Weidener Lärmschutzwall sorgt auch nach elf Jahren noch für Ärger

Weiden in der Oberpfalz
23.04.2023 - 11:17 Uhr
OnetzPlus

Er sollte die Anwohner vor Lärm schützen. Bei einigen sorgt er aber seit 10 Jahren für Kopfschmerzen. Den Großteil der Kosten eines Lärmschutzwalls an der A 93 müssen die Bewohner zahlen. Die müssen sich entscheiden: Zahlen oder klagen?

Dieser Lärmschutzwall (rechts) an der A 93 sorgt seit über zehn Jahren für Ärger bei den Anwohnern im dahinterliegenden Baugebiet Schustermooslohe. Denn die müssen wohl für 90 Prozent der Kosten aufkommen.

Seit über zehn Jahren herrscht Uneinigkeit zwischen der Stadt Weiden und den Anwohnern der Schustermooslohe. Der Grund: Ein Lärmschutzwall direkt an der A 93 sorgt seit 2012 für Ärger bei den Anliegern. Denn die sollten für 90 Prozent der Baukosten aufkommen. Insgesamt 703 300 Euro hat der Wall gekostet. Zehn Prozent zahlte die Stadt. Eine Bürgerinitiative gründete sich – denn die Anwohner wollten die hohen Summen für "die paar Brettln" keinesfalls hinnehmen. Zehn Jahre später gab es für einige Anwohner überraschend wieder Post: Die Stadt Weiden bekam vor einiger Zeit bei einer Musterklage Recht. Die restlichen 25 Anwohner, die bis jetzt noch nicht bezahlt haben, stehen nun vor der Entscheidung: Zahlen oder weiter kämpfen?

Der Stadtrat schilderte 2013 die Lage wie folgt: Da der Lärmschutzwall größtenteils erst gebaut wurde, als die Autobahn längst stand, müssen die Anlieger für 90 Prozent der Kosten selbst aufkommen. 80 Anwohner bekamen daraufhin im Oktober 2013 einen Erschließungsbeitragsbescheid. Zwischen 3000 und 21 000 Euro standen für die Grundstücksbesitzer im Raum. Wer mehr vom Lärmschutz profitiert – zahlt auch mehr.

Anwohner zweifeln Nutzen an

Streit gab es vor allem über den Nutzen der Bretterwand. Einige hätten damals moniert, dass die Lärmbelastung durch den Wall eher schlechter als besser geworden sei. Auch die Höhe der Beiträge sorgte für Kopfschütteln. Manche Anwohner sollten fünfstellige Beträge zahlen, direkt angrenzende Nachbarn hätten oft gar keinen Bescheid bekommen. Auch bemängelten Betroffene, dass der Wall zu kurz sei. Bei einem Regenwasser-Rückhaltbecken dringe immer noch ungebremst Lärm in das Wohngebiet herüber. Nachdem die Bescheide bei den Bewohnern angekommen waren, hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, Unterschriften wurden gesammelt, Anwälte und Gutachter beauftragt.

Aber was hat sich in den letzten zehn Jahren getan? 2014 sind zwei Normenkontrollanträge gestellt worden. Dabei überprüft der Verwaltungsgerichtshof, ob die Erschließungsbeitragssatzung der Stadt rechtmäßig ist. Weiden bekam hier bereits 2015 Recht. Damals erklärte Kämmerin Cornelia Taubmann, dass nun offiziell bestätigt sei, dass es Aufgabe der Stadt gewesen sei, den Lärmschutz zu errichten. Auch bei den Beitragssätzen sei alles korrekt abgelaufen.

Angst vor Mehrkosten

Nach diesem Urteil hatten bereits einige Anwohner ihren Widerspruch zurückgezogen und zahlten den geforderten Betrag. Eine Frau, die anonym bleiben möchte, berichtete gegenüber Oberpfalz-Medien, dass ihr die weiteren Schritte ein zu großes Risiko gewesen seien. "Ich hatte keine Lust, dass es am Schluss heißt, ich müsse jetzt den Betrag zurückzahlen und es kämen noch haufenweise Zinsen dazu."

Rund 25 Anlieger machten trotz allem weiter. Ein Musterverfahren sollte Klarheit bringen. Eigentlich waren drei einzelne Verfahren angedacht. Zwei davon reichten aber keine Klage ein, nachdem deren Widerspruch ein weiteres mal abgelehnt wurde. Trotzdem gab es zumindest ein Musterverfahren – und seit rund einem Jahr auch ein Urteil. Die Stadt bekam erneut Recht.

Stadt bekommt weiteres mal Recht

Zurück ins Jahr 2023: Denn jetzt bekamen die restlichen Bewohner, welche Widerspruch eingelegt hatten, plötzlich Post. Ihr Anwalt möchte nun wissen, ob die Bürger ihre Widersprüche aufrecht erhalten oder doch zahlen wollen. Denn: "Die Stadt Weiden hat nach dem Musterverfahren die Regierung der Oberpfalz um Weiterverfolgung der noch offenen Verfahren gebeten", erklärte die Pressesprecherin der Stadt Weiden, Christina Geiger. Anwohnerin Tanja Kreuzer merkt an, dass sie seit fast zehn Jahren nichts mehr von der ganzen Sache gehört habe – weder vom Anwalt, noch von der Interessengemeinschaft. "Erst jetzt wird man vor vollendete Tatsachen gestellt. Man soll sich nun entscheiden, entweder den Widerspruch zurückzunehmen oder man erhält ihn aufrecht. Hier drohen dann noch mehr Kosten."

Verschwendete Zeit

„Das Widerspruchsverfahren war für die 49 Betroffenen nutzlose Zeit bei den Treffs der Interessengemeinschaft Schustermooslohe (IGS). War die IGS mit Einladungen anfänglich sehr rege, stockten die Informationen mit der Übergabe an den Rechtsanwalt", berichtet Kreuzer. Große Hoffnungen macht der Anwalt den Betroffenen nicht. In einem Schreiben heißt es, dass "es wahrscheinlich ist, dass sich die Regierung der Oberpfalz an dem Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg orientieren wird".

Möglicherweise wird der zu zahlende Betrag sogar noch höher als gedacht. Auf Nachfrage erklärte die Regierung der Oberpfalz, dass auf Anwohner Aussetzungszinsen zukommen könnten. Diese können von der Kommune – der Stadt Weiden – erhoben werden. Ob die freiwillig auf das Geld verzichtet, ist fraglich. Nun ist es an den Anwohnern zu entscheiden, den Widerspruch aufrecht zu erhalten oder nicht. Denn sollte diesem nicht statt gegeben werden, ist die letzte Chance eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Unterliegt diese dann auch, kann es noch teurer werden.

Info:

Lärmschutzwall Schustermooslohe

  • Streitthema seit 2012
  • Kosten: 703 300 Euro
  • Anwohneranteil 633 000 Euro
  • Zahlungsbescheid an 80 Personen zugestellt
  • rund 50 Widersprüche in erster Instanz
  • Stand heute stehen 25 Zahlungen aus
 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.