Die Aufgabe war so schwer wie wohl noch nie. Da sollen die Finanzexperten der Stadt einen verlässlichen Haushalt für 2023 zusammenzimmern, ohne zu wissen, wie sich zum Beispiel Bau- und Energiepreise, Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst oder die Ausgaben fürs Bürgergeld entwickeln. Ein "Stochern im Nebel", wie Stadtkämmerin Cornelia Taubmann anmerkt: Die Unwägbarkeiten sind locker ein paar Millionen schwer.
"Die Herausforderung könnte größer nicht sein", stellte dann auch Oberbürgermeister Jens Meyer fest, da war der Finanzausschuss am Dienstagmorgen gerade zum zweiten Tag der Haushaltsberatungen angetreten. Einen Haushalt, der "auf Sand gebaut" sei, beklagte die CSU in einer Pressemitteilung, die noch in den Mittagsstunden online ging. Und kurz vor 18 Uhr war vieles anders. SPD-Fraktionsvorsitzender Roland Richter ersetzte den "Sand" durch "Oberpfälzer Granit", Meyer sprach nach neun Stunden Debattieren und Rechnen, Streichen und Schieben sogar von einem "Weidener Doppelwumms". Alle Ausschussmitglieder stimmten dem Haushaltsentwurf zu. Auch die vier der CSU.
Keine überraschenden Investitionen
Schon die nackten Zahlen sprechen Bände: Mit einem Volumen von 193 Millionen Euro übertrifft der Haushalt 2023 den diesjährigen um knapp 16 Millionen. Der Verwaltungshaushalt, bei dem unter anderem eben die Energiekosten zu Buche schlagen, bewegt sich mit 157,7 Millionen Euro auf Rekordniveau. Der Vermögenshaushalt von 35,3 Millionen Euro (2022: 27, 7) lässt auf satte Investitionen schließen. Dabei verständigten sich Stadträte und Verwaltung im Vorfeld auf die Prämisse, möglichst nur fest geplante Projekte wie den Tierheimneubau und bereits angelaufene Vorhaben wie die Sanierung der Pestalozzischule anzugehen. Immerhin: Weiden dreht nicht an der Steuer- und Gebührenschraube.
Die Neuverschuldung beläuft sich auf 13,2 Millionen – vor den Beratungen am Dienstag lag sie noch bei mehr als 16 Millionen. Damit steigt der Schuldenstand der Stadt auf 95 Millionen Euro – beziehungsweise 87,6 nach Abzug von Tilgungen. Eine Bedingung von CSU-Fraktionschef Benjamin Zeitler ist damit erfüllt: unbedingt unter der 100-Millionen-Grenze bleiben. "Wir sind nicht allein im Kreise derer, die solchen Schuldenstand ausweisen müssen", kommentiert OB Meyer. "Da soll mal einer mit dem Finger auf uns zeigen."
Mehr Zuschüsse
Woran macht den er "Doppelwumms" fest? Vielleicht an den erhöhten Zuschüssen und Hilfen für Vereine und Organisationen: zum Beispiel 60.000 Euro (statt geplanten 36.000) für die Jugendarbeit von Sportvereinen, insgesamt 167.000 Euro für Kulturbühne, Landestheater Oberpfalz und Sündikat, 40.000 Euro für das Projekt "Demografiefeste Kommune". Oder an den Investitionen in Großprojekte: 5,8 Millionen gibt es für die Generalsanierung der Pestalozzischule (Gesamtkosten 49 Millionen Euro). Nach einem Investorenwettbewerb 2023 soll dann im Folgejahr der Neubau der Realschulen im PPP-Verfahren starten. Insgesamt rund 13 Millionen Euro lässt sich die Stadt ihre Schulen kosten.
1,2 Millionen Euro plant Weiden für den Tierheim-Neubau ein, der wohl 2023 nicht fertig wird (noch gibt es keinen Bauantrag). Weitere 500.000 Euro folgen 2024. Mit der Fertigstellung des Obdachlosenheims ist dagegen schon Ende nächsten Jahres zu rechnen. 4,8 Millionen Euro überweist die Stadt einem Generalunternehmer dafür – und legt noch 120.000 Euro für eine Photovoltaik-Anlage fürs Dach drauf. Die Kliniken AG wird mit 3 Millionen Euro aus übrig gebliebenen Stabi-Hilfen unterstützt und belastet den Haushalt 2023 damit nicht.
Berufsschule auf der langen Bank
Allerdings verursacht der "Doppelwumms" auch Kollateralschäden. Eine Generalsanierung oder ein Neubau der Staatlichen Berufsschule ist auf die lange Bank geschoben – zumindest in der Finanzplanung bis 2026 sei das nicht zu realisieren, sagt Kämmerin Taubmann. In Neunkirchen stehen nach den Bürger-Workshops Projekte des Städtebaulichen Entwicklungskonzepts auf dem Prüfstand. 500.000 Euro wären zunächst für die Verschönerung der Bürgermeister-Bärnklau-Straße eingeplant. Ob die Umsetzung aber überhaupt realistisch ist, soll der Bauausschuss klären.
Auf Kante genäht sind die Ausgaben für das Personal der Stadtverwaltung. Sie könnten explodieren, falls die kommenden Tarifabschlüsse ein Plus von 5 Prozent übersteigen. Auf eine Deckungsreserve von nur 242.000 Euro weist Dezernent Reiner Leibl hin: "Da müssen wir ab sofort beim Personal brutalst priorisieren." Wenn eine Stelle nachbesetzt werde, bleibe dafür eine andere unbesetzt. Notfalls werde man Mittel außerplanmäßig nachschießen, kündigt Taubmann an.
So etwas wie positive Unwägbarkeiten gibt es auch: Möglicherweise überweist München im nächsten Jahr wieder Stabilisierungshilfen. Noch steht hier eine Null im Haushaltsansatz. Doch die Voraussetzungen hätten sich allein durch die Energiepreisexplosion geändert, meint die Kämmerin. 22 Millionen Euro an Schüsselzuweisungen sind fest eingeplant. Cornelia Taubmann zeigt sich zudem optimistisch, "dass wir den Haushalt genehmigungsfähig bekommen". Schlusswort Jens Meyer: "Es war ein zähes Ringen, aber es hat sich jede Minute gelohnt."
Der Haushalt 2023 der Stadt Weiden
- Gesamt: 193 Millionen Euro in Einnahmen und Ausgaben (2022: 177,4; 2021:199,2; 2020: 190)
- Verwaltungshaushalt (laufende Kosten): 157,7 Millionen Euro (2022: 149,7; 2021: 151,3; 2020: 144,8)
- Vermögenshaushalt (Investitionen): 35,3 Millionen Euro (2022: 27,7; 2021: 47,9; 2020: 45,2)
- Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt: 3,3 Millionen Euro (Mindestbetrag, um Zinsen zu zahlen; 2022: 7,3 Mio.)
- Kreditaufnahme: 13,2 Millionen Euro (2022: 5 Mio.)
- Voraussichtlicher Schuldenstand zum 31. 12. 2023: 87,6 Millionen Euro (2022: 82,3 Mio.)
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