Hutzelhof: Lieferservice-Boom in der Krise

Weißenberg bei Edelsfeld
05.05.2020 - 14:26 Uhr

Bio-Lebensmittel direkt ins Haus liefern. Das ist das Geschäftsmodell des Weißenberger Hutzelhofs. Zu Beginn der Coronakrise ist ihm ein kompletter Geschäftsbereich weggebrochen. Doch dann hatte die Pandemie auch unerwartet positive Folgen.

Die Hutzelhof hat viel unternommen, um den erhöhten Hygiene-Anforderungen zum Schutz seiner Mitarbeiter gerecht zu werden. Einige Kollegen haben „hutzelhofgrüne“ Mundschutzmasken für alle Mitarbeiter genäht.

Angesichts der Pandemie entscheiden sich nun viele Menschen dafür, sich mit Lebensmitteln beliefern zu lassen, statt selbst im Laden einzukaufen. Lieferdienste mussten sich in kurzer Zeit auf einen Ansturm an Neukunden einstellen. So auch der Hutzelhof, der bereits seit 25 Jahren Privathaushalte und Büros in der Region von Weißenberg/Edelsfeld aus mit Bio-Lebensmitteln beliefert.

„Unsere Kundenzahl ist mittlerweile um 80 Prozent gestiegen“, berichtet Inhaber Günter Kugler. Das ist erfreulich für den Betrieb, zumal gleich mit Beginn der Krise ein ganzer Geschäftsbereich weggebrochen ist. In der Regel beliefert der Hutzelhof nämlich auch 350 Kindergärten und -tagesstätten sowie 150 Schulen und im Rahmen des Bayerischen Schulfrucht- und Schulmilch-Programms. Mit der Schließung der Einrichtungen mussten diese Lieferketten sofort gestoppt werden.

Privathaushalte füllen Lücke

„Das hat uns richtig getroffen“, berichtet Kugler „Wir versorgen wöchentlich circa 40.000 Kinder mit Bio-Obst, -Gemüse und -Milchprodukten. Das macht in der Regel 40 Prozent unseres Warenumsatzes aus.“ Kurze Zeit darauf konnte diese Lücke dann durch die zunehmende Nachfrage aus Privathaushalten mehr als ausgeglichen werden.

Auf ihren Liefertouren von der Oberpfalz bis in den Raum Nürnberg und die Region Bayreuth fahren die Hutzelhof-Kuriere etwa 4.000 Stammkunden an. Ein großer Teil dieser Kunden bestellt nun mehr Lebensmittel und öfter als üblich, erklärt Kugler: „Nachdem die Leute nicht mehr außer Haus essen und auch die Kinder zuhause versorgt werden müssen, wird natürlich wieder mehr selbst gekocht. Folglich hat auch die Nachfrage nach den Grundnahrungsmitteln, wie Kartoffeln, zugenommen.“

In den Gewächshäusern am Hutzelhof stehen derzeit Mangold, Spinat und verschiedene Salate zur Ernte bereit. Gemüsegärtner Thomas Kraus hat bereits einige hundert Tomaten-Jungpflanzen gesetzt.

Der schnelle Anstieg der Nachfrage zu Beginn der Krise und die Pandemie selbst stellten den Betrieb vor besondere Herausforderungen: die Mitarbeiterzahl musste schnell aufgestockt werden. Gleichzeitig mussten Arbeitsabläufe und Räume umstrukturiert werden, um das Infektionsrisiko für alle Mitarbeiter minimieren zu können. Das alles brauchte etwas Zeit. Darum bat der Hutzelhof auf seiner Internetseite um Verständnis dafür, dass Neukunden vorübergehend nicht aufgenommen werden können, da man zunächst den erhöhten Bedarf bei den Stammkunden abdecken wolle.

Auch dieses Problem ist nun gelöst: über einen Internet-Aufruf konnten 20 Aushilfskräfte gewonnen werden. Studenten, deren Hochschulen aktuell geschlossen sind, und Kurzarbeiter, die nicht mehr zu Hause rumsitzen möchten, helfen nun vorübergehend beim Verpacken, Ausliefern und vielen anderen Aufgaben. „Inzwischen können wir wieder alle Neukunden zuverlässig versorgen. Außerdem scheint sich seit Ostern die Nachfrage langsam wieder zu normalisieren“, stellt Günter Kugler fest.

Kein direkter Kontakt

Um die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen, wurde der direkte Kontakt im Team soweit wie möglich reduziert. Die Belegschaft arbeitet nun möglichst in getrennten Räumen und verteilt auf drei Schichten von 6 Uhr morgens bis in die Nacht. Kommuniziert wird nun auch untereinander überwiegend digital und telefonisch. Alle sind mit Mundschutz ausgestattet, an den Eingängen und im Betrieb stehen Desinfektionsmittel bereit und die Lieferkisten werden, wie immer, in der Spülmaschine gründlich gewaschen.

Günter Kugler ist froh, dass bislang alle Mitarbeiter vom Virus verschont geblieben sind und sich alle dafür engagieren, dass das so bleibt.

In den Gewächshäusern am Hutzelhof stehen derzeit Mangold, Spinat und verschiedene Salate zur Ernte bereit. Gemüsegärtner Thomas Kraus hat bereits einige hundert Tomaten-Jungpflanzen gesetzt.
Hintergrund:

Familie Kugler hat den Hutzelhof vor 25 Jahren gegründet mit dem Ziel, die Bio-Erzeugnisse von Bauern und Verarbeitern aus der Region zu bündeln und an Bio-Interessenten zu liefern. 1995 gab es noch keine Bio-Supermärkte. Biokunden waren auf Hofläden und die wenigen Naturkostläden angewiesen.

Mittlerweile kann der Lieferdienst auch in der Region auf ein vielfältiges Angebot zugreifen. Trotzdem kann ein Teil der Produktpalette nicht oder nur zeitweise aus der Region abgedeckt werden. Nach Auskunft der Geschäftsführung kommen im Schnitt 55 Prozent der Waren direkt aus der Region und der Rest über den Großhandel. Im Winter ist der regionale Anteil kleiner als im Sommer.

Aktuell arbeitet der Hutzelhof mit insgesamt 90 Lieferanten zusammen. Etwa 40 dieser Lieferanten stammen aus Amberg-Sulzbach und Amberg. Der Hutzelhof bewirtschaftet selbst 14 Hektar Acker. Auf 4 Hektar Freiland und auf 2.500 Quadratmetern Gewächshausfläche wächst das Frischgemüse, mit dem der Betrieb einen Teil seines Lieferbedarfs abdeckt. Der Betrieb beschäftigt in der Regel 90 Mitarbeiter.

Weißenberg bei Edelsfeld27.11.2018
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