich, aber früh in einer neuen Rolle – den Kinderwagen durch die Straßen, stillt, organisiert ihren Alltag.
„Das war für mich nicht belastend“, überrascht die heute 39-Jährige im „work:life OBERPFALZ“-Gespräch. „Ich konnte mich mit meinen fünf Geschwistern und aufgeschlossenen Eltern auf ein starkes Netzwerk verlassen“, erinnert sich Laura Weber. Ein Baby mit 16. In der Provinz. Noch kein Beruf – und eine Beziehung, die nicht von Dauer sein wird. Was in anderen Familien eine Katastrophe sein mag, ein Kind als Kind, ist für Laura ein Geschenk, das das Leben für sie eben schon in jungen Jahren bereithält.
Als Frau in einem „Männer-Beruf“
Seitdem sind Jahrzehnte vergangen, ihre Erfahrung von damals, dass Frauen ein anderes Leben als Männer führen, ist geblieben. Auf Erziehungsjahre und Fach-Abitur folgte ein Ingenieurs-Studium an der OTH in Amberg.
„Als ich anfing, waren vielleicht gerade mal zehn Prozent der Studierenden in meinem Studiengang Frauen“, beklagt sie ein Missverhältnis, das sich in naturwissenschaftlichen und technisch-mathematischen Berufen bis heute beobachten lässt. „Das ist mittlerweile auf jeden Fall besser geworden, auch weil die Hochschulen einiges dafür tun. Doch typische Rollenbilder halten sich weiterhin in der Gesellschaft. Ob bei hohen Bildungsabschlüssen oder Führungspositionen oder auch in der Politik – da gibt es noch ein großes Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen.“
Damit will sich Weber nicht abfinden. Weder für sich selbst noch für die Gesellschaft. Schon während ihres Bachelors bringt sie sich in einer traditionell Männer-dominierten Community wie ihrer Fakultät zunächst als studentische Hilfskraft, dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin ein. Nach ihrem Abschluss in Umwelttechnologie – sie ist jetzt „M. Eng.“, Master of Engineering – übernimmt sie die Institutsleitung am Kompetenzzentrum Kraft-Wärme-Kopplung der Amberger OTH.
Frauenbeauftragte an der Hochschule
Das Gleichberechtigungsthema beschäftigt sie während ihrer Zeit an der Hochschule auch als Frauenbeauftragte der Fakultät Maschinenbau/Umwelttechnik: „Bezeichnenderweise war ich als Frauenbeauftragte die einzige Frau im Fakultätsrat, einem Gremium, das sich zum Beispiel mit der Neuausrichtung von Studiengängen auseinandersetzt.“
Aber auch bei der Berufung von neuen Profs ist die Frauenbeauftragte gefragt. „Wenn eine Frau mit der passenden fachlichen Qualifikation unter den Bewerbern war, war das für mich besonders interessant. Mein besonderer Auftrag war, mich in die Belange von anderen Frauen hineinzudenken. Da ich selbst Kinder, Studium und Beruf unter einen Hut bringen musste, war ich dafür ganz gut geeignet.“
Institutionalisierte Instanzen, wie das Amt einer Frauenbeauftragten, sind freilich nur das eine. Das andere, vielleicht noch viel wichtigere, sind Vorbilder: „Wenn andere Frauen etwas gut machen, traust du dir als Frau selbst auch mehr zu“, sagt Laura Weber, die Studentinnen auch als Mentorin begleitet. „Ich hatte in meinem gesamten Studium zum Beispiel nur eine Professorin, sonst ausschließlich Männer“, merkt sie an. „Mir hat das zwar im Rückblick wenig ausgemacht, ich denke aber schon, dass Vorbilder, denen man nacheifern möchte, auf viele Frauen motivierend wirken.“ Sie selbst habe das große Glück gehabt, nie in eine klischeehafte Frauenrolle gezwängt worden zu sein. Als Frau studiert man nichts Technisches? Von wegen! „Solche Stereotype spornen mich eher an.“
Trotzdem leben wir in vielen Bereichen weiterhin in einer Welt, in der das „starke Geschlecht“ den Ton angibt, bedauert die Ingenieurin. Auch in ihrem beruflichen Umfeld war sie oft die einzige Frau. „Dabei ist erwiesen, dass diverse Teams besser funktionieren: Wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenfinden, bereichert das einfach die gesamte Gruppe.“
Seit einigen Jahren ist Laura Weber auch politisch aktiv, bei den Grünen. 2020 wurde sie in den Rat der Stadt Weiden gewählt, ein Amt, dem sie mit Hingabe nachgeht. „Wir konnten schon wirklich viel anstoßen“, meint sie selbstbewusst und spricht von „Klimaschutzkonzept und Gemeinwohlorientierung beim Ausbau von Erneuerbaren“. Offenheit für andere Meinungen gehört für sie dabei mit zum Diskurs: „Ich finde es wichtig, mit den Leuten zu reden, selbstverständlich auch über Parteigrenzen hinweg. Auch hier gilt: Wenn viele an einem Strang ziehen, können alle davon profitieren.“
Auch politisch engagiert
Die Grünen haben Weber zwischenzeitlich als Direktkandidatin für den Stimmkreis „308, Weiden in der Oberpfalz“ auserkoren und jetzt führt sie sogar auf Platz eins die Oberpfalzliste an. Damit hat sie bei den im Oktober anstehenden bayerischen Landtagswahlen reelle Chancen, ins Maximilianeum einzuziehen. Das wäre für sie eine weitere Möglichkeit, sich noch stärker für Bildungs- und Chancengleichheit einzusetzen. Oder für ihr großes berufliches Thema, die Energiewende und den Klimaschutz.
Letzteres kann die Oberpfälzerin, die sich als Netzwerkerin versteht, seit Jahresbeginn vor allem in ihrem neuen Job, als Geschäftsführerin von „Zeno Natur“, einer Projektentwicklungsgesellschaft für Erneuerbare Energien. „Für mich der perfekte Platz“, schwärmt sie und fordert im gleichen Atemzug: „Wir müssen alle Potenziale heben, um die Energiewende voranzutreiben.“ Bei „Zeno Natur“ will sie in der Region, „Akteure zusammenbringen“, gemeinsam Projekte andenken, vorbereiten und umsetzen. „Das können große Photovoltaikanlagen auf Dächern sein, auf Freiflächen, oder auch Windkraftanlagen. Bürgerbeteiligungen über Bürgerenergiegenossenschaften spielen dabei eine große Rolle.“
Sollte sie im Oktober in den Landtag gewählt werden, müsste sie ihre Aufgabe bei „Zeno Natur“ neu überdenken. Kein unwahrscheinliches Szenario. Dann würde sie als Parlamentarierin ihre Frau stehen, als Ingenieurin für die Gesellschaft mit Mandat.
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