Spedition Schmid, Störnstein
Auch wenn sich der Preis für Dieselkraftstoff gerade wieder etwas entspannt. Eine solche Dynamik wie in den vergangenen Wochen hat Werner Schmid noch nicht erlebt. „Die Energiekosten sind ja förmlich explodiert“, sagt der Chef der gleichnamigen Spedition in Störnstein. In der „heißen Phase“ kamen allein beim Diesel Mehrkosten von 350 000 Euro aufs Jahr gerechnet zusammen. Schmid muss als Spediteur die Kosten für seine Fahrzeugflotte und eventuelle Ersatzbeschaffungen im Auge behalten. Aber hier wisse man gerade nicht, wo man zuerst hinschauen soll.
„Die Preise entwickeln sich dermaßen schnell. Bei Lkw-Reifen gab es bisher acht Preiserhöhungen. Neue Fahrzeuge sind bis zu 25 Prozent teurer. Da kostet dann ein Lkw statt 100 000 Euro schnell mal 125 000 Euro mit einer Lieferzeit bis zu einem Jahr.“ Auf ein bereits bestelltes Fahrzeug, das im Dezember hätte geliefert werden sollen, wartet der Unternehmer immer noch.
Für den Dieselzusatz Adblue muss ebenfalls tiefer in die Tasche gegriffen werden. „Der Preis ist um 170 Prozent gestiegen“, sagt Schmid. Zunehmend schwieriger werde die Lage bei Ersatzteilen. Sie seien schwer zu bekommen und teuer. „Der Engpass erinnert schon fast an eine sogenannte Planwirtschaft. Nichts ist mehr planbar.“ Und dann sei da noch die Erhöhung der Co2-Abgabe auf fossile Brennstoffe zum 1. Januar 2022 von 25 auf 30 Euro, die sich in der Kasse bemerkbar macht.
Die Veränderungen gingen an die Substanz. In jeder Hinsicht. Um den seit 95 Jahren bestehenden Familienbetrieb zu erhalten, musste der Chef zwischendurch auch kurz auf die Rücklagen zugreifen. Frachtverträge mit den Kunden würden meist langfristig ausgehandelt. Gibt es Preissteigerungen, gehe das Unternehmen in Vorleistung, müsse sich diese jedoch über die Kunden wieder zurückholen. „Die sind aber zum Teil selber mit den Kosten überlastet. Da ist eine normale Frachtpreiserhöhung schwer verhandelbar“, erklärt Schmid das allgemeine Dilemma.
25 Mitarbeiter, überwiegend tschechische Grenzpendler, sorgen für pünktliche Lieferungen. Auch sie spüren die zusätzliche Belastung im ohnehin nicht leichten Job-
alltag eines Fernfahrers, weiß der Chef. Die Störnsteiner Flotte mit 17 Fahrzeugen ist in ganz Europa unterwegs. Für zwei Großkunden aus dem Landkreis transportiert sie vor allem Glas. Ein Industriezweig, der wiederum von Gaslieferungen abhängig ist. „Wenn hier der Gashahn abgedreht wird, dann ist Schicht im Schacht“, sagt Schmid.
Wie lange die Transportbranche im Strudel der Preisspirale durchhält, kann der Störnsteiner nicht sagen. „So lange es Güter gibt, fahren wir.“ Doch der Unternehmer denkt schon weiter. „Die meisten Fahrer sind 55 Jahre und älter. Nachwuchs ist so gut wie keiner in Sicht. In fünf bis sechs Jahren rollt da das nächste Problem auf uns zu.“
Fritz Gollwitzer, Weiden
Einen erfahrenen Unternehmer wie Fritz Gollwitzer bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Doch die momentanen Entwicklungen im Energiesektor, getrieben von Klimawandel und dem Ukrainekrieg, hat auch der mittlerweile 94-jährige Chef der Gollwitzer Spedition so noch nicht erlebt, und könnte auch gut drauf verzichten. „Seit 77 Jahren mache ich diesen Beruf, habe selbst noch die letzten Kriegsjahre als Soldat erlebt und die anschließenden Folgen, als Rohstoffe knapp waren. Aus Dieselmangel wurden die Lkws damals auf Holzgas umgestellt“, erinnert er sich.
Heute fahren sie mit Diesel, aber der ist im Moment ein teures Gut. „In unserem Gewerbe hatten wir früher eine Faustregel: Der Dieselpreis macht ein Viertel der Unkosten eines Lkw aus. Aktuell ist es das Doppelte“, sagt Gollwitzer. Die Spedition kauft in Großmengen, rund 50 000 Liter im Monat. Am 8. April lag der Preis pro Liter bei 1,50 (ohne MwSt), einen Monat zuvor bei 1,90 Euro. Das könne morgen schon wider anders sein. Die Mehrkosten weiterzugeben, sei nicht so einfach. Man wolle ja auch nicht ständig mit den Kunden feilschen. Tatsache sei aber, dass die Kosten in der Lieferkette durchgereicht werden müssen, wollten alle Beteiligten überleben. Für den Endverbraucher bedeutet das: „Am Ende werden auch die Waren in den Läden teurer.“
Kann man da noch kostendeckend arbeiten? „Es wird schwieriger“, sagt Gollwitzer und rechnet. „Nehmen Sie mal einen Lkw, der die 600 Kilometer nach Hamburg fährt. Allein für die Mautgebühr (20 Cent/km) und den Diesel (ca. 180 Liter Verbrauch) sind das am Ende 390 Euro für die einfache Fahrt. Da sind die Löhne, der Aufwand für die Verwaltung und die Abnutzung des Fuhrparks noch nicht dabei. Wir müssen schauen, dass wir so hinkommen, dass wir was verdienen.“
Das Weidener Unternehmen beschäftigt 70 Mitarbeiter und hat 30 eigene Fahrzeuge. Die Kunden kämen vor allem aus der Industrie. „Wir fahren neben Glas auch Stahl und Kupfer“, nennt der Senior einige der wichtigsten Transportgüter. Werden die knapp, dann gibt es andernorts Engpässe. Zum Beispiel im Baugewerbe, denn Stahl ist Hauptbestandteil in Beton. Mit Sorge blickt er aufs Gas. „Wenn hier der Hahn zugedreht wird, dann trifft das viele Betriebe und Zulieferer.“
Walter Schmidt, Grafenwöhr
Wir erreichen Walter Schmidt am Telefon, als er gerade Zwickau passiert. Der Chef der Speditionsfirma aus Grafenwöhr sitzt selbst hinterm Lenkrad seines Lkw und ist auf der Rückfahrt von einem Kunden in Sachsen. „Jetzt ist Wackersdorf das Ziel“, sagt er. Dorthin gehen die geladenen Autoteile für BMW. Wenn gefahren wird, dann muss auch Fracht an Bord sein. „Leerfahrten kosten bares Geld. Heute mehr denn je“, weiß der 54-Jährige mit Blick auf die enormen Energiekosten. Als er eine Tankstelle passiert, an der Diesel tagesaktuell 1,95 Euro kostet, ist er fast versucht, anzuhalten. „Unter 2 Euro. Das ist in diesen Tagen eine Seltenheit“.
Heilfroh sei er, dass er vor einigen Jahren seinen Fuhrpark verkleinert habe. „Wir hatten mal 20 Fahrzeuge und dementsprechend viele Fahrer. Damals waren wir viel im Baustellenverkehr unterwegs, hatten Silofahrzeuge und Kipper“, erzählt Schmidt. Heute zählt das Transportunternehmen, das sein Vater 1958 gründete, noch zwei Lastkraftwagen. Neben ihm seien noch ein Stammfahrer und ein Fahrer zur Aushilfe beschäftigt. Seine Frau leitet das Büro. „Wir fahren vor allem in Deutschland und transportieren Glas für ein regionales, internationales Unternehmen.“
Vor allem der gestiegene Dieselpreis treibe die Betriebskosten in die Höhe. „Das spiegelt sich bei allen Beteiligten in der Lieferkette wieder. Die Kosten werden nach und nach weitergegeben. Und natürlich kommt das am Ende auch beim Verbraucher an.“ 30 bis 40 Liter Diesel verbrauche ein Laster auf einer Strecke von 100 Kilometern. „Wenn da der Preis plötzlich um fast 50 Cent in die Höhe schnellt, bleibt am Ende der Fahrten nicht mehr viel Verdienst übrig. Auch beim Zusatzstoff Adblue explodierte der Preis – von 29 Cent pro Liter auf 1,50 Euro“, sagt Schmidt.
Noch rollten die Lkw über die Straßen Europas. Doch der Spediteur sieht die Zukunft seiner Zunft nicht rosig. „Es gibt keine Fahrer, die nachkommen. Den Job will keiner machen. Alle wollen am Abend pünktlich zu Hause sein.“ Er kenne gerade mal einen Fahrer, dessen Sohn sich nun auch ans Steuer setzen will. „Da musst du mit Leidenschaft dabei sein. Sonst hältst du es nicht durch.“ Auch Schmidt wird von ihr angetrieben. Ein paar Jahre werde er noch machen, sagt der 54-Jährige. Wenn sein Stammfahrer in Rente geht, dann werde wohl auch für ihn Schluss sein.
Transportbranche: Was ist alles teurer geworden?
- Dieselpreis: Seit Januar 2022 um 48 Prozent gestiegen
- Klimafreundlicher LNG-Kraftstoff: Verdreifachung der Preise
- AdBlue: um 170 Prozent verteuert
- Fahrerlöhne um 20 Prozent gestiegen
- Lkw- und Anhänger-Preise um 25 bis 40 Prozent gestiegen
- Reifen: 8 Preiserhöhungen allein im Jahr 2021
- Mögliche Folgen: Transportunternehmen müssen in Vorleistung gehen und erhalten ihr Geld erst mit einer Verzögerung von 6 bis 8 Wochen. U. a. Liquiditätsverlust durch drastische Preissprünge, Zahlungsunfähigkeit bis hin zu Insolvenz, Störung der Lieferketten
(Quelle: Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung)
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